Metadaten

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2022 — 2023

DOI Kapitel:
B. Die Mitglieder
DOI Kapitel:
I. Antrittsreden
DOI Artikel:
Bauer, Jürgen M.: Antrittsrede vom 26. November 2022
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.67410#0207
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Antrittsrede von Jürgen Martin Bauer

dern oder auch zu Großbritannien ein geriatrisches Entwicklungsland. Dieser Um-
stand veranlasste die Robert Bosch Stiftung ein umfangreiches Förderprogramm
aufzulegen, welches die Entwicklung der akademischen Geriatrie in Deutschland
entscheidend fördern sollte. In diesem Rahmen erhielt ich ab 2005 ein zunächst
vierjähriges Stipendium, welches es mir ermöglichte, meine wissenschaftlichen
Projekte deutlich auszuweiten und mich an internationalen Netzwerken zu be-
teiligen. Im Mittelpunkt meiner Arbeit stand und steht dabei die Bedeutung der
Funktionalität für die Selbstversorgungskapazität und Lebensqualität des älteren
Menschen, wobei die zwei wesentlichsten Dimensionen der Funktionalität die
Kognition und die Bewegung darstellen. Ich entschied mich frühzeitig, mich auf
letztere zu fokussieren.
Bevor ich Ihnen einige Details meiner Forschungsarbeiten darlege, möchte
ich Ihnen noch kurz meinen akademischen Weg nach Heidelberg darlegen. Nach
sechs Jahren klinisch-wissenschaftlicher Tätigkeit an der Universität Erlangen-
Nürnberg ging ich 2010 nach Oldenburg, um dort zum einen den Aufbau der
Medizinischen Fakultät mitzugestalten und zum anderen, um neue geriatrische
Abteilungen an zwei Akutkliniken sowie an einem Rehabilitationszentrum aufzu-
bauen. Nach weiteren sechs Jahren erhielt ich 2016 den Ruf auf die erste W3-Pro-
fessur für Geriatrie an der Universität Heidelberg, welche von der Robert Bosch
Stiftung gefördert wurde und welche mittlerweile verstetigt ist. Ferner bin ich
seither Ärztlicher Direktor des Geriatrischen Zentrums am Universitätsklinikum
Heidelberg, dem Agaplesion Bethanien-Krankenhaus.
In einem jungen Fach wie der Geriatrie steht am Anfang der klinischen For-
schung oftmals die Notwendigkeit, relevante Begrifflichkeiten zu definieren. Mir
war es unter anderem möglich, einen Beitrag zur Definition und zu den Diagno-
sekriterien der Sarkopenie, des altersassoziierten Verlustes an Muskelmasse und
Muskelfunktion, zu leisten. Seit 2015 ist die Sarkopenie als eigenständige Erkran-
kung offiziell anerkannt. Dabei ist es zudem erfreulich, dass sich die Europäischen
Definitionskriterien als die international maßgeblichen durchsetzen konnten. Ein
internationaler Consensus bezüglich der Diagnosekritericn und der krankheitsre-
levanten Outcomes ist die Voraussetzung für die Entwicklung von Pharmaka zur
Behandlung einer Erkrankung, so auch der Sarkopenie. Aktuell bin ich an der Ent-
wicklung von Studienprotokollen zu frühen pharmakologischen Elumanstudien
beteiligt und ich hoffe auf erfolgreiche Ergebnisse größerer klinischer Studien zur
Behandlung der Sarkopenie in den nächsten Jahren.
Etablierte Therapieansätze zur Prävention und Behandlung der Sarkopenie
stellen gegenwärtig das körperliche Training und eine optimierte Proteinzufuhr
dar. Die Diskussion über die letztere durfte ich auch anhand von eigenen Studien
und der Mitarbeit an nationalen und internationalen Leitlinien in den letzten Jah-
ren wesentlich mitgestalten, sodass gegenwärtig von der Deutschen Gesellschaft
für Ernährung für Menschen über 70 Jahren eine erhöhte Eiweißzufuhr von 1,0

207
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften