Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2014
— 2015
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https://doi.org/10.11588/diglit.55654#0063
DOI Kapitel:
A. Das akademische Jahr 2014
DOI Kapitel:II. Wissenschaftliche Vorträge
DOI Artikel:Gade, Lutz H.: Das Phänomen der Händigkeit (Chiralität): Seine Bedeutung für die Strukturbildung und Wechselwirkung auf molekularer Ebene – eine Herausforderung für die Molekulare Katalyse: Sitzung der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse am 18. Juli 2014
DOI Artikel:Kemmerling, Andreas: Menschliches Glauben und unser Begriff von ihm: Sitzung der Philosophisch-historischen Klasse am 24. Oktober 2014
DOI Seite / Zitierlink:https://doi.org/10.11588/diglit.55654#0063
- Schmutztitel
- Titelblatt
- Geleitwort
- 7-12 Inhaltsverzeichnis
- 13-128 A. Das akademische Jahr 2014
-
129-228
B. Die Forschungsvorhaben
- 129-130 I. Forschungsvorhaben und Arbeitsstellenleiter
-
131-225
II. Tätigkeitsberichte
- 131-132 1. Goethe-Wörterbuch (Tübingen)
- 133-141 2. The Role of Culture in Early Expansions of Humans (Frankfurt und Tübingen)
- 141-145 3. Historische und rezente Hochwasserkonflikte an Rhein, Elbe und Donau im Spannungsfeld von Naturwissenschaft, Technik und Sozialökologie (Stuttgart)
- 145-148 4. Deutsche Inschriften des Mittelalters
- 149-151 5. Wörterbuch der altgaskognischen Urkundensprache/Dictionnaire onomasiologique de l’ancien gascon (DAG)
- 151-156 6. Deutsches Rechtswörterbuch
- 156-158 7. Martin Bucers Deutsche Schriften
- 158-162 8. Melanchthon-Briefwechsel
- 162-167 9. Dictionnaire étymologique de l’ancien français (DEAF)/Altfranzösisches etymologisches Wörterbuch
- 167-171 10. Epigraphische Datenbank Heidelberg (EDH)
- 172-175 11. Evangelische Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts
- 175-181 12. Edition literarischer Keilschrifttexte aus Assur
- 181-187 13. Buddhistische Steininschriften in Nordchina
- 187-192 14. Geschichte der südwestdeutschen Hofmusik im 18. Jahrhundert
- 193-196 15. Nietzsche-Kommentar (Freiburg)
- 196-199 16. Klöster im Hochmittelalter: Innovationslabore europäischer Lebensentwürfe und Ordnungsmodelle
- 200-207 17. Der Tempel als Kanon der religiösen Literatur Ägyptens (Tübingen)
- 207-210 18. Kommentierung der Fragmente der griechischen Komödie (Freiburg)
- 210-216 19. Kommentierung und Gesamtedition der Werke von Karl Jaspers sowie Edition der Briefe und des Nachlasses in Auswahl
- 216-219 20. Historisch-philologischer Kommentar zur Chronik des Johannes Malalas (Tübingen)
- 219-225 21. Religions- und rechtsgeschichtliche Quellen des vormodernen Nepal
- 226-228 III. Archivierung der Materialien abgeschlossener Forschungsvorhaben
-
229-309
C. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
- 229-233 I. Die Preisträger
-
234-302
II. Das WIN-Kolleg
- 234-235 Aufgaben und Ziele
- 236-238 Verzeichnis der WIN-Kollegiaten
- 239 Fünfter Forschungsschwerpunkt „Neue Wege der Verflechtung von Natur‑ und Geisteswissenschaften“
-
251
Sechster Forschungsschwerpunkt „Messen und Verstehen der Welt durch die Wissenschaft“
- 251 3. Analyzing, Measuring and Forecasting Financial Risks by means of High-Frequency Data
- 252-257 4. Das menschliche Spiegelneuronensystem: Wie erfassen wir, was wir nicht messen können?
