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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2022 — 2023

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C. Die Forschungsvorhaben
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II. Tätigkeitsberichte
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9. Klöster im Hochmittelalter
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https://doi.org/10.11588/diglit.67410#0302
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C. Die Forschungsvorhaben

samtoeuvres Anselms und in die Institutionalisierungsphase des Prämonstratenser-
ordens eingebettet werden soll. An den angeschafften Digitalisaten der insgesamt
13 spätmittelalterlichen Handschriften wurden erste Handschriftenanalysen be-
züglich Struktur, Textgliederung und Besonderheiten vorgenommen, um Abhän-
gigkeiten der einzelnen Handschriften herauszuarbeiten. Aufgrund des Fehlens
eines zeitgenössischen Textzeugen werden in der Edition auch die neuzeitlichen
Drucke berücksichtigt. Eine kritische Edition des Anticimenon existiert bisher nicht.
In der Heidelberger Forschungsstelle soll diese Schrift daher neu ediert, übersetzt
und kommentiert werden. Dabei stehen vor allem die Untersuchung der Hand-
schriftenüberlieferung sowie die Quellen Anselms im Mittelpunkt.
Erste Forschungsergebnisse zu Anselm von Havelberg und der Institutio-
nalisierungsphase des Prämonstratenserordens wurden auf Fachtagungen einer
breiten Öffentlichkeit vorgestellt. Des Weiteren werden Lehrveranstaltungen aus
diesem Projektbereich entwickelt und am Historischen Seminar der Universität
Heidelberg durchgeführt.
Projektteil A2: Forschungen zum 12. Jahrhundert
Ebenfalls mit Anselm von Havelberg befasst sich Jonas Narchi, der eine kritische
Edition, Übersetzung und Kommentierung von dessen Epistola apologetica aus dem
Zeitraum zwischen 1138 und 1146 vornimmt. In diesem polemischen Brieftrak-
tat unternimmt Anselm den Versuch einer Rechtfertigung der weltzugewandten
Lebensweise der Regularkanoniker angesichts von Kritik aus den Reihen der eher
weltabgewandten und kontemplativ ausgerichteten Mönche. Noch pointierter als
die zeitgenössischen Reichersberger Vertreter der regularkanonikalen Lebensweise
arbeitet Anselm dabei philosophisch-theologisch das spezifische Charisma des ordo
canonicus heraus und betont das Ideal einer Kombination von kontemplativem Ge-
betsleben und aktivem Nächstendienst.
Die Epistola apologetica ist in sieben Handschriften überliefert, von denen nur
eine einzige (und überdies recht späte) Handschrift für die Erstedition in der Pat-
rologia Latina zurate gezogen wurde. Eine kritische Edition dieses Briefs kann dazu
beitragen, das neue Selbstverständnis verschiedener religiös-sozialer Lebensformen
im 12. Jahrhundert besser nachzeichnen und die entsprechenden Diskurszusam-
menhänge detaillierter rekonstruieren zu können. Jonas Narchi legte zu diesem
Zweck zunächst eine Arbeitsübersetzung der Epistola apologetica an und identifizier-
te sodann durch paläographische Analysen den frühesten vollständig erhaltenen
Textzeugen aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts (London, British Library,
Add MS 10094) als Leithandschrift für die kritische Edition des Textes. Durch die
Handschriftenrecherche vor Ort gelang es dabei auch, diese Handschrift eindeutig
einem Skriptorium zuzuordnen und sogar durch Inhaltsvermerke späterer Schrei-
ber einen weiteren Codex aus demselben Stift zu identifizieren, in dem sich der

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