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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2022 — 2023

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A. Das akademische Jahr 2022
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III. Veranstaltungen
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Mitarbeitervortragsreihe „Wir forschen. Für Sie“
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Dall'Asta, Matthias: Humanisten in Glaubenskämpfen: Johannes Reuchlin und sein Schüler Philipp Melanchton : Mitarbeitervortrag von Dr. Matthias Dall'Asta am 14. Juli 2022
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Betzwieser, Thomas: Oper ohne Gesang: das Melodram : Mitarbeitervortrag von Prof. Dr. Thomas Betzwieser am 20. Juli 2022
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https://doi.org/10.11588/diglit.67410#0119
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Oper ohne Gesang: das Melodram

genwart kontrastiert, die am Ende, unmittelbar vor dem abschließenden Gebet,
wieder in den Blick gerät: „Es wird angenehm sein, unsere Gedanken für eine
Weile von den gegenwärtigen elenden Zuständen ablenken zu lassen zur Betrach-
tung jenes Goldenen Zeitalters, in dem zu gleicher Zeit so viele gelehrte Männer
gelebt haben, denen auf Grund ihrer Einmütigkeit sowohl das Leben als auch die
Studien von größerer Süße waren und die ihre Mühe liebevoll darauf veiwandten,
Licht in die Wissenschaften zu bringen. [...] Einzigartig war das Glück jener Zeit,
in der er [Reuchlin] lebte, einzigartig die damalige wechselseitige Verbundenheit
der Gebildeten und ihr Glanz. Nun ist ein zweites Eisernes Zeitalter gefolgt, in
dem sich diejenigen wie die Kadmeischen Brüder untereinander bekämpfen, die
doch aufgrund ihrer ähnlichen Anliegen und des Bandes der Religion eigentlich
aufs Engste verbunden sein müssten“ (mit leichten Änderungen aus Melanchthon
deutsch, Bd. 1, hg. von Michael Beyer u. a. [1997], S. 185 und 199; [2. Aufl. 2011],
S. 190 und 204).
Das vermeintlich „goldene“ Idyll der Jahre um 1500 ist eine nachträgliche
Idealisierung, ein historisches Narrativ, das mit der einstigen Realität nicht viel zu
tun hat, denn auch zu Rcuchlins Zeiten flogen in Gesellschaft, Universität und
Kirche schon die Fetzen. Der ,Judenbücherstreit‘ oder ,Reuchlinkonflikt‘ der Jah-
re 1511-1520 hat erst jüngst wieder ein Buch von über 1250 Seiten gefüllt (Jan-
Hendryk de Boer: Unerwartete Absichten - Genealogie des Reuchlinkonflikts [2016]).
Von heiterer Ruhe kann also keine Rede sein.
Dr. Matthias Dall’Asta studierte evangelische Theologie, Klassische Philologie und Italianistik
in Tübingen, Göttingen und Rom. Seit 1994 ist er Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Heidel-
berger Akademie der Wissenschaften, zunächst in der Reuchlin-Forschungsstelle in Pforzheim,
seit 2008 in der Heidelberger Forschungsstelle „Melanchlhon-Briefwechsel“.
„Oper ohne Gesang: das Melodram"
Mitarbeitervortrag von Prof. Dr. Thomas Betzwieser am 20. Juii 2022
Das Melodram zählt zu den merkwürdigsten Erscheinungsformen im Musikthe-
ater des 18. Jahrhunderts. Das musikbegleitete Sprechen, welche das Melodram
auszeichnet, liegt gleichsam auf der Schnittstelle von Schauspiel und Oper und
stellte aus der Sicht der Zeitgenossen ein Novum dar. In der Tat wurde das Melo-
dram regelrecht (neu) erfunden und zwar von keinem Geringeren als Jean Jacques
Rousseau. Während das von Rousseau ins Leben gerufene Genre in Frankreich ein
Randphänomen blieb, fiel es hingegen im deutschsprachigen Raum auf äußerst
fruchtbaren Boden, nicht zuletzt weil es hier auf eine literarische Bewegung traf,
die Ausdruck und Leidenschaft als oberste Prinzipien auf ihre Fahnen geschrieben

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