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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2022 — 2023

DOI Kapitel:
B. Die Mitglieder
DOI Kapitel:
I. Antrittsreden
DOI Artikel:
Bauer, Jürgen M.: Antrittsrede vom 26. November 2022
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.67410#0205
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Antrittsrede von Jürgen Martin Bauer

Jürgen Martin Bauer
Antrittsrede vom 26. November 2022

Liebe Akademiemitglieder,
ich fühle mich sehr geehrt, mich Ih-
nen heute vorstellen zu dürfen.
Vermutlich bin ich hinsichtlich
meines Herkommens und meiner be-
ruflich-akademischen Laufbahn kein
typisches Akademiemitglied. So waren
zum Beispiel meine Eltern beide keine
Akademiker. Letzteres war unter ande-
rem Folge unserer deutsch-deutschen
Familiengeschichte, in die ich Ihnen
einen kurzen Einblick geben möchte.
1954 wurde mein Großvater
durch die DDR-Justiz als Rädelsfüh-
rer eines lokalen Aufstands, der sich
gegen die Verstaatlichung landwirt-
schaftlicher Betriebe und mittelstän-
discher Unternehmen im südlichen


Thüringen wendete, zu mehreren
Jahren Gefängnis verurteilt. Diese verbüßte er in Bautzen. Unsere Familie wurde
in einer nächtlichen Aktion innerhalb der DDR deportiert und verlor damals jegli-
chen Besitz. Meine Eltern flohen wenig später über die damals noch grüne Grenze
mittellos in den Westen. Mein Großvater wurde nach seinem Tod im Zuge der
Aufarbeitung von DDR-Unrecht rehabilitiert. Ich bin Bernhard Vogel und Sabine
Eeutheusser-Schnarrenberger für ihr diesbezügliches Engagement bis heute sehr
dankbar. Der Verlust an Heimat und Sicherheit sowie das erlittene DDR-Unrecht

waren für meine Jugend prägend.
Ich wuchs als Einzelkind in Fürth in Mittelfranken behütet auf, jedoch blie-
ben die finanziellen Möglichkeiten unserer Familie begrenzt. Das Lesen und spä-
ter die Beschäftigung mit der Kunst in ihren vielfältigen Ausprägungen wurden
früh meine größte Leidenschaft, sodass ich eigentlich plante, nach dem Abitur
Germanistik und Kunstgeschichte zu studieren. Letzteres legte ich als Jahrgangs-
bester ab und erhielt vom Freistaat Bayern ein Studienstipendium für besonders
Begabte, wie es damals hieß. Unserer Familie ging es zwar mittlerweile finanziell
gut, der Wunsch nach finanzieller Sicherheit wurde aber schließlich doch zu ei-
nem wichtigen Entscheidungskriterium bei der Wahl meines Studienfaches. So
entschied ich mich schließlich für die Humanmedizin, die ich an der Universität

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