II. Wissenschaftliche Vorträge
Der kommunikative Vorteil der leiblich organisierten Aufmerksamkeitslenkung
(Bsp. 1) und Rederechtszuweisung (Bsp. 2) liegt auf der Hand; die Koordination er-
folgt, ohne den Gesprächsfluss zu unterbrechen (Dressel 20204).
3. Positionierung
Neben der Koordination kann der leibliche Ausdruck konstitutiv für die Sinnher-
stellung in der Interaktion sein. Anlässlich der Wahl von D. Trump als Präsident der
Vereinigten Staaten im Jahr 2016 formuliert der damalige französische Staatsprä-
sident F. Hollande ein Grußwort. Er berichtet zunächst, dass das amerikanische
Volk Trump gewählt habe (Abb. 3a), hält inne, blickt sehr ernst, presst die Lippen
aufeinander und schüttelt sehr langsam den Kopf (Abb. 3b). Er fährt dann mit
ernstem Gesichtsausdruck fort, dass er, wie es selbstverständlich sei, dem demo-
kratisch gewählten Amtskollegen gratuliere (Abb. 3c), um abermals innezuhalten
und den Blick mit besorgtem Gesichtsausdruck zu senken (Abb. 3d).
Während der verbale Ausdruck also dem Ritual angemessen neutral bleibt,
leistet Hollande sehr deutlich eine evaluative Positionierung im leiblichen Aus-
druck. Dadurch meistert er die doppelte Herausforderung, einem demokratisch
gewählten Präsidenten angemessen zu gratulieren und doch seine Sorge um die
Demokratie angesichts dieser Wahl zum Ausdruck zu bringen. Die französischen
Tageszeitungen berichten am Folgetag in genau diesem Sinne.
Die Analyse der zeitlichen Abfolge von verbalem und leiblichem Ausdruck5 in
diesem Beispiel zeigt, dass die delikaten Positionierungen dem verbalen Ausdruck
4 Dressel, Dennis (2020): Multimodal word searches in collaborative storytelling: On the local
mobilization and negotiation of coparticipation, Journal of Pragmatics, vol. 170, 37-54.
5 Deppermann, Arnulf & Streeck, Jürgen (eds., 2018): The body in interaction. Its multiple
modalities and temporalities. Amsterdam: Benjamins.
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Der kommunikative Vorteil der leiblich organisierten Aufmerksamkeitslenkung
(Bsp. 1) und Rederechtszuweisung (Bsp. 2) liegt auf der Hand; die Koordination er-
folgt, ohne den Gesprächsfluss zu unterbrechen (Dressel 20204).
3. Positionierung
Neben der Koordination kann der leibliche Ausdruck konstitutiv für die Sinnher-
stellung in der Interaktion sein. Anlässlich der Wahl von D. Trump als Präsident der
Vereinigten Staaten im Jahr 2016 formuliert der damalige französische Staatsprä-
sident F. Hollande ein Grußwort. Er berichtet zunächst, dass das amerikanische
Volk Trump gewählt habe (Abb. 3a), hält inne, blickt sehr ernst, presst die Lippen
aufeinander und schüttelt sehr langsam den Kopf (Abb. 3b). Er fährt dann mit
ernstem Gesichtsausdruck fort, dass er, wie es selbstverständlich sei, dem demo-
kratisch gewählten Amtskollegen gratuliere (Abb. 3c), um abermals innezuhalten
und den Blick mit besorgtem Gesichtsausdruck zu senken (Abb. 3d).
Während der verbale Ausdruck also dem Ritual angemessen neutral bleibt,
leistet Hollande sehr deutlich eine evaluative Positionierung im leiblichen Aus-
druck. Dadurch meistert er die doppelte Herausforderung, einem demokratisch
gewählten Präsidenten angemessen zu gratulieren und doch seine Sorge um die
Demokratie angesichts dieser Wahl zum Ausdruck zu bringen. Die französischen
Tageszeitungen berichten am Folgetag in genau diesem Sinne.
Die Analyse der zeitlichen Abfolge von verbalem und leiblichem Ausdruck5 in
diesem Beispiel zeigt, dass die delikaten Positionierungen dem verbalen Ausdruck
4 Dressel, Dennis (2020): Multimodal word searches in collaborative storytelling: On the local
mobilization and negotiation of coparticipation, Journal of Pragmatics, vol. 170, 37-54.
5 Deppermann, Arnulf & Streeck, Jürgen (eds., 2018): The body in interaction. Its multiple
modalities and temporalities. Amsterdam: Benjamins.
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