Tine Stein
Sprache ist universal, weil mit ihr der Mensch als Person verstanden wird, von
der ein unbedingter Anspruch auf Anerkennung ihrer Würde ausgeht. Das schlägt
sich im Legitimitätsgefüge des demokratischen Verfassungsstaats auch nieder. Graf
Kielmansegg hat dies in Anlehnung an Kant in seinem Buch über Volkssouveräni-
tät in einer Prämisse pointiert formuliert: „Legitim ist der Staat, der die Mensch-
heit in jeder einzelnen Person als Zweck und nicht bloß als Mittel behandelt.“17
Dann folgt daraus eine unhintergehbare normative Verpflichtung auch für die
partikularen politischen Gemeinschaften der Staatenwelt, damit Menschenrechte
nicht nur Rhetorik sind. Und dann sind die Menschenrechte in der Politik doch
Trümpfe.
Allerdings impliziert jedes aus moralphilosophischer Perspektive noch so gut
begründete Sollen ein Können: wer nicht kann, ist auch nicht verpflichtet. Wie
man das Vorhandensein der Faktoren beurteilt, die im Ergebnis ein Können er-
möglichen, basiert auf empirischen Einschätzungen. Aus einer theoretischen Per-
spektive können aber immerhin diese Faktoren in einem ersten Schritt für die
empirische Analyse herausdestilliert werden. Damit komme ich zu der Frage, in-
wiefern das hier geforderte Können wesentlich auf der Funktionsbedingung von
staatlichen Grenzziehungen aufruht - Grenzen räumlicher Art, die wiederum po-
litische Grenzen erst ermöglichen.
3. Zur Legitimität der Grenzen des demokratischen Verfassungsstaats
Für den modernen Staat ist die Staatsgrenze das konstituierende Merkmal einer
auf Territorialität, Monopolisierung der Gewaltsamkeit und einer definierten Ge-
meinschaft basierenden politischen Ordnung, in der die formalen Zurechnungs-
kriterien der Personalität und Territorialität verklammert wurden. Die Funktion
der Grenze besteht dann darin, die staatliche Souveränität nach innen und außen
zu markieren.18 Grenzen sind danach nicht nur in territorialer Dimension zu ver-
stehen, sondern stehen für den Staat als Container, der seinen Angehörigen Schutz
durch Ordnung, als Wohlfahrtsstaat soziale Sicherheit und als demokratischer Ver-
fassungsstaat Freiheit und politische Selbstbestimmung garantiert. Man kann hier
mit Herfried und Marina Münkler von einer Grenzbündelung sprechen, von der
Grenze als einer mehrdimensionalen Codierung des Raumes.19
Die anspruchsvolle Form des demokratischen Verfassungsstaates ist dabei in
besonderer Weise auf klar umrissene Zugehörigkeitskriterien angewiesen, die es
17 Peter Graf Kielmansegg: Volkssouveränität. Eine Untersuchung der Bedingungen demokra-
tischer Legitimität, Stuttgart 1977, S. 258 (zweite Auflage 1994).
18 Vgl. Ulrich K. Preuß: Die Krise der Europäischen Union als Ausnahmezustand? in: Kritische
Justiz, Jg. 50 (2017), Heft 1, S. 51-67, hier S. 62.
19 Herfried Münkler/Marina Münkler: Die neuen Deutschen. Ein Land vor seiner Zukunft,
Rowohlt 2016, S. 50.
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Sprache ist universal, weil mit ihr der Mensch als Person verstanden wird, von
der ein unbedingter Anspruch auf Anerkennung ihrer Würde ausgeht. Das schlägt
sich im Legitimitätsgefüge des demokratischen Verfassungsstaats auch nieder. Graf
Kielmansegg hat dies in Anlehnung an Kant in seinem Buch über Volkssouveräni-
tät in einer Prämisse pointiert formuliert: „Legitim ist der Staat, der die Mensch-
heit in jeder einzelnen Person als Zweck und nicht bloß als Mittel behandelt.“17
Dann folgt daraus eine unhintergehbare normative Verpflichtung auch für die
partikularen politischen Gemeinschaften der Staatenwelt, damit Menschenrechte
nicht nur Rhetorik sind. Und dann sind die Menschenrechte in der Politik doch
Trümpfe.
Allerdings impliziert jedes aus moralphilosophischer Perspektive noch so gut
begründete Sollen ein Können: wer nicht kann, ist auch nicht verpflichtet. Wie
man das Vorhandensein der Faktoren beurteilt, die im Ergebnis ein Können er-
möglichen, basiert auf empirischen Einschätzungen. Aus einer theoretischen Per-
spektive können aber immerhin diese Faktoren in einem ersten Schritt für die
empirische Analyse herausdestilliert werden. Damit komme ich zu der Frage, in-
wiefern das hier geforderte Können wesentlich auf der Funktionsbedingung von
staatlichen Grenzziehungen aufruht - Grenzen räumlicher Art, die wiederum po-
litische Grenzen erst ermöglichen.
3. Zur Legitimität der Grenzen des demokratischen Verfassungsstaats
Für den modernen Staat ist die Staatsgrenze das konstituierende Merkmal einer
auf Territorialität, Monopolisierung der Gewaltsamkeit und einer definierten Ge-
meinschaft basierenden politischen Ordnung, in der die formalen Zurechnungs-
kriterien der Personalität und Territorialität verklammert wurden. Die Funktion
der Grenze besteht dann darin, die staatliche Souveränität nach innen und außen
zu markieren.18 Grenzen sind danach nicht nur in territorialer Dimension zu ver-
stehen, sondern stehen für den Staat als Container, der seinen Angehörigen Schutz
durch Ordnung, als Wohlfahrtsstaat soziale Sicherheit und als demokratischer Ver-
fassungsstaat Freiheit und politische Selbstbestimmung garantiert. Man kann hier
mit Herfried und Marina Münkler von einer Grenzbündelung sprechen, von der
Grenze als einer mehrdimensionalen Codierung des Raumes.19
Die anspruchsvolle Form des demokratischen Verfassungsstaates ist dabei in
besonderer Weise auf klar umrissene Zugehörigkeitskriterien angewiesen, die es
17 Peter Graf Kielmansegg: Volkssouveränität. Eine Untersuchung der Bedingungen demokra-
tischer Legitimität, Stuttgart 1977, S. 258 (zweite Auflage 1994).
18 Vgl. Ulrich K. Preuß: Die Krise der Europäischen Union als Ausnahmezustand? in: Kritische
Justiz, Jg. 50 (2017), Heft 1, S. 51-67, hier S. 62.
19 Herfried Münkler/Marina Münkler: Die neuen Deutschen. Ein Land vor seiner Zukunft,
Rowohlt 2016, S. 50.
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