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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2014 — 2015

DOI Kapitel:
D. Antrittsreden, Nachrufe, Organe, Mitglieder
DOI Kapitel:
I. Antrittsreden
DOI Artikel:
Mair, Christian: Christian Mair: Antrittsrede vom 19. Juli 2014
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.55654#0329
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Antrittsrede von Christian Mair

gemeinsame Erfahrungswelt, die Universität. Hier blühen die Innovationen und
die Akronyme: ESP (Englishfor Specific Purposes), ELF (English as a Lingua Fran-
ca), EMI (English as Medium of Instruction), TEFL, TESOL, TOEFL und so weiter.
Englisch ist, wie schon gesagt, allgegenwärtig. Aber wer ein beliebiges English-
taught master program in a German university näher unter die Lupe nimmt und die
Kommunikation zwischen den Mitgliedern eines immer noch recht homogenen
Lehrkörpers und einer sprachlich und kulturell zunehmend heterogenen Studie-
rendenschaft analysiert, wird sehr bald feststellen, dass Ausdrücke wie beamer (für
projector), rentability (für profitability) und das rätselhafte members of my chair gleicher-
maßen das Potential haben, unsere international master students zu verwirren wie uns
selbst daran zu erinnern, dass wir uns auch nach dem Übergang zum Englischen als
Unterrichtssprache in einem historisch gewachsenen und sich eigenständig weiter
entwickelnden deutschen akademischen Arbeitsumfeld bewegen werden.
In der hierarchisch gegliederten Mehrsprachigkeit der Globalisierung ist Eng-
lisch im Moment die alleinige Spitze der globalen Sprachpyramide. Wie der nie-
derländische Soziologe Abram de Swaan gezeigt hat, bilden deren breite Basis die
Tausenden von Sprachen, die in kleinen Gemeinschaften ohne Stützung durch
Schriftnorm, offiziellen Status oder Medienpräsenz gesprochen werden; und von
ihnen werden in der Tat in den nächsten Jahrzehnten sehr wahrscheinlich viele ver-
schwinden. Dazwischen liegen ein paar Dutzend fest etablierte Nationalsprachen
(von Koreanisch bis Isländisch) und etwa zehn internationale Verkehrssprachen,
die dem Englischen in bestimmten Bereichen Konkurrenz machen (Spanisch,
Hindi, Chinesisch, usw).
Für Milliarden Menschen - egal welchen Platz ihre Muttersprachen im
weltweiten sprachlichen Machtgefüge einnehmen - ist das Englische heute eine
relevante Kontaktsprache. Für die Einen öffnen sich mit dem Englischen neue
Horizonte und Möglichkeiten, für die anderen bedeutet die wachsende Präsenz
des Englischen Ausschluss von der vollen Teilhabe am gesellschaftlichen Leben: in
den ehemaligen Kolonien ebenso wie heute bei uns. Stellen wir uns dem Problem
und entwickeln eine Politik der intelligenten Mehrsprachigkeit! Wb sich die Ge-
legenheit ergibt, möchte ich dies sehr gerne im Gespräch mit Ihnen und in dieser
Akademie tun. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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