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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2014 — 2015

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D. Antrittsreden, Nachrufe, Organe, Mitglieder
DOI Kapitel:
I. Antrittsreden
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Bukau, Bernd: Bernd Bukau: Antrittsrede vom 26. April 2014
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https://doi.org/10.11588/diglit.55654#0316
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D. Antrittsreden, Nachrufe, Organe, Mitglieder

Nach der Promotion ging ich für drei Jahre als Postdoc an das Massachusetts
Institute of Technology (MIT) in das Labor von Prof. Graham Walker. Eigentlich
wollte ich hier die Mechanismen der Reparatur von DNA-Schäden untersuchen.
Ich werde aber nicht vergessen, wie mir der MIT-Professor bei der Projektbespre-
chung von einem Protein berichtete, das in der Evolution vom Bakterium bis zum
Menschen konserviert ist, aber von dem man seine zelluläre Funktion nicht kann-
te. Ein wissenschaftliches Rätsel also, das mich derart faszinierte, dass ich mei-
nen ursprünglichen Plan über den Haufen geworfen habe und dieses Protein, und
nicht die Reparatur von DNA, erforscht habe.
Dies war eine ausgesprochen glückliche, auf einem Zufall basierende, Ent-
scheidung. Sie ermöglichte in der Folge den Einstieg in ein aufkeimendes For-
schungsgebiet, dessen Bedeutung für die Biologie und Medizin erst Jahre später
klar wurde. Dieses Gebiet beschäftigt sich mit der Entstehung und der Reparatur
von Proteinen, insbesondere mit den sogenannten molekularen Chaperonen, den
„Anstandsdamen der Zelle“, deren Existenz damals völlig unbekannt war. Lassen
Sie mich dies kurz erläutern.
Proteine sind Ketten chemisch verknüpfter Bausteine, den Aminosäuren. In
Zellen existieren zwanzig verschiedene Aminosäuren mit jeweils unterschiedlichen
biochemischen Eigenschaften. Die genaue Abfolge der Aminosäuren in einer Prote-
inkette wird durch das kodierende Gen im Erbgut festgelegt und ist für jedes Protein
einzigartig. Die Aminosäureketten müssen aber erst durch den Prozess der Protein-
faltung in dreidimensionale Strukturen gefaltet werden, damit funktionsfähige Pro-
teine wie etwa Insulin oder Antikörper entstehen. Diese Faltung ist kompliziert und
kann durchaus schiefgehen und zu Missfaltung führen. Nobelpreis-gekrönte Expe-
rimente in den 50er Jahren konnten allerdings zeigen, dass die Faltung eines Pro-
teins in seine korrekte dreidimensionale Struktur trotz der hohen Komplexität des
Vorgangs im Prinzip ohne weitere Faktoren bewerkstelligt werden kann. Aufgrund
dieser bahnbrechenden Experimente wurde über lange Zeit hinweg angenommen,
dass die Proteinfaltung auch in der Zelle ein spontaner Prozess ist.
Tatsächlich funktioniert die Proteinfaltung in Zellen allerdings nicht von al-
leine, was vor ca. 25 Jahren eine große Überraschung war. Einer der Gründe ist die
extreme Packungsdichte von Molekülen in der Zelle, die dazu führt, dass Proteine
permanent kollidieren und verklumpen (aggregieren) können. Diese Gefahr be-
steht sowohl für neu synthetisierte Proteine, die noch nicht gefaltet und aufgrund
veränderter biochemischen Eigenschaften besonders verklumpungsanfällig sind,
als auch für bereits existierende, gefaltete Proteine, die wieder entfalten können
- spontan oder nach Stresseinwirkung wie z. B. einer Hitzeeinwirkung. Derartige
Verklumpungen können zum Zelltod führen und sind ursächlich an Alterung und
Pathophysiologie von Zellen und Organismen beteiligt. So werden zum Beispiel
neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson durch die Ver-
klumpung von bestimmten Proteinen verursacht.

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