- 257-259 5. Geld, Gunst und Gnade. Die Monetarisierung der Politik im 12. und 13. Jahrhundert
- 259-264 6. Neogeographie einer Digitalen Erde: Geo-Informatik als methodische Brücke in der interdisziplinären Naturgefahrenanalyse (NEOHAZ)
- 264-267 7. Quantifizierung und Operationalisierung der Verhältnismäßigkeit von internationalen und interlokalen Sanktionen
- 267-269 8. Selbstregulierung in den Naturwissenschaften
- 270-275 9. Texte messen – Messungen interpretieren. Altertumswissenschaften und Digital Humanities als zukunftsträchtige Symbiose
- 275-278 10. Vom corpus iuris zu den corpora iurum. Konzeption und Erschließung eines juristischen Referenzkorpus (JuReko)
- 278-281 11. Die Vermessung der Welt: Religiöse Deutung und empirische Quantifizierung im mittelalterlichen Europa
- 281-284 12. Wissen(schaft), Zahl und Macht
- 284-290 13. Thermischer Komfort und Schmerz: Verstehen von menschlicher Adaption an Störfaktoren durch die Kombination psychologischer, physikalischer und physiologischer Messungen und Messmethoden
- 291-293 14. Charakterisierung von durchströmten Gefäßen und der Hämodynamik mittels modell- und simulationsbasierter Fluss-MRI (CFD-MRI)
- 294-299 15. Zählen und Erzählen – Spielräume und Korrelationen quantitativer und qualitativer Welterschließung
- 300-302 16. Metaphern und Modelle. Zur Übersetzung von Wissen in Verstehen
- 303-309 III. Akademiekonferenzen
- 311-368 D. Antrittsreden, Nachrufe, Organe, Mitglieder
- 401-406 E. Anhang
- 407-415 Personenregister
Andreas Kemmerling
Katalysatoren werden bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts gezielt verwendet, die
Entwicklung kleiner chiraler katalytisch aktiver Moleküle beginnt hingegen vor
weniger als einem halben Jahrhundert. In den 1970er Jahren wird ein erster in-
dustrieller Prozess nach diesem Muster entwickelt (L-DOPA) und seit den 1990er
Jahren hat sich die Forschungsentwicklung auf diesem Gebiet beschleunigt. Von
besonderem Interesse ist es, zu verstehen, wie solche Katalysatoren funktionieren,
d. h. auf welcher Stufe der (zyklischen) Kaskade chemischer Elementarreaktionen
die Selektion zwischen den beiden chiralen Alternativen stattfindet. Dies ist bei-
leibe kein einfaches Schlüssel-Schloss-Problem, sondern wird durch komplexe
Reaktionsnetzwerke bestimmt, deren Verständnis für die meisten katalytischen
Reaktionen - wenn überhaupt - höchst unvollständig ist.
Andreas Kemmerling
„Menschliches Glauben und unser Begriff von ihm"
Sitzung der Philosophisch-historischen Klasse am 24. Oktober 2014
Es geht mir um Glauben im allgemeinsten Sinn (<5ö^a, opinio oder belief), nicht
um Sonderformen des „gläubigen“ Glaubens fr icmq, fides oderfaith). Im Fachjar-
gon spricht man von propositionalem Glauben. Das allgemeine Grundschema ist:
„Das Subjekt S glaubt, dass p“, wobei die sog. Proposition („p“), ein beliebiger
Inhalt ist, der wahr oder falsch ist. Glauben in diesem weiten Sinn steht nicht im
Gegensatz zum Wissen. Im Gegenteil, zum Wissen gehört auch Glauben: Wer et-
was nicht einmal glaubt, kann es auch nicht wissen.
Bis vor etwa hundert Jahren wurde das propositionale Glauben in der Phi-
losophie nur selten thematisiert. Heute ist es Gegenstand zahlloser spezialisier-
ter Forschungen in vielen Subdisziplinen der Theoretischen Philosophie: in der
Metaphysik, Ontologie, Erkenntnistheorie, Philosophie des Geistes, Sprachphilo-
sophie, Rationalitätstheorie, in der sog. doxastischen Logik und in wahrscheinlich-
keitstheoretischen Theorien der sog. Belief Dynamics.
