B. Die Mitglieder
sie praktisch-musikalisch unterwegs war - den angesprochenen Musikunterricht
ganz und gar nicht schätzte - und heute eine konzertierende Spezialistin für die
Musik der Renaissance ist, trägt glänzend zu unserer gemeinsamen Arbeitsenergie
und Freude bei. Allerdings zeichnet sich nicht ab, dass unsere Zwillinge, die in-
zwischen studieren, den wissenschaftlichen oder musikalischen Weg einschlagen.
Aber das Vertrauen ist groß, dass auch sie alles richtig machen werden.
So wie auch ich es tat - jedenfalls im beschönigenden Rückblick. 1983 nahm
ich das Studium der Klassischen Archäologie mit den Nebenfächern Alte Ge-
schichte und Vor- und Frühgeschichte in Bonn auf. Bonn war schön, nicht zu weit
entfernt vom Studienort meiner späteren Ehefrau, und ich wurde von den Kom-
militoninnen und Kommilitonen schon beim Orientierungsbesuch bestens aufge-
nommen. Der Ruf des Instituts schien gut zu sein, doch war es so zunächst eher
ein Zufall, dass Nikolaus Himmelmann zu meinem Lehrer wurde. Er vertrat eine
Klassische Archäologie, die die Form- und Bildanalyse unter eher kunsthistorischer
Methodik ins Zentrum stellte, wenn auch nie vorrangig unter G/tzstgeschichtlicher
Fragestellung. Studienortwechsel innerhalb Deutschlands sind heute zu selten;
sie waren in unserem Fach damals die Regel, und so suchte ich mit der LMU in
München für zwei Semester 1986/7 die Universität auf, an der Paul Zänker eine
sozialgeschichtlich ausgerichtete Klassische Archäologie vertrat. Zurück in Bonn,
verband mein Dissertationsthema beides: die Bild- und Formgeschichte der Port-
räts der Epikureer, Stoiker, Kyniker und anderer Philosophen im Hellenismus als
Grundlage für die Analyse der Selbst- und Fremddarstellung einer als Außensei-
ter angesehenen sozialen Gruppe. Skulptur- und Porträtforschung waren damit
meine Arbeitsfelder. Die Dissertation wurde 1992 mit dem Reisestipendium des
Deutschen Archäologischen Instituts ausgezeichnet: ein Privileg und eine groß-
artige Chance. Ein Jahr lang hielt ich mich in Ländern auf, die für die Klassische
Archäologie wissenschaftlich interessant sind, in einer damals noch möglichen un-
unterbrochenen Rundreise im VW-Bus um das Mittelmeer von Frankreich über
Spanien, Nordafrika, Ägypten, Jordanien und Syrien, die Türkei, Griechenland
und Italien. Der Ertrag ist kaum zu ermessen: für die Kenntnis der Gegenstände
und Stätten des Fachs und um die Diversität und Komplexität von Kulturen der
Vergangenheit, vor allem aber auch der Gegenwart, in denen man sich als Klas-
sischer Archäologe ständig bewegt. Jens-Arne Dickmann erhielt das Stipendium
zugleich, wir reisten fast ein Jahr zusammen, eine Gelehrtengemeinschaft en minia-
ture, die täglich zusammen beobachtete und diskutierte wie später kaum wieder.
Das Glück ließ mich nicht los, denn kurz nach der Rückkehr nach Deutsch-
land holte mich Paul Zänker 1994 als Assistent nach München. Die folgenden
elf Jahre verbrachte ich dort, zunächst am Archäologischen Institut der LMU an
der damaligen Meiserstraße 10, d. h. auch täglich im ehemaligen Verwaltungsbau
der NSDAP. Dessen blockige Architektur und schwere Eingangstüre riefen jeden
Morgen das Bewusstsein dafür auf, wie totalitär Architektur sein kann. Ich konnte
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sie praktisch-musikalisch unterwegs war - den angesprochenen Musikunterricht
ganz und gar nicht schätzte - und heute eine konzertierende Spezialistin für die
Musik der Renaissance ist, trägt glänzend zu unserer gemeinsamen Arbeitsenergie
und Freude bei. Allerdings zeichnet sich nicht ab, dass unsere Zwillinge, die in-
zwischen studieren, den wissenschaftlichen oder musikalischen Weg einschlagen.
Aber das Vertrauen ist groß, dass auch sie alles richtig machen werden.
So wie auch ich es tat - jedenfalls im beschönigenden Rückblick. 1983 nahm
ich das Studium der Klassischen Archäologie mit den Nebenfächern Alte Ge-
schichte und Vor- und Frühgeschichte in Bonn auf. Bonn war schön, nicht zu weit
entfernt vom Studienort meiner späteren Ehefrau, und ich wurde von den Kom-
militoninnen und Kommilitonen schon beim Orientierungsbesuch bestens aufge-
nommen. Der Ruf des Instituts schien gut zu sein, doch war es so zunächst eher
ein Zufall, dass Nikolaus Himmelmann zu meinem Lehrer wurde. Er vertrat eine
Klassische Archäologie, die die Form- und Bildanalyse unter eher kunsthistorischer
Methodik ins Zentrum stellte, wenn auch nie vorrangig unter G/tzstgeschichtlicher
Fragestellung. Studienortwechsel innerhalb Deutschlands sind heute zu selten;
sie waren in unserem Fach damals die Regel, und so suchte ich mit der LMU in
München für zwei Semester 1986/7 die Universität auf, an der Paul Zänker eine
sozialgeschichtlich ausgerichtete Klassische Archäologie vertrat. Zurück in Bonn,
verband mein Dissertationsthema beides: die Bild- und Formgeschichte der Port-
räts der Epikureer, Stoiker, Kyniker und anderer Philosophen im Hellenismus als
Grundlage für die Analyse der Selbst- und Fremddarstellung einer als Außensei-
ter angesehenen sozialen Gruppe. Skulptur- und Porträtforschung waren damit
meine Arbeitsfelder. Die Dissertation wurde 1992 mit dem Reisestipendium des
Deutschen Archäologischen Instituts ausgezeichnet: ein Privileg und eine groß-
artige Chance. Ein Jahr lang hielt ich mich in Ländern auf, die für die Klassische
Archäologie wissenschaftlich interessant sind, in einer damals noch möglichen un-
unterbrochenen Rundreise im VW-Bus um das Mittelmeer von Frankreich über
Spanien, Nordafrika, Ägypten, Jordanien und Syrien, die Türkei, Griechenland
und Italien. Der Ertrag ist kaum zu ermessen: für die Kenntnis der Gegenstände
und Stätten des Fachs und um die Diversität und Komplexität von Kulturen der
Vergangenheit, vor allem aber auch der Gegenwart, in denen man sich als Klas-
sischer Archäologe ständig bewegt. Jens-Arne Dickmann erhielt das Stipendium
zugleich, wir reisten fast ein Jahr zusammen, eine Gelehrtengemeinschaft en minia-
ture, die täglich zusammen beobachtete und diskutierte wie später kaum wieder.
Das Glück ließ mich nicht los, denn kurz nach der Rückkehr nach Deutsch-
land holte mich Paul Zänker 1994 als Assistent nach München. Die folgenden
elf Jahre verbrachte ich dort, zunächst am Archäologischen Institut der LMU an
der damaligen Meiserstraße 10, d. h. auch täglich im ehemaligen Verwaltungsbau
der NSDAP. Dessen blockige Architektur und schwere Eingangstüre riefen jeden
Morgen das Bewusstsein dafür auf, wie totalitär Architektur sein kann. Ich konnte
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