Metadaten

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2014 — 2015

DOI Kapitel:
D. Antrittsreden, Nachrufe, Organe, Mitglieder
DOI Kapitel:
I. Antrittsreden
DOI Artikel:
Aurnhammer, Achim: Achim Aurnhammer: Antrittsrede vom 25. Januar 2014
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.55654#0310
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
D. Antrittsreden, Nachrufe, Organe, Mitglieder

bis heute rieche und sehe ich bei den seltenen Besuchen in der alten pfälzischen
Heimat nicht ungern die Schornsteine der BASF.
In Ludwigshafen besuchte ich das altsprachliche Theodor Heuss-Gymnasi-
um, und durch einen vorzüglichen Griechisch- und Deutsch-Unterricht wurde
bei mir die Liebe zu Literatur und Kunst gefördert. Besonderen Anteil hatte daran
der Griechisch-Lehrer Werner Thomas, ein enger Mitarbeiter von Carl Orff, der
gemeinsam mit seinem Bruder großartige Orff-Aufführungen mit den Schülern
einstudierte. Beim Casting fiel ich zwar regelmäßig durch - das Schreiten wollte
mir nie gelingen doch auch in der Theaterwerkstatt, wo ich mit anderen musika-
lisch und schauspielerisch weniger Begabten Masken hämmerte oder an Kulissen
bastelte, atmete man Bühnenluft. Unser Deutschlehrer imponierte mir, weil er
buchstäblich jeden Tag ein Buch las und ein dreitägiges Romanseminar veranstal-
tete, in dem jeder Schüler eine Stunde lang über einen modernen Roman sprechen
musste. Mir fiel damals Alfred Döblins „Berlin Alexanderplatz“ zu, dessen unge-
wohnte Montagetechnik mich fesselte.
Als Stipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes studierte ich an der
Universität Heidelberg Deutsch, Geschichte und Italienisch. In bester Erinnerung
geblieben sind mir die akademischen Lehrer Christian Habicht, Klaus Heitmann
und Eberhard Lämmert. Das Studienjahr 1974/75 verbrachte ich in Florenz. Dort
lebte ich mit fünf amerikanischen Kunststudentinnen und einem amerikanischen
Koch zusammen in einer Wohnung und belegte einige Kurse an der Universität.
Doch hauptsächlich studierte ich in der reichen Nationalbibliothek systematisch
die italienische Literatur des 18. Jahrhunderts, beschäftigte mich, angeregt durch
die ikonographischen Studien der Warburg-Schule, mit der Kunst der Renaissance
und absolvierte am Centro di Studi Tecnico-Cine-Fotografici eine fotografische
Ausbildung. Direktor der Fotografenschule war ein alter Exilrusse, der uns klassi-
sche Aufnahme- und Entwicklungstechniken beibrachte. Meine Begeisterung für
das Medium Film und Fotografie war damals groß, ich fotografierte meine ame-
rikanischen Kommilitoninnen und deren Kunstwerke und absolvierte später ein
längeres Praktikum beim Hessischen Rundfunk, wo ich einen eigenen Beitrag für
„Titel, Thesen, Temperamente“ erstellen durfte. Das Angebot, als Regiehilfsassis-
tent für ein halbes Jahr das Team von Werner Herzog in den südamerikanischen
Dschungel zu begleiten, wo der Film „Fitzcarraldo“ mit Klaus Kinski gedreht wur-
de, schlug ich allerdings aus. Doch meine italienische Studienzeit hat nicht nur
mein Interesse für Literatur, Kunst und Musik der Frühen Neuzeit, sondern auch
mein Interesse für Film und Fotografie nachhaltig geweckt.
Bald nach meiner wissenschaftlichen Prüfung für das Lehramt an Gymna-
sien, die ich 1978 in Heidelberg absolvierte, bot mir Peter Michelsen die Stel-
le eines Wissenschaftlichen Angestellten am Germanistischen Institut an. Mein
Dienstzimmer, eine Mansarde im Palais Boisseree, wurde mein Lebensraum, hier
konnte ich Tag und Nacht, mit Blick auf Schloss (und Akademie) lesen und sch-

312
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften