Festvortrag von Barbara Mittler
Festvortrag von Barbara Mittler:
„Wilde Geschichte(n) If £
oder: Von der Macht der Stille(n) - Gedanken zur Politik in China“
Von der Macht der Stille(n) will ich hier schreiben. Und das Stück des chinesi-
schen Komponisten Chou Wen-chung Aj X 41 (1923-2019), das bei der Akade-
miefeier zum Klingen kam,1 ist ein Beispiel für solch' mächtige Stille: Denn wäh-
rend die „fünf (Klang)Töne das Menschenohr taub machen“ S-tAAT# , so
der chinesische Philosoph Laozi (6. Jhdt. v. Chr.), ist der größte (Ton)Klang,
die größte Musik also, kaum hörbar - sie hat eine zarte Stimme: jGtt^^dayin
xisheng. Und das Instrument, das diese kaum hörbare Musik am besten spielen
kann, ist die Literatenzither Guqin, das „alte Instrument“. Man kennt es von
chinesischer Landschaftsmalerei, wo man, fast unweigerlich, ganz klein irgendwo,
im Freien unter einem Baum oder in einem Pavillon einen Mann entdecken kann,
der ein Instrument auf seinem Schoß hat, die Guqin eben, die unten flach wie die
Erde und oben gewölbt wie der Himmel die Welt im Kleinen darstellt (Abb. 1).
Wenn man dann noch genauer hinschaut, auf solchen Bildern, dann erkennt man,
dass der Spieler sein Instrument spielt, obwohl es keine Saiten hat - dann ist die
Musik wirklich kaum hörbar, so still, wie sie nur irgend sein kann: Große Musik.
Abb. 1 Guqin (Foto Petra Thiel)
1 Dieser Text spielt mit der die Akademiefeier umrahmenden Musik, die nachzuhören ist im
Stream (https://www.youtube.com/watch?v=U3-haKPDCrU). Der Vortrag beginnt nach der
Komposition von Chou Wen-chung A] X F (1923-2019) The Willows Are New für Klavier
solo (1957), die ab 1:00:00 zu hören ist. Die rahmende Suite von Georg Friedrich Händel
(1685-1759), Suite Nr. 2 F-Durfür Clavecin (1720), wird in zwei Teilen gespielt: Adagio e Alle-
gro 0:00:00- 0:05:18; Adagio e Fuga allegro 2:02:56-2:07:15.
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Festvortrag von Barbara Mittler:
„Wilde Geschichte(n) If £
oder: Von der Macht der Stille(n) - Gedanken zur Politik in China“
Von der Macht der Stille(n) will ich hier schreiben. Und das Stück des chinesi-
schen Komponisten Chou Wen-chung Aj X 41 (1923-2019), das bei der Akade-
miefeier zum Klingen kam,1 ist ein Beispiel für solch' mächtige Stille: Denn wäh-
rend die „fünf (Klang)Töne das Menschenohr taub machen“ S-tAAT# , so
der chinesische Philosoph Laozi (6. Jhdt. v. Chr.), ist der größte (Ton)Klang,
die größte Musik also, kaum hörbar - sie hat eine zarte Stimme: jGtt^^dayin
xisheng. Und das Instrument, das diese kaum hörbare Musik am besten spielen
kann, ist die Literatenzither Guqin, das „alte Instrument“. Man kennt es von
chinesischer Landschaftsmalerei, wo man, fast unweigerlich, ganz klein irgendwo,
im Freien unter einem Baum oder in einem Pavillon einen Mann entdecken kann,
der ein Instrument auf seinem Schoß hat, die Guqin eben, die unten flach wie die
Erde und oben gewölbt wie der Himmel die Welt im Kleinen darstellt (Abb. 1).
Wenn man dann noch genauer hinschaut, auf solchen Bildern, dann erkennt man,
dass der Spieler sein Instrument spielt, obwohl es keine Saiten hat - dann ist die
Musik wirklich kaum hörbar, so still, wie sie nur irgend sein kann: Große Musik.
Abb. 1 Guqin (Foto Petra Thiel)
1 Dieser Text spielt mit der die Akademiefeier umrahmenden Musik, die nachzuhören ist im
Stream (https://www.youtube.com/watch?v=U3-haKPDCrU). Der Vortrag beginnt nach der
Komposition von Chou Wen-chung A] X F (1923-2019) The Willows Are New für Klavier
solo (1957), die ab 1:00:00 zu hören ist. Die rahmende Suite von Georg Friedrich Händel
(1685-1759), Suite Nr. 2 F-Durfür Clavecin (1720), wird in zwei Teilen gespielt: Adagio e Alle-
gro 0:00:00- 0:05:18; Adagio e Fuga allegro 2:02:56-2:07:15.
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