B. Die Mitglieder
pflegehelfer in Schönbrunn bei Dachau unmittelbar erlebt. Es war diese erschüt-
ternde Erfahrung, so hat er es mir und anderen berichtet, die seinen Entschluss
begründete, Psychiater zu werden, um „nach dieser materiellen und moralischen
Katastrophe (...) zur Wiedergutmachung beizutragen1.“ Hierfür hat er zielstrebig
seit seinem Wechsel nach Heidelberg 1958 zwei Reformlinien vorangetrieben. Das
war einerseits der politische Prozess, welcher in dem Bericht der Enquetekommis-
sion 1975 gipfelte und der die Grundlage legte für die gemeindenahe Versorgung
psychisch Kranker, wie wir sie heute kennen. Das wesentliche Dokument hierzu
ist seine Denkschrift Dringliche Reformen in der psychiatrischen Krankenversorgung der
Bundesrepublik (mit von Baeyer und Kisker) von 1965, in der er bereits damals das
Idealbild der gemeindenahen Versorgung so beschrieben hat, wie wir es heute se-
hen und leben. Von 1971 bis 1975 war Häfner stellvertretender Vorsitzender der
Sachverständigenkommission Psychiatrie (Psychiatrie-Enquete) des Bundes und
initiierte das Programm zur Weiterentwicklung der psychiatrischen Versorgung in
Baden-W ürttemberg.
Die andere wesentliche Reformlinie war die Gründung des Zentralinstituts
für Seelische Gesundheit. Er wollte „ein nationales Forschungsinstitut auf(zu)
bauen, (...) um für die Psychiatrie eine verbesserte wissenschaftliche Grundlage
des ärztlichen Handelns zu schaffen.“ (ibid.) Bereits 1965 gründete er den För-
derverein des Zentralinstituts, der bis heute besteht. Im gleichen Jahre begründete
er die Abteilung für Sozialpsychiatrie und Rehabilitation an der Psychiatrischen
Klinik der Universität Heidelberg, in der viele der Ideen des ZI bereits erprobt
wurden. 1967 erhielt er den Ruf auf den Lehrstuhl für Psychiatrie der Fakultät
Mannheim der Universität Heidelberg. Nachdem er die Stadt Mannheim und vor
allem den damaligen Bürgermeister für Soziales und Gesundheit Dr. Hans Marti-
ni als Partner für Planung und Aufbau gewinnen konnte, gelang Schritt für Schritt,
auch dank der Finanzierung durch das Land Baden-Württemberg und die Stiftung
Völkswagenwerk, die Realisierung. 1975 konnte im Quadrat J 5 in Mannheim das
Zentralinstitut für Seelische Gesundheit eröffnet werden, das in seiner Verbin-
dung gemeindenaher vernetzter Versorgung, Forschung und Lehre für die Ideale
der Enquete ebenso wie für die Ziele von Heinz Häfner steht. In den 19 Jahren
seiner Leitung bis 1994 wuchs das Zentralinstitut in internationale Spitzenrän-
ge hinein und wurde zum Zentrum eines modellhaften gemeindepsychiatrischen
Versorgungsnetzes mitten in der Stadt. Mitarbeiter des Instituts wurden auf ins-
gesamt 28 Lehrstühle berufen. Häfner gelang es, zwei Sonderforschungsbereiche
an das ZI zu holen. Was weniger sichtbar nach außen war, aber mindestens ge-
nauso relevant, ist der tiefgreifende Effekt seiner Arbeit auf die Ausbildung: Am
ZI wurde die Fachweiterbildung in der psychiatrischen Pflege ebenso konzeptua-
I Maurer K (2016) Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Heinz Häfner. Zeitschrift für Psychiatrie, Psycholo-
gie und Psychotherapie 64:209-217
220
pflegehelfer in Schönbrunn bei Dachau unmittelbar erlebt. Es war diese erschüt-
ternde Erfahrung, so hat er es mir und anderen berichtet, die seinen Entschluss
begründete, Psychiater zu werden, um „nach dieser materiellen und moralischen
Katastrophe (...) zur Wiedergutmachung beizutragen1.“ Hierfür hat er zielstrebig
seit seinem Wechsel nach Heidelberg 1958 zwei Reformlinien vorangetrieben. Das
war einerseits der politische Prozess, welcher in dem Bericht der Enquetekommis-
sion 1975 gipfelte und der die Grundlage legte für die gemeindenahe Versorgung
psychisch Kranker, wie wir sie heute kennen. Das wesentliche Dokument hierzu
ist seine Denkschrift Dringliche Reformen in der psychiatrischen Krankenversorgung der
Bundesrepublik (mit von Baeyer und Kisker) von 1965, in der er bereits damals das
Idealbild der gemeindenahen Versorgung so beschrieben hat, wie wir es heute se-
hen und leben. Von 1971 bis 1975 war Häfner stellvertretender Vorsitzender der
Sachverständigenkommission Psychiatrie (Psychiatrie-Enquete) des Bundes und
initiierte das Programm zur Weiterentwicklung der psychiatrischen Versorgung in
Baden-W ürttemberg.
Die andere wesentliche Reformlinie war die Gründung des Zentralinstituts
für Seelische Gesundheit. Er wollte „ein nationales Forschungsinstitut auf(zu)
bauen, (...) um für die Psychiatrie eine verbesserte wissenschaftliche Grundlage
des ärztlichen Handelns zu schaffen.“ (ibid.) Bereits 1965 gründete er den För-
derverein des Zentralinstituts, der bis heute besteht. Im gleichen Jahre begründete
er die Abteilung für Sozialpsychiatrie und Rehabilitation an der Psychiatrischen
Klinik der Universität Heidelberg, in der viele der Ideen des ZI bereits erprobt
wurden. 1967 erhielt er den Ruf auf den Lehrstuhl für Psychiatrie der Fakultät
Mannheim der Universität Heidelberg. Nachdem er die Stadt Mannheim und vor
allem den damaligen Bürgermeister für Soziales und Gesundheit Dr. Hans Marti-
ni als Partner für Planung und Aufbau gewinnen konnte, gelang Schritt für Schritt,
auch dank der Finanzierung durch das Land Baden-Württemberg und die Stiftung
Völkswagenwerk, die Realisierung. 1975 konnte im Quadrat J 5 in Mannheim das
Zentralinstitut für Seelische Gesundheit eröffnet werden, das in seiner Verbin-
dung gemeindenaher vernetzter Versorgung, Forschung und Lehre für die Ideale
der Enquete ebenso wie für die Ziele von Heinz Häfner steht. In den 19 Jahren
seiner Leitung bis 1994 wuchs das Zentralinstitut in internationale Spitzenrän-
ge hinein und wurde zum Zentrum eines modellhaften gemeindepsychiatrischen
Versorgungsnetzes mitten in der Stadt. Mitarbeiter des Instituts wurden auf ins-
gesamt 28 Lehrstühle berufen. Häfner gelang es, zwei Sonderforschungsbereiche
an das ZI zu holen. Was weniger sichtbar nach außen war, aber mindestens ge-
nauso relevant, ist der tiefgreifende Effekt seiner Arbeit auf die Ausbildung: Am
ZI wurde die Fachweiterbildung in der psychiatrischen Pflege ebenso konzeptua-
I Maurer K (2016) Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Heinz Häfner. Zeitschrift für Psychiatrie, Psycholo-
gie und Psychotherapie 64:209-217
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