Metadaten

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2022 — 2023

DOI Kapitel:
A. Das akademische Jahr 2022
DOI Kapitel:
II. Wissenschaftliche Vorträge
DOI Artikel:
Tertilt, Michele: Katalysator oder Karrierebremse – Wie verändert sich die Arbeitswelt von Frauen durch die Coronakrise?
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.67410#0067
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Michele Tertilt

haben. Wie man in Tabelle 2 sieht, finden wir hierbei einen deutlichen Geschlech-
terunterschied. Mütter von schulpflichtigen Kindern (6-14 Jahre) haben während
76 Prozent ihrer Telearbeitszeit gleichzeitig Kinder betreut, Väter hingegen nur
während 59 Prozent der Zeit. Auch bei Kindern im Kindergartenalter (1-5 Jahre)
zeigt sich ein deutlicher Unterschied: Mütter waren rund 60 Prozent, Väter nur
50 Prozent ihrer Telearbeitszeit gleichzeitig für Kinder verantwortlich.

Telearbeit, gearbeitete
Stunden
Prozentualer Anteil der
Telearbeitszeit, in der
zusätzlich Kinder betreut
wurden
Mütter (Kinder 1-5 Jahre)
9,9
59,4
Väter (Kinder 1-5 Jahre)
17,2
49,5
Mütter (Kinder 6-14 Jahre)
11,1
76,0
Väter (Kinder 6-14 Jahre)
15,4
58,5

Tabelle 2: Telearbeit mit Kindern in den Niederlanden, April 2020
Quelle: Alon et al. 2022a, Tabelle 19

Die Produktivitätsverluste durch die gleichzeitige Kinderbetreuung werden
erst in einigen Jahren in den Daten zu sehen sein. Ein Sektor, der jetzt schon erste
Anhaltspunkte liefert, ist die Wissenschaft. Die Produktivität von Wissenschaftlern
kann approximativ durch die Anzahl von Forschungspapieren und Publikationen
gemessen werden. Diverse Studien zeigen bereits, dass die Pandemie hier Wir-
kung hinterlassen hat. Squazzoni et al. (2021) analysieren Einreichungen bei 2329
Elsevier-Zeitschriften und stellen fest, dass Frauen während der ersten Welle der
Pandemie wesentlich weniger Manuskripte eingereicht haben als Männer. Andere
Autoren dokumentieren ähnliche Ergebnisse für einzelne Fachdisziplinen: Ama-
no-Patino et al. (2020) für die Ökonomie, Ribarovska et al. (2021) für die Neuro-
logie, Kim und Patterson (2020) für die Politikwissenschaft.
7. Schlussbemerkungen
Die Pandemie hat in den meisten Ländern die Arbeitsmarktbeteiligung von Frauen
deutlich stärker reduziert als von Männern. Die Analyse zeigt, dass dies insbeson-
dere für Eltern von Schulkindern der Fall ist. Somit spielten die Schulschließun-
gen eine große Rolle. Wichtig waren aber auch die unterschiedlichen Sektoren, in
denen Männer und Frauen arbeiten. Selbst wenn man für Industrie- und Jobcha-
rakteristika kontrolliert und Männer und Frauen ohne Kinder betrachtet, finden
wir immer noch einen relativ großen Geschlechterunterschied.

67
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften