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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2014 — 2015

DOI chapter:
D. Antrittsreden, Nachrufe, Organe, Mitglieder
DOI chapter:
I. Antrittsreden
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Mair, Christian: Christian Mair: Antrittsrede vom 19. Juli 2014
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https://doi.org/10.11588/diglit.55654#0325
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Antrittsrede von Christian Mair

und Gewerkschafter allerdings ein wenig von der übrigen Verwandtschaft ab. Ihm
verdanke ich unter anderem die Einführung in das Schachspiel sowie lebhafte Au-
genzeugenberichte aus den turbulenten Jahrzehnten österreichischer Geschichte
zwischen dem Zusammenbruch der Habsburger-Monarchie und den ersten Jah-
ren nach dem Zweiten Weltkrieg.
Kindheit, Jugend und Schulzeit verliefen insgesamt ebenso unauffällig wie
glücklich. Ich absolvierte das Bundesgymnasium und Bundesrealgymnasium
Innsbruck/Reithmannstraße (naturwissenschaftlicher Zweig mit Darstellender
Geometrie) und hatte das Glück, immer wieder engagierten und anregenden Leh-
rerpersönlichkeiten „in die Hände zu fallen“ - unter anderem einer prägenden
Persönlichkeit im Fach Englisch, die mich während sieben von acht Jahren des
gymnasialen Unterrichts begleitete. Mathematik, Physik und Darstellende Geo-
metrie haben mir nicht geschadet, doch gingen meine Neigungen schon in der
Schulzeit eindeutig in Richtung Kultur, Fremdsprachen und Geschichte, so dass
ich mich nach der Matura im Jahr 1976 an der Universität Innsbruck für das Lehr-
amtsstudium in den Fächern Deutsch und Englisch einschrieb.
Für einen Studienanfänger, der aus einem der letzten nicht koedukativ ge-
führten Jahrgänge seines Gymnasiums in die universitäre Fremdsprachenphilo-
logie wechselte, erforderte die Einübung in den studentischen und universitären
Habitus eine gewisse Anpassungsleistung, doch erinnere ich mich, dass ich ab dem
zweiten Semester mit der Universität und meinen Fächern im Reinen war. Das
im Vergleich zu den stark reglementierten heutigen Studiengängen eher lockere
Pflichtprogramm ließ mir viel Freiraum, den ich ausgiebig für ungesteuerte in-
tellektuelle Erkundungen in den angrenzenden Fächern nutzte: Sprachkurse für
Hörer aller Fakultäten (z.B. ein paar Semester Russisch, ein Semester Türkisch
und - mit einem ausschließlich auf die schriftliche Dimension beschränkten Er-
folg - zwei Semester Chinesisch), Veranstaltungen in Philosophie (sowohl in der
Philosophischen als auch in der renommierten Theologischen Fakultät), Indo-
germanistik und Allgemeiner Sprachwissenschaft. Als besondere Bereicherung
erscheinen mir im Rückblick Kleinstseminare bei diversen Gastprofessoren, die
ich bewusst ansteuerte und bei denen mir bisweilen erst Jahre später klar wurde,
in die Nähe welcher Koryphäen ich geraten war. Obwohl ich das in Österreich
als „Probejahr“ bekannte gymnasiale Referendariat noch abschloss, hoffte ich auf
die Chance zu einer wissenschaftlichen Laufbahn. Dabei war mir klar, dass meine
Ambitionen nicht in die Germanistik, sondern in den weltumspannenden Sprach-
und Kulturraum gingen, den mir die Anglistik zusammen mit Amerikanistik und
den damals gerade erst aufblühenden postkolonialen Studien erschloss. Innerhalb
der Anglistik blieb ich offen in alle Richtungen. Schon kurz vor Abschluss des
Lehramtsstudiums hatte mir Brigitte Scheer-Schäzler, Ordinaria für Amerikanis-
tik, angeboten, bei ihr zu promovieren, und einige Zeit später bewarb ich mich
bei Manfred Markus, dem 1981 neu nach Innsbruck berufenen anglistischen Lin-
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