Michele Tertilt
Eine interessante Frage ist außerdem, ob die Effekte in Entwicklungsländern
ähnlich sind. Man könnte zum Beispiel denken, dass Schulschließungen für das
Arbeitsangebot von Eltern in Entwicklungsländern weniger relevant sind, weil sie
entweder sowieso von zu Hause arbeiten (zum Beispiel in der Landwirtschaft)
oder weil ihre Kinder die Schule gleich ganz aufgeben und somit keine Hilfe der
Eltern beim virtuellen Schulunterricht benötigen. In einer gemeinsamen Studie
mit Titan Alon, Matthias Doepke und Kristina Manyshcva (Alon et al. 2022b) habe
ich Daten aus Nigeria untersucht und erste Antworten auf diese Frage gefunden.
In Nigeria ist die Erwerbstätigkeit von Frauen im September 2020 um neun Pro-
zentpunkte gefallen, die Erwerbstätigkeit von Männern hingegen nur um sechs.
Die Reduzierung ist besonders ausgeprägt bei Müttern von schulpflichtigen Kin-
dern. Mit anderen Worten, während der Schulschließungen waren Frauen in Ni-
geria ähnlich betroffen wie beispielsweise in den Vereinigten Staaten.
Das Bild ändert sich allerdings, wenn man sich Daten von 2021 anschaut,
als die Schulen in Nigeria wieder offen waren. Hier finden wir sogar einen An-
stieg der Erwerbstätigkeit von Frauen, sowohl relativ zu Männern als auch relativ
zum Jahr 2018. Eine mögliche Erklärung sind Einkommenseffekte. Anders als in
wohlhabenden Ländern existiert in Nigeria weder ein ausgedehntes soziales Si-
cherungsnetz noch gab es großzügige staatliche Corona-Hilfen. Die Frauen ha-
ben ihr Arbeitsangebot daher möglicherweise nach Ende der Schulschließungen
ausgeweitet, um die finanziellen Einbußen aus dem Jahr 2020 auszugleichen. Es
bleibt zu sehen, wie sich die Situation weiter entwickelt und ob auch andere Ent-
wicklungsländer Ähnliches erleben.
Literatur
Adams-Prassl, A., T. Boneva, M. Golin und C. Rauh (2020), Inequality in the impact of
the Coronavirus shock: Evidence from real time surveys, Journal of Public Economics 189:
104245.
Adams-Prassl, A., T. Boneva, M. Golin und C. Rauh (2022), The impact of the Coronavirus
lockdown on mental health: Evidence from the US, Economic Policy eiac002.
Agostinelli, E, M. Doepke, G. Sorrenti und F. Zilibotti (2020), When the great equalizer
shuts down: Schools, peers, and parents in pandemic times, NBER Working Paper 28264.
Aguiar, M., M. Bils, K. K. Charles und E. Hurst (2020), Leisure luxuries and the labor sup-
ply ofyoung men,Journal of Political Economy 129(2), S. 337-82.
Albanesi, S. (2020), Changing business cycles: The role ofwomen’s employment, NBER
Working Paper 25655.
Albanesi, S. und S. Aysegül (2018), The gender unemployment gap, The Review of Economic
Dynamics 30, S. 47-67.
Alon, T, S. Coskun, M. Doepke, D. Koll und M. Tertilt (2022a), From mancession to she-
cession: Women’s employment in regulär and pandemic recessions, 36th NBER Macroeco-
nomics Annual, University of Chicago Press, im Erscheinen.
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Eine interessante Frage ist außerdem, ob die Effekte in Entwicklungsländern
ähnlich sind. Man könnte zum Beispiel denken, dass Schulschließungen für das
Arbeitsangebot von Eltern in Entwicklungsländern weniger relevant sind, weil sie
entweder sowieso von zu Hause arbeiten (zum Beispiel in der Landwirtschaft)
oder weil ihre Kinder die Schule gleich ganz aufgeben und somit keine Hilfe der
Eltern beim virtuellen Schulunterricht benötigen. In einer gemeinsamen Studie
mit Titan Alon, Matthias Doepke und Kristina Manyshcva (Alon et al. 2022b) habe
ich Daten aus Nigeria untersucht und erste Antworten auf diese Frage gefunden.
In Nigeria ist die Erwerbstätigkeit von Frauen im September 2020 um neun Pro-
zentpunkte gefallen, die Erwerbstätigkeit von Männern hingegen nur um sechs.
Die Reduzierung ist besonders ausgeprägt bei Müttern von schulpflichtigen Kin-
dern. Mit anderen Worten, während der Schulschließungen waren Frauen in Ni-
geria ähnlich betroffen wie beispielsweise in den Vereinigten Staaten.
Das Bild ändert sich allerdings, wenn man sich Daten von 2021 anschaut,
als die Schulen in Nigeria wieder offen waren. Hier finden wir sogar einen An-
stieg der Erwerbstätigkeit von Frauen, sowohl relativ zu Männern als auch relativ
zum Jahr 2018. Eine mögliche Erklärung sind Einkommenseffekte. Anders als in
wohlhabenden Ländern existiert in Nigeria weder ein ausgedehntes soziales Si-
cherungsnetz noch gab es großzügige staatliche Corona-Hilfen. Die Frauen ha-
ben ihr Arbeitsangebot daher möglicherweise nach Ende der Schulschließungen
ausgeweitet, um die finanziellen Einbußen aus dem Jahr 2020 auszugleichen. Es
bleibt zu sehen, wie sich die Situation weiter entwickelt und ob auch andere Ent-
wicklungsländer Ähnliches erleben.
Literatur
Adams-Prassl, A., T. Boneva, M. Golin und C. Rauh (2020), Inequality in the impact of
the Coronavirus shock: Evidence from real time surveys, Journal of Public Economics 189:
104245.
Adams-Prassl, A., T. Boneva, M. Golin und C. Rauh (2022), The impact of the Coronavirus
lockdown on mental health: Evidence from the US, Economic Policy eiac002.
Agostinelli, E, M. Doepke, G. Sorrenti und F. Zilibotti (2020), When the great equalizer
shuts down: Schools, peers, and parents in pandemic times, NBER Working Paper 28264.
Aguiar, M., M. Bils, K. K. Charles und E. Hurst (2020), Leisure luxuries and the labor sup-
ply ofyoung men,Journal of Political Economy 129(2), S. 337-82.
Albanesi, S. (2020), Changing business cycles: The role ofwomen’s employment, NBER
Working Paper 25655.
Albanesi, S. und S. Aysegül (2018), The gender unemployment gap, The Review of Economic
Dynamics 30, S. 47-67.
Alon, T, S. Coskun, M. Doepke, D. Koll und M. Tertilt (2022a), From mancession to she-
cession: Women’s employment in regulär and pandemic recessions, 36th NBER Macroeco-
nomics Annual, University of Chicago Press, im Erscheinen.
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