Antrittsrede von Oliver Deussen
Oliver Deussen
Antrittsrede vom 16. Juli 2022
Sehr geehrter Herr Präsident Schneid-
müller,
sehr geehrte Akademiemitglieder.
Es freut mich sehr, heute vor Ihnen
stehen zu dürfen und für ein paar Mi-
nuten etwas von meinem Werdegang
zu erzählen. Etwas augenzwinkernd
wurde mir gesagt, in dieser Rede sol-
le ich darstellen, warum mein Leben
und Wirken mich exakt an diesen Ort
gebracht haben.
Als ich das hörte, fiel mir gleich
das Buch „Ohne Glück kein Erfolg“
ein, in dem Robert Frank anschaulich
darstellt, dass erfolgreiche Menschen
systematisch ihr eigenes Zutun über-
schätzen und den Zufall unterschät-
zen. Den Fehler möchte ich hier nicht
machen und Ihnen lieber erzählen,
wieviel Zufall und günstige Fügung mich hierherbrachten und mir halfen, mein
Leben zu gestalten.
Ich wurde in München geboren, wir zogen aber 1972 nach Karlsruhe, weil
mein Vater an der TH Karlsruhe, heute KIT, eine Professur für Informatik antrat.
Ich habe also das akademische Leben quasi mit der Muttermilch aufgesogen und
erinnere mich noch an viele Feste an der Uni. Auch berührte mich die Geschichte
meines Großvaters mütterlicherseits - Günter Schulz, Leiter des MPI in Mainz für
physikalische Chemie -, der nur deshalb nicht den Nobelpreis gewonnen hatte,
weil ein Amerikaner, Paul Flory, dieselbe Formel für eine molekulare Verteilungs-
funktion unabhängig von ihm gefunden und ein paar Tage früher publiziert hatte.
Ich mochte das Unileben also schon immer.
Dennoch war ich nicht der von meinen Eltern erhoffte Uberflieger, im Ge-
genteil hatte ich eine sehr schwierige, renitente Pubertät, sodass sich meine Eltern
an einem Punkt gezwungen sahen, mich vom Gymnasium auf die Realschule zu
versetzen. Hier kam die Fügung insofern ins Spiel, als es in Baden-Württemberg
glücklicherweise auch schon damals ein Schulsystem gab, das nicht in Sackgassen
endet. So konnte ich, nachdem sich meine pubertären Wirren gelegt und ich mei-
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Oliver Deussen
Antrittsrede vom 16. Juli 2022
Sehr geehrter Herr Präsident Schneid-
müller,
sehr geehrte Akademiemitglieder.
Es freut mich sehr, heute vor Ihnen
stehen zu dürfen und für ein paar Mi-
nuten etwas von meinem Werdegang
zu erzählen. Etwas augenzwinkernd
wurde mir gesagt, in dieser Rede sol-
le ich darstellen, warum mein Leben
und Wirken mich exakt an diesen Ort
gebracht haben.
Als ich das hörte, fiel mir gleich
das Buch „Ohne Glück kein Erfolg“
ein, in dem Robert Frank anschaulich
darstellt, dass erfolgreiche Menschen
systematisch ihr eigenes Zutun über-
schätzen und den Zufall unterschät-
zen. Den Fehler möchte ich hier nicht
machen und Ihnen lieber erzählen,
wieviel Zufall und günstige Fügung mich hierherbrachten und mir halfen, mein
Leben zu gestalten.
Ich wurde in München geboren, wir zogen aber 1972 nach Karlsruhe, weil
mein Vater an der TH Karlsruhe, heute KIT, eine Professur für Informatik antrat.
Ich habe also das akademische Leben quasi mit der Muttermilch aufgesogen und
erinnere mich noch an viele Feste an der Uni. Auch berührte mich die Geschichte
meines Großvaters mütterlicherseits - Günter Schulz, Leiter des MPI in Mainz für
physikalische Chemie -, der nur deshalb nicht den Nobelpreis gewonnen hatte,
weil ein Amerikaner, Paul Flory, dieselbe Formel für eine molekulare Verteilungs-
funktion unabhängig von ihm gefunden und ein paar Tage früher publiziert hatte.
Ich mochte das Unileben also schon immer.
Dennoch war ich nicht der von meinen Eltern erhoffte Uberflieger, im Ge-
genteil hatte ich eine sehr schwierige, renitente Pubertät, sodass sich meine Eltern
an einem Punkt gezwungen sahen, mich vom Gymnasium auf die Realschule zu
versetzen. Hier kam die Fügung insofern ins Spiel, als es in Baden-Württemberg
glücklicherweise auch schon damals ein Schulsystem gab, das nicht in Sackgassen
endet. So konnte ich, nachdem sich meine pubertären Wirren gelegt und ich mei-
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