B. Die Mitglieder
und lernten für die Klausuren, oft bis spät in die Nacht. Ich fühlte mich oft über-
fordert und schloss trotzdem - zu meiner Überraschung - als eine der besten ab.
In Purdue bleiben wollte ich dann aber trotzdem nicht, noch war ich mir der wis-
senschaftlichen Karriere nicht sicher. Ich ging zurück nach Deutschland, um erst
einmal mein Diplom abzuschließen.
Dann zog es mich aber doch schnell wieder zurück in die USA. Meine Dip-
lomarbeit schrieb ich in nur drei Monaten, ich hatte nur eins im Kopf: pünktlich
fertig zu werden zum Beginn des Doktorandenprogramms in Minnesota. Nun
lebte ich also bereits zum dritten Mal im Leben im mittleren Westen der USA.
Sechs Jahre verbrachte ich in Minnesota. Diese Zeit hat mich sehr geprägt. In
Minnesota gab es damals quasi nur Makroökonomen, was aber keinesfalls heißt,
dass alle das Gleiche machten. Im Gegenteil, es wurden die unterschiedlichsten
Themen bearbeitet: Wie entstehen Wirtschaftskrisen? Was ist der Motor von lang-
fristigem Wachstum? Warum sind manche Länder reich und andere arm? Was da-
bei alle einte, war ihr Handwerkszeug, nämlich das der modernen quantitativen
Makroökonomik. Es war eine intensive Zeit. Ich bekam schnell einen Schreibtisch
an der Minnesota Federal Reserve Bank, dort haben wir tagtäglich - bis spät in die
Nacht und oft bei eisigen Temperaturen draußen - über Forschung und die Wirt-
schaft ganz allgemein diskutiert. Dabei lernte ich viel von meinem Doktorvater
Larry Jones. Er hat mich vor allem durch sein stetes Nachfragen vorangebracht.
Ohne seinen unbeirrten Glauben an mich, wäre ich nicht die Forscherin, die ich
heute bin. Aber auch die Gespräche mit Tim Kehoe, Ellen McGratten, V V Cha-
ri, Michele Boldrin und dem späteren Nobelpreisträger Ed Prescott haben mich
geprägt. Sehr viele habe ich auch von meinen Kommilitonen gelernt. Fast alle, die
mit mir angefangen haben, sind nun Professoren auf der ganzen Welt - in Kanada,
in Mexiko, in der Schweiz, in England und natürlich den USA. Mit Igor Livshits
und Jim MacGee arbeite ich noch heute zusammen. In Minnesota gab es keine
Hierarchien. Zum Beispiel aßen wir alle zusammen Mittag an einem langen Tisch
in der Cafeteria. Wer etwas Interessantes zu sagen hatte, sagte es. Und doch hatten
wir alle Angst, unsere eigene Forschung vorzutragen, man wurde teils so auseinan-
dergenommen, dass einem die Tränen kamen. Ohne Zweifel war es aber ein gutes
Training für später, ganz nach dem Motto „Was nicht tötet, härtet ab“.
Meine Doktorarbeit schrieb ich über die ökonomischen Auswirkungen von
Polygamie. Ich erforschte, inwieweit sich die Vielehe, die in Teilen von Afrika noch
praktiziert wird, negativ auf das Wirtschaftswachstum auswirkt. Wenn Polygamie
erlaubt ist, erhöht sich die Nachfrage nach Frauen und der Preis steigt. Das macht
Frauen zu einer profitablen Investition: Für jede gekaufte Frau kann man später
mehrere Töchter verkaufen. Wenn Männer dann aber nur noch in Frauen und
nicht in Kapital investieren, dann fehlt es an Maschinen, Traktoren und Dünger
und folglich ist der wirtschaftliche Output gering. Noch nie hatte jemand die-
sen Zusammenhang dargelegt. Für einen Makroökonomen stellte es allerdings ein
202
und lernten für die Klausuren, oft bis spät in die Nacht. Ich fühlte mich oft über-
fordert und schloss trotzdem - zu meiner Überraschung - als eine der besten ab.
In Purdue bleiben wollte ich dann aber trotzdem nicht, noch war ich mir der wis-
senschaftlichen Karriere nicht sicher. Ich ging zurück nach Deutschland, um erst
einmal mein Diplom abzuschließen.
Dann zog es mich aber doch schnell wieder zurück in die USA. Meine Dip-
lomarbeit schrieb ich in nur drei Monaten, ich hatte nur eins im Kopf: pünktlich
fertig zu werden zum Beginn des Doktorandenprogramms in Minnesota. Nun
lebte ich also bereits zum dritten Mal im Leben im mittleren Westen der USA.
Sechs Jahre verbrachte ich in Minnesota. Diese Zeit hat mich sehr geprägt. In
Minnesota gab es damals quasi nur Makroökonomen, was aber keinesfalls heißt,
dass alle das Gleiche machten. Im Gegenteil, es wurden die unterschiedlichsten
Themen bearbeitet: Wie entstehen Wirtschaftskrisen? Was ist der Motor von lang-
fristigem Wachstum? Warum sind manche Länder reich und andere arm? Was da-
bei alle einte, war ihr Handwerkszeug, nämlich das der modernen quantitativen
Makroökonomik. Es war eine intensive Zeit. Ich bekam schnell einen Schreibtisch
an der Minnesota Federal Reserve Bank, dort haben wir tagtäglich - bis spät in die
Nacht und oft bei eisigen Temperaturen draußen - über Forschung und die Wirt-
schaft ganz allgemein diskutiert. Dabei lernte ich viel von meinem Doktorvater
Larry Jones. Er hat mich vor allem durch sein stetes Nachfragen vorangebracht.
Ohne seinen unbeirrten Glauben an mich, wäre ich nicht die Forscherin, die ich
heute bin. Aber auch die Gespräche mit Tim Kehoe, Ellen McGratten, V V Cha-
ri, Michele Boldrin und dem späteren Nobelpreisträger Ed Prescott haben mich
geprägt. Sehr viele habe ich auch von meinen Kommilitonen gelernt. Fast alle, die
mit mir angefangen haben, sind nun Professoren auf der ganzen Welt - in Kanada,
in Mexiko, in der Schweiz, in England und natürlich den USA. Mit Igor Livshits
und Jim MacGee arbeite ich noch heute zusammen. In Minnesota gab es keine
Hierarchien. Zum Beispiel aßen wir alle zusammen Mittag an einem langen Tisch
in der Cafeteria. Wer etwas Interessantes zu sagen hatte, sagte es. Und doch hatten
wir alle Angst, unsere eigene Forschung vorzutragen, man wurde teils so auseinan-
dergenommen, dass einem die Tränen kamen. Ohne Zweifel war es aber ein gutes
Training für später, ganz nach dem Motto „Was nicht tötet, härtet ab“.
Meine Doktorarbeit schrieb ich über die ökonomischen Auswirkungen von
Polygamie. Ich erforschte, inwieweit sich die Vielehe, die in Teilen von Afrika noch
praktiziert wird, negativ auf das Wirtschaftswachstum auswirkt. Wenn Polygamie
erlaubt ist, erhöht sich die Nachfrage nach Frauen und der Preis steigt. Das macht
Frauen zu einer profitablen Investition: Für jede gekaufte Frau kann man später
mehrere Töchter verkaufen. Wenn Männer dann aber nur noch in Frauen und
nicht in Kapital investieren, dann fehlt es an Maschinen, Traktoren und Dünger
und folglich ist der wirtschaftliche Output gering. Noch nie hatte jemand die-
sen Zusammenhang dargelegt. Für einen Makroökonomen stellte es allerdings ein
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