C. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
Staates anzuwenden und fortzubilden sowie zu gewährleisten, dass das Unions-
recht nicht in Widerspruch zu nationalem Verfassungsrecht gerät; sollte dennoch
ein Widerspruch auftreten, kann das Unionsrecht keinen Vorrang vor dem Kern-
bestand des Verfassungsrechts gewinnen. Beansprucht das Unionsrecht jenseits
des parlamentarischen Rechtsanwendungsbefehls innerstaatliche Geltung oder
widerspricht es der Identitätsgarantie des Grundgesetzes, so hat das BVerfG diese
Verletzung des Verfassungsrechts als rechtswidrig zurückzuweisen. In diesem Fall
müsste das BVerfG feststellen, dass der dem Verfassungsrecht widersprechende
Europarechtssatz in Deutschland nicht gelte. Die Verbindlichkeit in anderen Mit-
gliedsstaaten wäre hiervon nicht berührt. Die infrage stehende Norm wäre in einer
solchen Konstellation daher nur noch begrenzt verbindlich. Für die Zusammen-
arbeit ungarischer und deutscher Verfassungsgerichtsbarkeit besteht der Auftrag,
sich erneut bewusstzumachen, dass die Europäische Integration sich wesentlich
auf die Verfassungskultur der Mitgliedstaaten stützt und dass kritische Begleitung,
auch eine wirkungsvolle Kontrollbalance zwischen EuGH und mitgliedstaatlichen
Verfassungsgerichten erwünscht ist.
Prof Dr. Zoltän Csehi (Richter am EuG, ELTE Universität Budapest) ging in
seinem Vortrag zum einen auf den Wert von Präzedenzfällen in der Rechtspre-
chung des EuGH und des EuG ein, zum anderen auf die Arbeitsweise beider
Gerichte. Bezüglich der Präzedenzfälle warf er die Frage auf, ob jedes Urteil die
Grundlage für ein Neues bilden könne und wie dann Urteile ausgestaltet werden
müssten sowie welche Rolle sie für die spätere Rechtsprechung spielen können.
Er problematisierte, wie die Einschränkbarkeit von Präzedenzurteilen in Zukunft
erfolgen könnte und ob eine zeitliche Beschränkung des Präzedenzrechts sinnvoll
wäre. Zudem stellte er die Frage, wie mit Abweichungen umzugehen sei und ob
Abweichungen nur durch eine Entscheidung der großen Kammer zulässig sein
sollten.
Zur Arbeitsweise des EuGH zog Prof. Csehi das Beispiel der Nichtigkeitskla-
gen heran. Die Nichtigkeitsklage mache den größten Teil der unionalen Gerichts-
arbeit aus und ihr Ausgang beeinflusse die Professionalität und Arbeit unionaler
Institutionen. Art. 263 Abs. 4 AEUV fasst die möglichen Klagegründe sehr weit,
was dazu führt, dass ca. 80-90 % der Klagen als unzulässig abgelehnt wird. Bezüg-
lich der Arbeitsweise des EuGH wies er daraufhin, dass die Urteile durch wech-
selnden Richter geprägt seien und dass durch den Wechsel das unterschiedliche
Verfahrensrecht der Mitgliedsstaaten die Rechtsprechung beeinflusse, wobei ins-
besondere das - oft als formalistische bezeichnete - französische Verwaltungsrecht
zur Geltung käme. Ferner stellt die strikte Anwendung formeller Vorschriften die
Anwendung materiell-rechtliche Regelungen in den Hintergrund. Was dies für
die zukünftigen Entwicklungen des Gemeinschaftsrechts bedeute, sei allerdings
noch unklar.
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Staates anzuwenden und fortzubilden sowie zu gewährleisten, dass das Unions-
recht nicht in Widerspruch zu nationalem Verfassungsrecht gerät; sollte dennoch
ein Widerspruch auftreten, kann das Unionsrecht keinen Vorrang vor dem Kern-
bestand des Verfassungsrechts gewinnen. Beansprucht das Unionsrecht jenseits
des parlamentarischen Rechtsanwendungsbefehls innerstaatliche Geltung oder
widerspricht es der Identitätsgarantie des Grundgesetzes, so hat das BVerfG diese
Verletzung des Verfassungsrechts als rechtswidrig zurückzuweisen. In diesem Fall
müsste das BVerfG feststellen, dass der dem Verfassungsrecht widersprechende
Europarechtssatz in Deutschland nicht gelte. Die Verbindlichkeit in anderen Mit-
gliedsstaaten wäre hiervon nicht berührt. Die infrage stehende Norm wäre in einer
solchen Konstellation daher nur noch begrenzt verbindlich. Für die Zusammen-
arbeit ungarischer und deutscher Verfassungsgerichtsbarkeit besteht der Auftrag,
sich erneut bewusstzumachen, dass die Europäische Integration sich wesentlich
auf die Verfassungskultur der Mitgliedstaaten stützt und dass kritische Begleitung,
auch eine wirkungsvolle Kontrollbalance zwischen EuGH und mitgliedstaatlichen
Verfassungsgerichten erwünscht ist.
Prof Dr. Zoltän Csehi (Richter am EuG, ELTE Universität Budapest) ging in
seinem Vortrag zum einen auf den Wert von Präzedenzfällen in der Rechtspre-
chung des EuGH und des EuG ein, zum anderen auf die Arbeitsweise beider
Gerichte. Bezüglich der Präzedenzfälle warf er die Frage auf, ob jedes Urteil die
Grundlage für ein Neues bilden könne und wie dann Urteile ausgestaltet werden
müssten sowie welche Rolle sie für die spätere Rechtsprechung spielen können.
Er problematisierte, wie die Einschränkbarkeit von Präzedenzurteilen in Zukunft
erfolgen könnte und ob eine zeitliche Beschränkung des Präzedenzrechts sinnvoll
wäre. Zudem stellte er die Frage, wie mit Abweichungen umzugehen sei und ob
Abweichungen nur durch eine Entscheidung der großen Kammer zulässig sein
sollten.
Zur Arbeitsweise des EuGH zog Prof. Csehi das Beispiel der Nichtigkeitskla-
gen heran. Die Nichtigkeitsklage mache den größten Teil der unionalen Gerichts-
arbeit aus und ihr Ausgang beeinflusse die Professionalität und Arbeit unionaler
Institutionen. Art. 263 Abs. 4 AEUV fasst die möglichen Klagegründe sehr weit,
was dazu führt, dass ca. 80-90 % der Klagen als unzulässig abgelehnt wird. Bezüg-
lich der Arbeitsweise des EuGH wies er daraufhin, dass die Urteile durch wech-
selnden Richter geprägt seien und dass durch den Wechsel das unterschiedliche
Verfahrensrecht der Mitgliedsstaaten die Rechtsprechung beeinflusse, wobei ins-
besondere das - oft als formalistische bezeichnete - französische Verwaltungsrecht
zur Geltung käme. Ferner stellt die strikte Anwendung formeller Vorschriften die
Anwendung materiell-rechtliche Regelungen in den Hintergrund. Was dies für
die zukünftigen Entwicklungen des Gemeinschaftsrechts bedeute, sei allerdings
noch unklar.
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