7. Quantifizierung in Politik und Recht/Wirtschaftssanktionen (WIN-Programm)
des Projektes ist es, die methodischen Einwände gegen solche Quantifizierun-
gen in den internationalen politischen Prozess einzuspeisen. Das Partnerprojekt
„»Working Numbers«: Science and Contemporary Politics“ bietet hierzu eine ide-
ale Gelegenheit, weil es die Erstellung eines englischsprachigen Policy Papers mit
Gestaltungsempfehlungen insbesondere für das Europäischen Parlament zum Ge-
genstand hat.
Darüber hinaus sollen auch positive Ansätze und rechtswissenschaftliche
Alternativen zur regelmäßigen Zahlengläubigkeit der Politik wissenschaftlich
vertieft werden und in das Policy Paper einfließen. Als Alternative zur Kom-
plexitätsbewältigung bietet sich der Gedanken der Prozeduralisierung an. Auch
unabhängig von der Frage der Quantifizierung hat das Recht Probleme, die
Komplexität staatenbezogener Sanktionen zu bewältigen und in Verhältnismä-
ßigkeitsbeziehungen abzubilden. Eine in der Habilitationsschrift befürwortete
Lösung ist die Prozeduralisierung, wie sie im Risikoverwaltungsrecht (Arznei-
mittelrecht, Gentechnikrecht, Atomrecht) bekannt ist.9 Wenn die schädlichen
Auswirkungen von staatenbezogenen Sanktionen schwer zu erfassen sind, sie
aber gleichzeitig ein notwendiges Übel zur Durchsetzung des internationalen
Rechts sind, müssen die sanktionierenden Staaten die Auswirkungen ihrer Sank-
tionen fortlaufend übeiwachen und flexible Mechanismen zur Einzelfallsteue-
rung vorhalten.
Institutionell ist hier der Bogen zu den Sanktionskomitees und zum inter-
nationalen Verwaltungsrecht geschlagen, dem eine zentrale Rolle zum Schutz der
Menschenrechte bei Sanktionen zukommt.10 Dabei ist das Sekundärrecht der Eu-
ropäischen Union von besonderem Interesse. Zum einen setzt die Europäische
Union die von den Vereinten Nationen beschlossenen Sanktionen für ihre Mit-
gliedsstaaten und mit Bindungswirkung gegen diese um. Zum anderen handelt es
sich bei der EU um den neben den USA zweiten großen Akteur bei der Verhän-
gung unilateraler Sanktionen.
Die Zusammenarbeit mit dem Projekt „»Working Numbers«: Science and
Contemporary Politics“ bietet zudem die Möglichkeit eines weitergehenden inter-
disziplinären Dialogs mit den Politikwissenschaften. Nicht nur das Recht, sondern
auch die Politik will Komplexität reduzieren, um sie der Deliberation zugänglich
zu machen. Quantifizierungen haben im politischen Prozess zum einen den Vor-
teil, dass sie als solche verifizierbar und in dieser Hinsicht unangreifbar sind. Die
Frage, ob das Erreichen bestimmter Zahlenwerte überhaupt aussagekräftig oder
gar erstrebenswert ist, tritt in den Hintergrund oder wird als vermeintlich rein
9 Grundlegend Di Fabio: Risikoentscheidungen im Rechtsstaat, 1994, passim.
10 Conlon: The Humanitarian Mitigation of UN Sanctions, German Yearbook of Internatio-
nal Law 1996, 249 ff., 256 ff; Starck, Die Rechtmäßigkeit von UNO-Wirtschaftssanktionen,
2000, S. 86 ff.
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des Projektes ist es, die methodischen Einwände gegen solche Quantifizierun-
gen in den internationalen politischen Prozess einzuspeisen. Das Partnerprojekt
„»Working Numbers«: Science and Contemporary Politics“ bietet hierzu eine ide-
ale Gelegenheit, weil es die Erstellung eines englischsprachigen Policy Papers mit
Gestaltungsempfehlungen insbesondere für das Europäischen Parlament zum Ge-
genstand hat.
Darüber hinaus sollen auch positive Ansätze und rechtswissenschaftliche
Alternativen zur regelmäßigen Zahlengläubigkeit der Politik wissenschaftlich
vertieft werden und in das Policy Paper einfließen. Als Alternative zur Kom-
plexitätsbewältigung bietet sich der Gedanken der Prozeduralisierung an. Auch
unabhängig von der Frage der Quantifizierung hat das Recht Probleme, die
Komplexität staatenbezogener Sanktionen zu bewältigen und in Verhältnismä-
ßigkeitsbeziehungen abzubilden. Eine in der Habilitationsschrift befürwortete
Lösung ist die Prozeduralisierung, wie sie im Risikoverwaltungsrecht (Arznei-
mittelrecht, Gentechnikrecht, Atomrecht) bekannt ist.9 Wenn die schädlichen
Auswirkungen von staatenbezogenen Sanktionen schwer zu erfassen sind, sie
aber gleichzeitig ein notwendiges Übel zur Durchsetzung des internationalen
Rechts sind, müssen die sanktionierenden Staaten die Auswirkungen ihrer Sank-
tionen fortlaufend übeiwachen und flexible Mechanismen zur Einzelfallsteue-
rung vorhalten.
Institutionell ist hier der Bogen zu den Sanktionskomitees und zum inter-
nationalen Verwaltungsrecht geschlagen, dem eine zentrale Rolle zum Schutz der
Menschenrechte bei Sanktionen zukommt.10 Dabei ist das Sekundärrecht der Eu-
ropäischen Union von besonderem Interesse. Zum einen setzt die Europäische
Union die von den Vereinten Nationen beschlossenen Sanktionen für ihre Mit-
gliedsstaaten und mit Bindungswirkung gegen diese um. Zum anderen handelt es
sich bei der EU um den neben den USA zweiten großen Akteur bei der Verhän-
gung unilateraler Sanktionen.
Die Zusammenarbeit mit dem Projekt „»Working Numbers«: Science and
Contemporary Politics“ bietet zudem die Möglichkeit eines weitergehenden inter-
disziplinären Dialogs mit den Politikwissenschaften. Nicht nur das Recht, sondern
auch die Politik will Komplexität reduzieren, um sie der Deliberation zugänglich
zu machen. Quantifizierungen haben im politischen Prozess zum einen den Vor-
teil, dass sie als solche verifizierbar und in dieser Hinsicht unangreifbar sind. Die
Frage, ob das Erreichen bestimmter Zahlenwerte überhaupt aussagekräftig oder
gar erstrebenswert ist, tritt in den Hintergrund oder wird als vermeintlich rein
9 Grundlegend Di Fabio: Risikoentscheidungen im Rechtsstaat, 1994, passim.
10 Conlon: The Humanitarian Mitigation of UN Sanctions, German Yearbook of Internatio-
nal Law 1996, 249 ff., 256 ff; Starck, Die Rechtmäßigkeit von UNO-Wirtschaftssanktionen,
2000, S. 86 ff.
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