D. Antrittsreden, Nachrufe, Organe, Mitglieder
wenig dadurch beeinträchtigt, dass die von den Eltern ausgewählten Einrichtun-
gen eine traditionelle und in Teilen stark autoritäre Prägung aufwiesen, was zum
Charakter des zweiten Kindes vor allem in den ersten Jahren des Schulbesuches
nicht recht passen wollte und zu einigen - aus der Distanz humorvoll zu neh-
menden - Anekdoten führte. Insgesamt setzte sich dann wohl die Ansicht durch,
dass der Junge zwar einen eigenen Kopf habe, aber im Grunde nicht verkehrt sei.
Hinsichtlich seiner Eigenschaft, immer und alles in Frage zu stellen und stets eine
Begründung zu verlangen, werde er schon sehen, was der davon haben wird ...
An den Besuch des örtlichen Gymnasiums schloss sich der Wehrdienst an.
Bereits zuvor hatte ich mir in Bonn an der dortigen Universität einen Eindruck
von den verschiedenen Fächern verschafft. Zu den besuchten Vorlesungen gehör-
ten unter anderem die Geschichtswissenschaft, die Politikwissenschaft und die
Rechtswissenschaft - im Rückblick eine vielleicht weniger zufällige Kombination,
als ich damals angenommen habe.
1986 begann dann für mich das Studium der Rechtswissenschaft in Bonn.
Der Einstieg war recht ruppig, da das Wintersemester 1986/87 in Bonn knapp
1.400 Studienanfänger der Rechtswissenschaft hatte - die wohl bislang größte Stu-
dienstarterzahl an einer juristischen Fakultät, wie wir Jahre später erfuhren. Die
Folgen waren anstrengende Lernbedingungen und hohe Durchfallquoten. Beides
setzte mir wenig zu, da ich es so aus meiner Gymnasialzeit kannte.
Neu war für mich eine andere Erfahrung: Die Eigenschaft, für alles eine ei-
nigermaßen vernünftige Begründung zu verlangen, wurde nun positiv gesehen.
Bereits früh wurde ich zunächst von Markus Lutter - ein Wirtschaftsrechtler -, et-
was später dann von Günter Jakobs - ein Rechtsphilosoph - angesprochen und zu
inner- und außeruniversitären Veranstaltungen eingeladen. So wurde ich schon als
junger Student von zwei fachlich und persönlich sehr unterschiedlichen Personen
mit der Wissenschaft und ihrem Umfeld vertraut gemacht.
Daneben besuchte ich Vorlesungen in Politik sowie Geschichte. Zudem wur-
de ich Mitarbeiter beim Wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestages im
Bereich des Verfassungs- und Parlamentsrechts, was - wieder im Rückblick - als
ein frühes Interesse am komplexen Verhältnis zwischen Recht, Politik und Ge-
meinwohl gedeutet werden kann.
Es folgten Wechsel zunächst an die Universität Freiburg, dann an die Univer-
sität Heidelberg, wo ich im Frühsommer 1992 das Erste Juristische Staatsexamen
erwarb.
Der Sommer 1992 war europäisch geprägt. Der Europäische Wirtschafts-
raum wurde Realität und der Vertrag von Maastricht stellte mit der Gründung
der Europäischen Union den bis dahin größten Schritt der europäischen In-
tegration seit der Gründung der Gemeinschaften dar. Aus der Sicht eines zur
Promotion entschlossenen jungen Juristen waren diese Themen als Dissertati-
onsthemen zwar zu aktuell und zu groß. Die Grundsatzfrage einer angemesse-
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wenig dadurch beeinträchtigt, dass die von den Eltern ausgewählten Einrichtun-
gen eine traditionelle und in Teilen stark autoritäre Prägung aufwiesen, was zum
Charakter des zweiten Kindes vor allem in den ersten Jahren des Schulbesuches
nicht recht passen wollte und zu einigen - aus der Distanz humorvoll zu neh-
menden - Anekdoten führte. Insgesamt setzte sich dann wohl die Ansicht durch,
dass der Junge zwar einen eigenen Kopf habe, aber im Grunde nicht verkehrt sei.
Hinsichtlich seiner Eigenschaft, immer und alles in Frage zu stellen und stets eine
Begründung zu verlangen, werde er schon sehen, was der davon haben wird ...
An den Besuch des örtlichen Gymnasiums schloss sich der Wehrdienst an.
Bereits zuvor hatte ich mir in Bonn an der dortigen Universität einen Eindruck
von den verschiedenen Fächern verschafft. Zu den besuchten Vorlesungen gehör-
ten unter anderem die Geschichtswissenschaft, die Politikwissenschaft und die
Rechtswissenschaft - im Rückblick eine vielleicht weniger zufällige Kombination,
als ich damals angenommen habe.
1986 begann dann für mich das Studium der Rechtswissenschaft in Bonn.
Der Einstieg war recht ruppig, da das Wintersemester 1986/87 in Bonn knapp
1.400 Studienanfänger der Rechtswissenschaft hatte - die wohl bislang größte Stu-
dienstarterzahl an einer juristischen Fakultät, wie wir Jahre später erfuhren. Die
Folgen waren anstrengende Lernbedingungen und hohe Durchfallquoten. Beides
setzte mir wenig zu, da ich es so aus meiner Gymnasialzeit kannte.
Neu war für mich eine andere Erfahrung: Die Eigenschaft, für alles eine ei-
nigermaßen vernünftige Begründung zu verlangen, wurde nun positiv gesehen.
Bereits früh wurde ich zunächst von Markus Lutter - ein Wirtschaftsrechtler -, et-
was später dann von Günter Jakobs - ein Rechtsphilosoph - angesprochen und zu
inner- und außeruniversitären Veranstaltungen eingeladen. So wurde ich schon als
junger Student von zwei fachlich und persönlich sehr unterschiedlichen Personen
mit der Wissenschaft und ihrem Umfeld vertraut gemacht.
Daneben besuchte ich Vorlesungen in Politik sowie Geschichte. Zudem wur-
de ich Mitarbeiter beim Wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestages im
Bereich des Verfassungs- und Parlamentsrechts, was - wieder im Rückblick - als
ein frühes Interesse am komplexen Verhältnis zwischen Recht, Politik und Ge-
meinwohl gedeutet werden kann.
Es folgten Wechsel zunächst an die Universität Freiburg, dann an die Univer-
sität Heidelberg, wo ich im Frühsommer 1992 das Erste Juristische Staatsexamen
erwarb.
Der Sommer 1992 war europäisch geprägt. Der Europäische Wirtschafts-
raum wurde Realität und der Vertrag von Maastricht stellte mit der Gründung
der Europäischen Union den bis dahin größten Schritt der europäischen In-
tegration seit der Gründung der Gemeinschaften dar. Aus der Sicht eines zur
Promotion entschlossenen jungen Juristen waren diese Themen als Dissertati-
onsthemen zwar zu aktuell und zu groß. Die Grundsatzfrage einer angemesse-
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