III. Veranstaltungen
dem Zweiten Weltkrieg und hob hierbei das besondere Engagement Gustav Rad-
bruchs hervor.
Der Präsident der Heidelberger Akademie der Wissenschaften Bernd Schneid-
müller würdigte in seinem Grußwort die Arbeit der Forschungsstelle. Hier hätten
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler über Jahrzehnte Immenses geleistet. Es
sei zwar ungewöhnlich, bei einem Forschungsvorhaben im Akademien-Programm
ein 125. Jubiläum zu feiern; heute seien die Forschungsvorhaben üblicherweise
auf etwa 15 bis 25 Jahre angelegt. Das, was die Forschungsstelle vorzuweisen habe
(inzwischen sind über 100.000 Wortartikel verteilt auf 14 stattliche Bände fertig-
gestellt), sei aber eine Feierstunde wert. Mittlerweile sei das „T“ erreicht und das
Projekt mithin auf der Zielgeraden. Das Rechtswörterbuch sei nicht nur Spiegel
von Gelehrsamkeit, sondern biete auch die Möglichkeit für produktive Überra-
schungen, wie sich bei einem Blick in die neueste Eieferung (Bd. 14, 5-6 „Subjekt“
bis „Taufzeuge“) zeige: Neben grundlegenden Artikeln wie Täter, Tätlichkeit oder
Taufe fänden sich darin auch viele Wörter, welche neugierig machten und die Eust
zum Weiterlesen weckten, beispielsweise Sülzrekognition, Suppenfresser, Tanz-
geld, Tarnakmeister oder Taubenmist.
Den Worten des Akademiepräsidenten folgte eine Grußbotschaft des Präsi-
denten des Bundesverfassungsgerichts der Bundesrepublik Deutschland Stephan
Harbarth, der den Gedanken der Anschaulichkeit und des Bilderreichtums der his-
torischen Rechtssprache aufgriff. In seinem Aufsatz „Von der Poesie im Recht“
(1816) habe Jacob Grimm dieses Phänomen anschaulich beschrieben: Bei vielen
Wörtern sei die Bedeutung „mit einem reinen Bild erfasst und ausgedrückt“ wor-
den, wodurch das Ferne, Vorgegebene und letztlich Unantastbare des Rechts auf
wunderbare Weise fassbar geworden sei. Harbarth erinnerte daran, dass Richard
Schröder, der sich als erster Eeiter des DRW ab 1897 an die systematisierende
Sammlung dieser sprachlichen „Wunder“ gemacht hat, als junger Mann Assistent
von Jacob Grimm war. Und, so der Bundesverfassungsgerichtspräsident wört-
lich:
„Heute, zum 125-jährigen Jubiläum des Deutschen Rechtswörterbuchs, ist
die Arbeit noch nicht vollendet und dennoch - oder vielleicht gerade deswegen?
- blicken wir auf das Wunder, das das Deutsche Rechtswörterbuch selbst ist. Wer
im Jahr 2022 einen der mittlerweile 14 Bände von A wie ,Aachenfahrt‘ bis S wie
, Subhypothek4 aufschlägt, mag ob der Eebendigkeit so manch längst vergessenen
Rechtsworts und angesichts der oftmals kalten Technizität der heutigen Rechts-
sprache selbst einen Anflug Grimmscher Wehmut verspüren. Vor allem aber
überwiegen Freude, Staunen und Erkenntnis: die Freude über die sprechende Far-
bigkeit so manchen Begriffs (so etwa der ,Gammeltag4 als Tag ohne Arbeit und oh-
ne kirchliche Feier), das Staunen über die zuweilen überbordende Exzerpierarbeit
(so beim ,Kantor4, dessen Artikel nahezu monographische Dimensionen erreicht)
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dem Zweiten Weltkrieg und hob hierbei das besondere Engagement Gustav Rad-
bruchs hervor.
Der Präsident der Heidelberger Akademie der Wissenschaften Bernd Schneid-
müller würdigte in seinem Grußwort die Arbeit der Forschungsstelle. Hier hätten
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler über Jahrzehnte Immenses geleistet. Es
sei zwar ungewöhnlich, bei einem Forschungsvorhaben im Akademien-Programm
ein 125. Jubiläum zu feiern; heute seien die Forschungsvorhaben üblicherweise
auf etwa 15 bis 25 Jahre angelegt. Das, was die Forschungsstelle vorzuweisen habe
(inzwischen sind über 100.000 Wortartikel verteilt auf 14 stattliche Bände fertig-
gestellt), sei aber eine Feierstunde wert. Mittlerweile sei das „T“ erreicht und das
Projekt mithin auf der Zielgeraden. Das Rechtswörterbuch sei nicht nur Spiegel
von Gelehrsamkeit, sondern biete auch die Möglichkeit für produktive Überra-
schungen, wie sich bei einem Blick in die neueste Eieferung (Bd. 14, 5-6 „Subjekt“
bis „Taufzeuge“) zeige: Neben grundlegenden Artikeln wie Täter, Tätlichkeit oder
Taufe fänden sich darin auch viele Wörter, welche neugierig machten und die Eust
zum Weiterlesen weckten, beispielsweise Sülzrekognition, Suppenfresser, Tanz-
geld, Tarnakmeister oder Taubenmist.
Den Worten des Akademiepräsidenten folgte eine Grußbotschaft des Präsi-
denten des Bundesverfassungsgerichts der Bundesrepublik Deutschland Stephan
Harbarth, der den Gedanken der Anschaulichkeit und des Bilderreichtums der his-
torischen Rechtssprache aufgriff. In seinem Aufsatz „Von der Poesie im Recht“
(1816) habe Jacob Grimm dieses Phänomen anschaulich beschrieben: Bei vielen
Wörtern sei die Bedeutung „mit einem reinen Bild erfasst und ausgedrückt“ wor-
den, wodurch das Ferne, Vorgegebene und letztlich Unantastbare des Rechts auf
wunderbare Weise fassbar geworden sei. Harbarth erinnerte daran, dass Richard
Schröder, der sich als erster Eeiter des DRW ab 1897 an die systematisierende
Sammlung dieser sprachlichen „Wunder“ gemacht hat, als junger Mann Assistent
von Jacob Grimm war. Und, so der Bundesverfassungsgerichtspräsident wört-
lich:
„Heute, zum 125-jährigen Jubiläum des Deutschen Rechtswörterbuchs, ist
die Arbeit noch nicht vollendet und dennoch - oder vielleicht gerade deswegen?
- blicken wir auf das Wunder, das das Deutsche Rechtswörterbuch selbst ist. Wer
im Jahr 2022 einen der mittlerweile 14 Bände von A wie ,Aachenfahrt‘ bis S wie
, Subhypothek4 aufschlägt, mag ob der Eebendigkeit so manch längst vergessenen
Rechtsworts und angesichts der oftmals kalten Technizität der heutigen Rechts-
sprache selbst einen Anflug Grimmscher Wehmut verspüren. Vor allem aber
überwiegen Freude, Staunen und Erkenntnis: die Freude über die sprechende Far-
bigkeit so manchen Begriffs (so etwa der ,Gammeltag4 als Tag ohne Arbeit und oh-
ne kirchliche Feier), das Staunen über die zuweilen überbordende Exzerpierarbeit
(so beim ,Kantor4, dessen Artikel nahezu monographische Dimensionen erreicht)
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