D. Antrittsreden, Nachrufe, Organe, Mitglieder
an einer indischen Universität und eine Vortragsreise rund um die Welt in Diens-
ten des Goethe-Instituts aufgelockert.
1967 wurde Jäckel an die Technische Universität Stuttgart berufen, auf den
Lehrstuhl, den Golo Mann, im deutschen Universitätsbetrieb nicht recht hei-
misch geworden, vorzeitig freigegeben hatte. Der Stuttgarter Universität ist er bis
zu seiner Emeritierung treu geblieben. Am Anfang, heißt es in der Heidelberger
Antrittsrede, sei er dort eigentlich gar nicht gebraucht worden und habe ohne wei-
teres auf Reisen gehen können, im ersten Wintersemester nach Oxford, wo er am
St. Antony‘s College lehrte, etwas später dann für ein ganzes akademisches Jahr
nach Tel Aviv. Aber das änderte sich. Jäckel wurde, wie sein Nachfolger es ausge-
drückt hat, eine Stuttgarter Institution, seine Vorlesungen waren in den späteren
Stuttgarter Jahren ein öffentliches Ereignis.
Im Mittelpunkt von Eberhard Jäckels wissenschaftlichem Werk stehen, das
ist schon gesagt worden, zwei eng miteinander verknüpfte Themen: Hitler und
die Ermordung der europäischen Juden. Hitler sind zwei bedeutende Studien ge-
widmet, die als zwei Schritte eines Argumentationsganges gelesen werden kön-
nen: „Hitlers Weltanschauung. Entwurf einer Herrschaft“ (1969) und „Hitlers
Herrschaft. Vollzug einer Weltanschauung“ (1986). Die beiden Titel sind sehr
deutlich aufeinander bezogen. Jäckels Kernthese ist unmittelbar an ihnen ables-
bar. Jäckel deutet Hitler als einen ,^Weltanschauungstäter“ und das Dritte Reich als
eine „Weltanschauungsdiktatur“. Hitler trat nach Jäckel mit einem klaren, in einer
Weltanschauung begründeten Herrschaftsprogramm an. Und seine Herrschaft
war tatsächlich der Vollzug dieses Programms. In Hitlers „Mein Kampf“, auf diese
knappe Formel hat Jäckel in seiner Antrittsrede vor der Akademie seine beiden
Hitler-Studien gebracht, habe „alles gestanden, was dieser Mann in die Welt ge-
bracht hatte“.
Mit dieser Deutung wurde Jäckel in einer Schlüsselkontroverse über die Rol-
le Hitlers im nationalsozialistischen Herrschaftssystem zu einem der Wortführer
des einen der beiden einander gegenüberstehenden wissenschaftlichen Lager. Hit-
ler als machiavellistischer Opportunist, der sich, ohne einem bestimmten Plan
zu folgen, vom Sog der Gelegenheiten ziehen ließ; Hitler als ein vergleichsweise
schwacher Diktator, der im Gewirr rivalisierender Machtansprüche einer vielfäl-
tig fragmentierten „polykratischen“ Machtstruktur die Rolle des Alleinherrschers
weder spielen konnte noch spielen wollte - das sind Stichworte, die die Gegenpo-
sition charakterisieren. Jäckel hat demgegenüber seine Auffassung von der Zen-
tralität Hitlers im Herrschaftsgefüge des Dritten Reiches und von dem in ihren
Grundzügen programmatischen, weltanschaulich determinierten Charakter seiner
Politik mit eindrucksvoller argumentativer Präzision und Konsequenz entwickelt
und immer an ihr festgehalten.
Jäckels Beiträge zur Holocaust-Forschung - er liebte das Wort nicht und zog
es vor, unmissverständlich vom Mord an den europäischen Juden zu sprechen-
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an einer indischen Universität und eine Vortragsreise rund um die Welt in Diens-
ten des Goethe-Instituts aufgelockert.
1967 wurde Jäckel an die Technische Universität Stuttgart berufen, auf den
Lehrstuhl, den Golo Mann, im deutschen Universitätsbetrieb nicht recht hei-
misch geworden, vorzeitig freigegeben hatte. Der Stuttgarter Universität ist er bis
zu seiner Emeritierung treu geblieben. Am Anfang, heißt es in der Heidelberger
Antrittsrede, sei er dort eigentlich gar nicht gebraucht worden und habe ohne wei-
teres auf Reisen gehen können, im ersten Wintersemester nach Oxford, wo er am
St. Antony‘s College lehrte, etwas später dann für ein ganzes akademisches Jahr
nach Tel Aviv. Aber das änderte sich. Jäckel wurde, wie sein Nachfolger es ausge-
drückt hat, eine Stuttgarter Institution, seine Vorlesungen waren in den späteren
Stuttgarter Jahren ein öffentliches Ereignis.
Im Mittelpunkt von Eberhard Jäckels wissenschaftlichem Werk stehen, das
ist schon gesagt worden, zwei eng miteinander verknüpfte Themen: Hitler und
die Ermordung der europäischen Juden. Hitler sind zwei bedeutende Studien ge-
widmet, die als zwei Schritte eines Argumentationsganges gelesen werden kön-
nen: „Hitlers Weltanschauung. Entwurf einer Herrschaft“ (1969) und „Hitlers
Herrschaft. Vollzug einer Weltanschauung“ (1986). Die beiden Titel sind sehr
deutlich aufeinander bezogen. Jäckels Kernthese ist unmittelbar an ihnen ables-
bar. Jäckel deutet Hitler als einen ,^Weltanschauungstäter“ und das Dritte Reich als
eine „Weltanschauungsdiktatur“. Hitler trat nach Jäckel mit einem klaren, in einer
Weltanschauung begründeten Herrschaftsprogramm an. Und seine Herrschaft
war tatsächlich der Vollzug dieses Programms. In Hitlers „Mein Kampf“, auf diese
knappe Formel hat Jäckel in seiner Antrittsrede vor der Akademie seine beiden
Hitler-Studien gebracht, habe „alles gestanden, was dieser Mann in die Welt ge-
bracht hatte“.
Mit dieser Deutung wurde Jäckel in einer Schlüsselkontroverse über die Rol-
le Hitlers im nationalsozialistischen Herrschaftssystem zu einem der Wortführer
des einen der beiden einander gegenüberstehenden wissenschaftlichen Lager. Hit-
ler als machiavellistischer Opportunist, der sich, ohne einem bestimmten Plan
zu folgen, vom Sog der Gelegenheiten ziehen ließ; Hitler als ein vergleichsweise
schwacher Diktator, der im Gewirr rivalisierender Machtansprüche einer vielfäl-
tig fragmentierten „polykratischen“ Machtstruktur die Rolle des Alleinherrschers
weder spielen konnte noch spielen wollte - das sind Stichworte, die die Gegenpo-
sition charakterisieren. Jäckel hat demgegenüber seine Auffassung von der Zen-
tralität Hitlers im Herrschaftsgefüge des Dritten Reiches und von dem in ihren
Grundzügen programmatischen, weltanschaulich determinierten Charakter seiner
Politik mit eindrucksvoller argumentativer Präzision und Konsequenz entwickelt
und immer an ihr festgehalten.
Jäckels Beiträge zur Holocaust-Forschung - er liebte das Wort nicht und zog
es vor, unmissverständlich vom Mord an den europäischen Juden zu sprechen-
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