II. Wissenschaftliche Vorträge
weniger stark der Fall ist als in Mancessions, doch die bisherigen Studien zum
Thema haben eher das Gegenteil gezeigt: Kontaktbeschränkungen und häusliche
Isolation gehen mit mehr Stress und Gewalt in Familien einher (Bullinger et al.
2021 sowie Leslie und Wilson 2020).
5. Rolle rückwärts oder Chance für arbeitende Mütter?
Zurück zu den Frauen. Wie wir bereits gesehen haben, haben Frauen in vielen
Ländern, vermutlich auf der ganzen Welt, ihre Arbeitszeit während der Pandemie
stärker als Männer reduziert. Die psychologischen Belastungen für Frauen waren
enorm (Zamarro und Prados 2021 und Adams-Prassl et al. 2022). Ist dies nun eine
enttäuschende „Rolle rückwärts in die Fünfziger Jahre“, wie Jutta Allmendinger
bereits im Mai 2020 in der Fernseh-Talkshow von Anne Will argumentiert hat,
oder gibt es auch Grund zur Hoffnung?
Die starke Auswirkung der Pandemie auf erwerbstätige Frauen hat Konse-
quenzen, welche die eigentliche Krise um einiges überdauern werden. Ganz klar
beeinflusst die Rezession die künftigen Verdienstmöglichkeiten von Frauen, die
während der Krise nicht arbeiten können. Aus früheren Rezessionen ist bekannt,
dass Berufstätige, die ihre Beschäftigung während einer Rezession verlieren, mit
dauerhaften Einkommensverlusten konfrontiert werden (Davis und Wachter
2011). Eine neue Arbeitsstelle zu finden, ist schwierig. Einen neuen Arbeitsplatz
mit der gleichen Verantwortung, Bezahlung und den gleichen Karrierechancen
wie zuvor zu finden, ist noch schwieriger. Angesichts der Tatsache, dass in dieser
Rezession viel mehr Frauen als Männer Arbeitsplätze verloren haben, werden die
damit einhergehenden Einkommensverluste das Durchschnittseinkommen von
Frauen stärker drücken, als es für das Durchschnittseinkommen von Männern zu
erwarten ist. Dies wird das geschlechtsspezifische Lohngefälle mittelfristig erhö-
hen. Auch ist bekannt, dass man in Teilzeitjobs kaum Karriere machen kann. Frau-
en, die während der Krise ihre Stunden reduziert haben, haben dadurch oft auch
Aufstiegschancen verpasst, was sich natürlich im Einkommen auch Jahre später
noch widerspiegeln wird.
Langfristig gibt es aber durchaus auch Grund zur Hoffnung. Die Pandemie
war ein großer Schock, der Familien und Arbeitgeber gezwungen hat, plötzlich al-
les anders zu machen. Kurzfristige Änderungen haben oft langfristige Auswirkun-
gen. Zwei Mechanismen sind hier zu betonen. Zum einen hat die Pandemie das
Homeoffice gängig gemacht. Auch zwei Jahre nach Beginn der Pandemie arbeiten
viele Arbeitnehmer noch einen Teil ihrer Arbeitszeit von zu Hause aus. Studien
deuten daraufhin, dass dies auch so bleiben wird (Barrero et al 2021). In den meis-
ten Fällen geht das Arbeiten von zu Hause auch mit einer erhöhten Flexibilität der
Arbeitszeiten einher. Zudem fällt das Pendeln weg, was Zeit spart. Beides ist gut
für arbeitende Eltern, insbesondere für Mütter.
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weniger stark der Fall ist als in Mancessions, doch die bisherigen Studien zum
Thema haben eher das Gegenteil gezeigt: Kontaktbeschränkungen und häusliche
Isolation gehen mit mehr Stress und Gewalt in Familien einher (Bullinger et al.
2021 sowie Leslie und Wilson 2020).
5. Rolle rückwärts oder Chance für arbeitende Mütter?
Zurück zu den Frauen. Wie wir bereits gesehen haben, haben Frauen in vielen
Ländern, vermutlich auf der ganzen Welt, ihre Arbeitszeit während der Pandemie
stärker als Männer reduziert. Die psychologischen Belastungen für Frauen waren
enorm (Zamarro und Prados 2021 und Adams-Prassl et al. 2022). Ist dies nun eine
enttäuschende „Rolle rückwärts in die Fünfziger Jahre“, wie Jutta Allmendinger
bereits im Mai 2020 in der Fernseh-Talkshow von Anne Will argumentiert hat,
oder gibt es auch Grund zur Hoffnung?
Die starke Auswirkung der Pandemie auf erwerbstätige Frauen hat Konse-
quenzen, welche die eigentliche Krise um einiges überdauern werden. Ganz klar
beeinflusst die Rezession die künftigen Verdienstmöglichkeiten von Frauen, die
während der Krise nicht arbeiten können. Aus früheren Rezessionen ist bekannt,
dass Berufstätige, die ihre Beschäftigung während einer Rezession verlieren, mit
dauerhaften Einkommensverlusten konfrontiert werden (Davis und Wachter
2011). Eine neue Arbeitsstelle zu finden, ist schwierig. Einen neuen Arbeitsplatz
mit der gleichen Verantwortung, Bezahlung und den gleichen Karrierechancen
wie zuvor zu finden, ist noch schwieriger. Angesichts der Tatsache, dass in dieser
Rezession viel mehr Frauen als Männer Arbeitsplätze verloren haben, werden die
damit einhergehenden Einkommensverluste das Durchschnittseinkommen von
Frauen stärker drücken, als es für das Durchschnittseinkommen von Männern zu
erwarten ist. Dies wird das geschlechtsspezifische Lohngefälle mittelfristig erhö-
hen. Auch ist bekannt, dass man in Teilzeitjobs kaum Karriere machen kann. Frau-
en, die während der Krise ihre Stunden reduziert haben, haben dadurch oft auch
Aufstiegschancen verpasst, was sich natürlich im Einkommen auch Jahre später
noch widerspiegeln wird.
Langfristig gibt es aber durchaus auch Grund zur Hoffnung. Die Pandemie
war ein großer Schock, der Familien und Arbeitgeber gezwungen hat, plötzlich al-
les anders zu machen. Kurzfristige Änderungen haben oft langfristige Auswirkun-
gen. Zwei Mechanismen sind hier zu betonen. Zum einen hat die Pandemie das
Homeoffice gängig gemacht. Auch zwei Jahre nach Beginn der Pandemie arbeiten
viele Arbeitnehmer noch einen Teil ihrer Arbeitszeit von zu Hause aus. Studien
deuten daraufhin, dass dies auch so bleiben wird (Barrero et al 2021). In den meis-
ten Fällen geht das Arbeiten von zu Hause auch mit einer erhöhten Flexibilität der
Arbeitszeiten einher. Zudem fällt das Pendeln weg, was Zeit spart. Beides ist gut
für arbeitende Eltern, insbesondere für Mütter.
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