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Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2014 — 2015

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C. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
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III. Akademiekonferenzen
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1. Baltisch-deutsche Kulturbeziehungen der Frühen Neuzeit I: Zwischen Reformation und Aufklärung
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https://doi.org/10.11588/diglit.55654#0302
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C. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses

typischen Personalunion von Dichter oder Komponist, gelehrtem Sammler und
Autor, Naturforscher, Schul- oder Amtmann bzw. Grundbesitzer, Mediziner oder
Theologen.
Innerhalb des frühneuzeitlichen Europas stellt das Baltikum einen historisch
hochinteressanten Sonderfall dar, der wie kaum ein anderer zur internationalen
Zusammenarbeit unter kulturgeschichtlicher Perspektive auffordert. Weit deut-
licher als in den deutschen Reichsterritorien oder den westeuropäischen Mon-
archien empfiehlt sich hier die kulturwissenschaftliche Ergänzung der Polit-,
Gesellschafts- und Sozialgeschichte, wie sie in der Geschichtswissenschaft seit
anderthalb Jahrzehnten zunehmend eingefordert wird. Denn von der politischen
Geschichte mit ihren mehrfachen Wechseln staatlicher Fremdherrschaft führt im
frühneuzeitlichen Baltikum kein vergleichbar gerader Weg zur über Jahrhunderte
hinweg koexistenten deutschsprachigen Kultur, da die aus den westlichen Territo-
rien bekannten Verbindungslinien zwischen Hof und kulturellem Leben nicht in
gleicher Weise vorhanden sind. Diese seltene Entkoppelung von politischer und
kultureller Sphäre schuf im Baltikum der Frühen Neuzeit eine kulturelle Land-
schaft sui generis, deren Erforschung neben der Anwendung bewährter Methoden
und Leitkonzepte zugleich deren kritische Reflexion nahelegt. Dafür erschien den
Veranstaltern das Prinzip der quellennahen Fallstudie besonders geeignet, da es ne-
ben der wichtigen Erschließung unbekannten Materials eine intensive Diskussion
auch und besonders über die Fachgrenzen hinweg ermöglicht.
Bei der Teilkonferenz 2014 wurden an vier Tagen 17 solcher Fallstudien von
Wissenschaftlern aus Estland, Lettland, Litauen und Deutschland vorgestellt und
diskutiert. Beginnend im 16. Jahrhundert wurden zunächst Auswirkungen von
Reformation und Frühhumanismus in medial und sozial divergenten Sphären
Kurlands und Livlands beleuchtet. So stellte Dr. Sabine Arend aus dem Akade-
mieprojekt „Evangelische Kirchenordnungen des 16. und 17. Jahrhunderts“ die
kurländische Kirchenordnung (1570) in ihrer Abhängigkeit von der Wittenberger
Reformation, aber auch ihrem innovativen Gehalt vor. Deutliche Bezüge zwischen
liturgischer Praxis in Norddeutschland (Lübeck, Hamburg) und dem Riga des
14. bis 16. Jahrhunderts konnte Guntars Pränis (Riga) in einem musikgeschicht-
lichen und kodikologischen Beitrag nachweisen und durch eigene Musikeinspie-
lungen illustrieren. Dagegen begab sich Prof. Aija Priedite-Kleinhofa (Riga) auf die
Spuren einer ,Sodalitas Neolatina Rigensis‘, der neben Augustinus Eucaedius und
Basilius Plinius auch der bekannte Humanist Burkhard Waldis angehörte. Danach
erhellte Gustavs Strenga (Riga) in einem methodisch innovativen Beitrag die Wir-
ren des Rigaer Bildersturms, indem er das ambivalente Verhalten der städtischen
Gilden gegenüber dem Ikonoklasmus analysierte.
Am zweiten Konferenztag mussten in der Sektion „Lutherische Orthodo-
xie und Gegenreformation“ zwei Vorträge ausfallen. Den Anfang machte daher
Ugis Sildegs (Riga) mit einem facettenreichen Beitrag über eine Zentralfigur der

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