Weshalb wird dem Glauben und unserm Begriff von ihm neuerdings eine so
große philosophische Bedeutsamkeit beigemessen? Hier einige Gründe. Erstens,
das Glauben durchzieht weite Bereiche der menschlichen Geistigkeit. Wahrneh-
mung, Gedächtnis, Wollen, Planung, Absicht und Entscheidung stehen in innigs-
ter Verbindung mit ihm. Zweitens, es gehört zu jederlei Art minimal-rationaler
Geistigkeit. Denken ohne Glauben kann es nicht geben. „Gedankliche“ Prozesse,
in denen kein Unterschied bestünde zwischen solchen Gedanken, die für wahr
gehalten werden, und allen andern Gedanken, wären richtungslose Abfolgen, nur
eine Parodie menschlichen Denkens. Andererseits kann Glauben fast beliebig irra-
tional sein: ganz ohne Gründe und sogar wider gute Gründe. Drittens, Glauben ist
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Katalysatoren werden bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts gezielt verwendet, die
Entwicklung kleiner chiraler katalytisch aktiver Moleküle beginnt hingegen vor
weniger als einem halben Jahrhundert. In den 1970er Jahren wird ein erster in-
dustrieller Prozess nach diesem Muster entwickelt (L-DOPA) und seit den 1990er
Jahren hat sich die Forschungsentwicklung auf diesem Gebiet beschleunigt. Von
besonderem Interesse ist es, zu verstehen, wie solche Katalysatoren funktionieren,
d. h. auf welcher Stufe der (zyklischen) Kaskade chemischer Elementarreaktionen
die Selektion zwischen den beiden chiralen Alternativen stattfindet. Dies ist bei-
leibe kein einfaches Schlüssel-Schloss-Problem, sondern wird durch komplexe
Reaktionsnetzwerke bestimmt, deren Verständnis für die meisten katalytischen
Reaktionen - wenn überhaupt - höchst unvollständig ist.
Andreas Kemmerling
„Menschliches Glauben und unser Begriff von ihm"
Sitzung der Philosophisch-historischen Klasse am 24. Oktober 2014
Es geht mir um Glauben im allgemeinsten Sinn (<5ö^a, opinio oder belief), nicht
um Sonderformen des „gläubigen“ Glaubens fr icmq, fides oderfaith). Im Fachjar-
gon spricht man von propositionalem Glauben. Das allgemeine Grundschema ist:
„Das Subjekt S glaubt, dass p“, wobei die sog. Proposition („p“), ein beliebiger
Inhalt ist, der wahr oder falsch ist. Glauben in diesem weiten Sinn steht nicht im
Gegensatz zum Wissen. Im Gegenteil, zum Wissen gehört auch Glauben: Wer et-
was nicht einmal glaubt, kann es auch nicht wissen.
Bis vor etwa hundert Jahren wurde das propositionale Glauben in der Phi-
losophie nur selten thematisiert. Heute ist es Gegenstand zahlloser spezialisier-
ter Forschungen in vielen Subdisziplinen der Theoretischen Philosophie: in der
Metaphysik, Ontologie, Erkenntnistheorie, Philosophie des Geistes, Sprachphilo-
sophie, Rationalitätstheorie, in der sog. doxastischen Logik und in wahrscheinlich-
keitstheoretischen Theorien der sog. Belief Dynamics.
Weshalb wird dem Glauben und unserm Begriff von ihm neuerdings eine so
große philosophische Bedeutsamkeit beigemessen? Hier einige Gründe. Erstens,
das Glauben durchzieht weite Bereiche der menschlichen Geistigkeit. Wahrneh-
mung, Gedächtnis, Wollen, Planung, Absicht und Entscheidung stehen in innigs-
ter Verbindung mit ihm. Zweitens, es gehört zu jederlei Art minimal-rationaler
Geistigkeit. Denken ohne Glauben kann es nicht geben. „Gedankliche“ Prozesse,
in denen kein Unterschied bestünde zwischen solchen Gedanken, die für wahr
gehalten werden, und allen andern Gedanken, wären richtungslose Abfolgen, nur
eine Parodie menschlichen Denkens. Andererseits kann Glauben fast beliebig irra-
tional sein: ganz ohne Gründe und sogar wider gute Gründe. Drittens, Glauben ist
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