Metadaten

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2014 — 2015

DOI chapter:
D. Antrittsreden, Nachrufe, Organe, Mitglieder
DOI chapter:
I. Antrittsreden
DOI article:
Mittler, Barbara: Barbara Mittler: Antrittsrede vom 19. Juli 2014
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.55654#0334
License: Free access  - all rights reserved

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
D. Antrittsreden, Nachrufe, Organe, Mitglieder

in der chinesischen Geschichte wiedererstehen zu lassen und zu zeigen, dass,
wenn man die Kunst- und Kulturproduktion dieser Zeit sich genauer betrachtet,
es sich nicht um eine Periode handelt, die von Xenophobie und Ikonoklasmus
bestimmt ist, sondern um einen Höhepunkt in der Entwicklung bestimmter
hybrider künstlerischer Formate, deren Prototypen oder Parodien aber vor und
nach den berüchtigten „zehn Jahren Stagnation“ als welche die Kulturrevolution
offiziell bezeichnet wird, immer noch oder bereits lange schon eine große Rolle
spiel(t)en.
Während nun meine frühen Arbeiten zur Musik und zu den Zeitungen sehr
klar die Überlegungen einer auf China konzentrierten Regionalwissenschaftlerin
sind, die immer und nur nach den „chinesischen Elementen“ in der Musik oder
den Medien fragt, geht das Buch zur Kulturrevolution in eine neue Richtung, die
geprägt ist von der Zusammenarbeit mit denjenigen, die im Cluster „Asia and Eu-
rope in a Global Context“ tätig sind und waren. Das Buch beginnt, Fragen an das
chinesische Material nun aus einem globalen Kontext und nicht mehr aus seiner
regional oder national eingeschränkten Sicht zu stellen. Ich bin sehr gespannt, wo-
hin mich dieser neue Weg noch führen wird, der im Moment bei den Bildern
von neuen Frauen und neuen Männern in den Frauenzeitschriften und Unter-
haltungsmedien des langen 20. Jahrhunderts in China verweilt (und daher stam-
men meine Karikaturen vom Anfang), außerdem auch Visualisierungsstrategien so
unterschiedlicher Herrscher wie Gandhi und Mao in den Blick nimmt, und, weil
ich von der Musik nicht lassen kann, einmal die Verlierer in der boomenden Klas-
sikindustrie Asiens (und ihre „Tigermütter und „Wolfsväter ) untersuchen wird -
die, die es (nicht) auf die internationalen Konzertbühnen schaffen. Es ist ein Weg,
den wieder einige wichtige Wegbegleiter - Männer - säumen, namentlich meine
Ko-Direktoren am Cluster, am HCTS und am neu aufzubauenden CATS: Axel
Michaels, Joseph Maran und bis vor kurzem auch noch Thomas Maissen, ein Weg
in immer wieder spannende Gefilde, so kann man hoffen.
Und mit der Hoffnung ist es, so Lu Xun, wie mit den Wegen auf der Erde:
ursprünglich gab es keine, doch als immer mehr Menschen die Erde beschritten,
entstanden auch Wege. Ich habe es nie bereut, dem Weg gefolgt zu sein, den mein
Vater mir wies und wünsche mir nur, dass auch mir es gelingt, auf diesem Wege ein
bisschen so wie er Neugierde zu wecken, Wissen zu vermitteln und Toleranz und
Offenheit vorzuleben. Ich danke Ihnen allen sehr für das in mich gesetzte Vertrau-
en, und kann mich nur inständigst bemühen, es nicht zu enttäuschen, nicht nur
heute, und zwar, indem ich jetzt - zehn Minuten sind vorbei - aufhöre zu reden,
wie schon so einige andere vor mir!

336
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften