II. Wissenschaftliche Vorträge
in den Familien führt und die Väter mehr Zeit mit den Kindern verbringen, dann
haben Mütter künftig mehr Zeit und mentale Energie für ihre eigene Karriere.
Mit Hilfe eines quantitativen Modells haben wir versucht, diese Effekte für
die Vereinigten Staaten zu quantifizieren und eine Prognose zu entwickeln (Alon
et al. 2020b). Erste Ergebnisse deuten daraufhin, dass verheiratete Frauen bereits
fünf Jahre nach Beginn der Pandemie (relativ zu verheirateten Männern) mehr
Stunden als vor der Pandemie arbeiten werden. Diese Entwicklung wird sich da-
nach für einige Jahre weiter fortsetzen. Bis der Lohnunterschied wieder auf dem
Vor-Pandemie-Niveau liegt, könnte es allerdings sehr lange dauern, bis zu 20 Jah-
re. Danach wird sich das Lohngefälle allerdings weiter verringern.
Natürlich basieren solche Prognosen auf vielen Annahmen. Ob und inwie-
weit sich das Lohngefälle tatsächlich verringern wird, hängt unter anderem davon
ab, ob Telearbeit tatsächlich gängig bleibt und ob sich die sozialen Normen tat-
sächlich in Richtung mehr Gleichberechtigung in der Kinderbetreuung geändert
haben. Insbesondere in Deutschland gibt es erste Hinweise, dass es eine Änderung
sozialer Normen gegeben haben könnte, allerdings in die entgegengesetzte Rich-
tung. So stellen Danzer et al. (2021) fest, dass westdeutsche Männer während der
Pandemie ihre Einstellung zu arbeitenden Müttern geändert haben: Mittlerweile
stimmen deutlich weniger westdeutsche Männer der Aussage zu, dass es gut für
Kinder ist, wenn die Mutter arbeitet, als vor der Krise. Interessanterweise ist ein
solcher Meinungswechsel aber bei Frauen und auch bei ostdeutschen Männern
nicht festzustellen.
6. Caveat: Produktivität zu Hause?
Es gibt auch Grund zur Sorge. Denn Homeoffice kann für Frauen und Männer
Unterschiedliches bedeuten. Flexible Jobs erleichtern zwar grundsätzlich das Ver-
einbaren von Kindern und Karriere. Aber wenn Frauen verstärkt von zuhause ar-
beiten, um nebenbei die Kinder zu betreuen oder die Hausarbeit zu verrichten,
dann hat das Auswirkungen auf ihre Produktivität. Und wenn Männer das Home-
office anders nutzen und ihre Produktivität infolgedessen weniger abnimmt, dann
wird sich das unterschiedliche Verhalten auf das künftige Lohngefälle zwischen
Vätern und Müttern auswirken.
Aber stimmt es, dass Mütter zu Hause nicht so produktiv wie Väter arbeiten?
Grundsätzlich ist diese Frage schwer zu beantworten und beruht größtenteils ver-
mutlich auf einem Vorurteil. Aber während der Pandemie beobachten wir dieses
Verhalten tatsächlich. Im niederländischen LISS Panel (Longitudinal Internet stu-
dies for the Social Sciences) haben wir im April 2020 abgefragt, wie viele Stunden
von zu Hause gearbeitet wurden und ob dabei gleichzeitig Kinder betreut wurden.
Es zeigt sich, dass in dieser Zeit, in der alle Schulen geschlossen waren, Eltern wäh-
rend mehr als 60 Prozent ihrer Homeoffice-Zeit gleichzeitig die Kinder betreut
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in den Familien führt und die Väter mehr Zeit mit den Kindern verbringen, dann
haben Mütter künftig mehr Zeit und mentale Energie für ihre eigene Karriere.
Mit Hilfe eines quantitativen Modells haben wir versucht, diese Effekte für
die Vereinigten Staaten zu quantifizieren und eine Prognose zu entwickeln (Alon
et al. 2020b). Erste Ergebnisse deuten daraufhin, dass verheiratete Frauen bereits
fünf Jahre nach Beginn der Pandemie (relativ zu verheirateten Männern) mehr
Stunden als vor der Pandemie arbeiten werden. Diese Entwicklung wird sich da-
nach für einige Jahre weiter fortsetzen. Bis der Lohnunterschied wieder auf dem
Vor-Pandemie-Niveau liegt, könnte es allerdings sehr lange dauern, bis zu 20 Jah-
re. Danach wird sich das Lohngefälle allerdings weiter verringern.
Natürlich basieren solche Prognosen auf vielen Annahmen. Ob und inwie-
weit sich das Lohngefälle tatsächlich verringern wird, hängt unter anderem davon
ab, ob Telearbeit tatsächlich gängig bleibt und ob sich die sozialen Normen tat-
sächlich in Richtung mehr Gleichberechtigung in der Kinderbetreuung geändert
haben. Insbesondere in Deutschland gibt es erste Hinweise, dass es eine Änderung
sozialer Normen gegeben haben könnte, allerdings in die entgegengesetzte Rich-
tung. So stellen Danzer et al. (2021) fest, dass westdeutsche Männer während der
Pandemie ihre Einstellung zu arbeitenden Müttern geändert haben: Mittlerweile
stimmen deutlich weniger westdeutsche Männer der Aussage zu, dass es gut für
Kinder ist, wenn die Mutter arbeitet, als vor der Krise. Interessanterweise ist ein
solcher Meinungswechsel aber bei Frauen und auch bei ostdeutschen Männern
nicht festzustellen.
6. Caveat: Produktivität zu Hause?
Es gibt auch Grund zur Sorge. Denn Homeoffice kann für Frauen und Männer
Unterschiedliches bedeuten. Flexible Jobs erleichtern zwar grundsätzlich das Ver-
einbaren von Kindern und Karriere. Aber wenn Frauen verstärkt von zuhause ar-
beiten, um nebenbei die Kinder zu betreuen oder die Hausarbeit zu verrichten,
dann hat das Auswirkungen auf ihre Produktivität. Und wenn Männer das Home-
office anders nutzen und ihre Produktivität infolgedessen weniger abnimmt, dann
wird sich das unterschiedliche Verhalten auf das künftige Lohngefälle zwischen
Vätern und Müttern auswirken.
Aber stimmt es, dass Mütter zu Hause nicht so produktiv wie Väter arbeiten?
Grundsätzlich ist diese Frage schwer zu beantworten und beruht größtenteils ver-
mutlich auf einem Vorurteil. Aber während der Pandemie beobachten wir dieses
Verhalten tatsächlich. Im niederländischen LISS Panel (Longitudinal Internet stu-
dies for the Social Sciences) haben wir im April 2020 abgefragt, wie viele Stunden
von zu Hause gearbeitet wurden und ob dabei gleichzeitig Kinder betreut wurden.
Es zeigt sich, dass in dieser Zeit, in der alle Schulen geschlossen waren, Eltern wäh-
rend mehr als 60 Prozent ihrer Homeoffice-Zeit gleichzeitig die Kinder betreut
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