7. The Role ofCulture in Early Expansions ofHumans
2022 sollen exemplarisch herausgegriffen werden. Die Untersuchung von alter
DNA im Sediment (Sediment-aDNA) im Rahmen von zwei von Dr. Andrew
Kandel geleiteten archäologischen Grabungen illustriert die große Bedeutung ei-
gener Feldarbeiten der Forschungsstelle sowie des Einsatzes naturwissenschaftli-
cher Methoden, die Zugang zu spannenden und unerwarteten kulturwissenschaft-
lichen Ergebnissen ermöglichen können. Die Analyse von aDNA von Menschen,
Tieren und Pflanzen aus Sedimentproben ist ein sehr junger Forschungszweig,
der in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung für die archäologische For-
schung gewonnen hat. Sediment-aDNA erlaubt es, die Anwesenheit von Arten an
einem Ort nachzuweisen, auch wenn dort keine Knochen-, Holz- oder Samen-
reste erhalten sind. aDNA unterliegt jedoch eigenen Erhaltungsbedingungen: So
führt z. B. Wärme dazu, dass die DNA-Moleküle schneller abgebaut werden. Aus
der Levante, die eine wichtige Landbrücke zwischen Afrika und Eurasien darstellt
und eine Schlüsselrolle bei der Ausbreitung sowohl von anatomisch modernen
Menschen als auch Neandertalern besitzt, wurden bisher nur relativ wenige alte
DNA-Daten gewonnen. Ein internationales Forschungsteam um Viviane Sion
von der Abteilung Evolutionäre Genetik des Max Planck Instituts für Evolutionäre
Anthropologie in Leipzig (jetzt Universität Tel Aviv) konnte nun aus vier von 33
Sedimentproben aus verschiedenen sedimentologischen Kontexten in den paläoli-
thischen Schichten der Sefunim-Höhle (Israel) Spuren von alter mitochondrialer
DNA von Hirschartigen und Hyänenartigen nachweisen. Die DNA stammt aus
Schichten, die zwischen 30.000 und 70.000 Jahre alt sind, was die theoretischen
Erwartungen hinsichtlich der Langlebigkeit von DNA, die in einer so warmen
Umgebung abgelagert wurde, übertrifft. Beide identifizierten Taxa sind in den ar-
chäozoologischen Aufzeichnungen des Fundortes enthalten, sind aber inzwischen
in der Region ausgestorben.
Welchen Reichtum an Erkenntnissen Sediment-aDNA-Untersuchungen an
Plätzen mit guten Erhaltungsbedingungen wie der Aghitu 3-Höhle im armeni-
schen Hochland erlauben, zeigt eine weitere Studie mit ROCEEH-Beteiligung
unter der Leitung von Anneke ter Schure vom Centre for Ecological and Evo-
lutionary Synthesis am Department of Biosciences der Universität Oslo. In den
39.000 bis 24.000 Jahre alten Schichten der Höhle mit menschlicher Besiedlung
sind einige Pflanzenreste erhalten, neben Pollen auch Holzkohlen und sogar ein
Stück Bast. aDNA-Analysen bestätigen und ergänzen nun durch den Nachweis
einer Vielzahl von Pflanzen unser Wissen: Nur knapp ein Viertel der aDNA-Er-
gebnisse überlappt mit den Funden aus anderen Quellen. In den Schichten aus
Zeiten mit menschlicher Nutzung der Höhle ist mehr Pflanzenerbgut zu finden
als in den Sedimenten aus Zeiten, in denen die Menschen die Höhle seltener auf-
suchten. Daher führen die Autorinnen und Autoren die Anwesenheit der meisten
der gefundenen Pflanzen auf menschliche Tätigkeiten zurück. Insgesamt 43 Pflan-
zengattungen konnten identifiziert werden, bis auf fünf sind für diese unterschied-
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2022 sollen exemplarisch herausgegriffen werden. Die Untersuchung von alter
DNA im Sediment (Sediment-aDNA) im Rahmen von zwei von Dr. Andrew
Kandel geleiteten archäologischen Grabungen illustriert die große Bedeutung ei-
gener Feldarbeiten der Forschungsstelle sowie des Einsatzes naturwissenschaftli-
cher Methoden, die Zugang zu spannenden und unerwarteten kulturwissenschaft-
lichen Ergebnissen ermöglichen können. Die Analyse von aDNA von Menschen,
Tieren und Pflanzen aus Sedimentproben ist ein sehr junger Forschungszweig,
der in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung für die archäologische For-
schung gewonnen hat. Sediment-aDNA erlaubt es, die Anwesenheit von Arten an
einem Ort nachzuweisen, auch wenn dort keine Knochen-, Holz- oder Samen-
reste erhalten sind. aDNA unterliegt jedoch eigenen Erhaltungsbedingungen: So
führt z. B. Wärme dazu, dass die DNA-Moleküle schneller abgebaut werden. Aus
der Levante, die eine wichtige Landbrücke zwischen Afrika und Eurasien darstellt
und eine Schlüsselrolle bei der Ausbreitung sowohl von anatomisch modernen
Menschen als auch Neandertalern besitzt, wurden bisher nur relativ wenige alte
DNA-Daten gewonnen. Ein internationales Forschungsteam um Viviane Sion
von der Abteilung Evolutionäre Genetik des Max Planck Instituts für Evolutionäre
Anthropologie in Leipzig (jetzt Universität Tel Aviv) konnte nun aus vier von 33
Sedimentproben aus verschiedenen sedimentologischen Kontexten in den paläoli-
thischen Schichten der Sefunim-Höhle (Israel) Spuren von alter mitochondrialer
DNA von Hirschartigen und Hyänenartigen nachweisen. Die DNA stammt aus
Schichten, die zwischen 30.000 und 70.000 Jahre alt sind, was die theoretischen
Erwartungen hinsichtlich der Langlebigkeit von DNA, die in einer so warmen
Umgebung abgelagert wurde, übertrifft. Beide identifizierten Taxa sind in den ar-
chäozoologischen Aufzeichnungen des Fundortes enthalten, sind aber inzwischen
in der Region ausgestorben.
Welchen Reichtum an Erkenntnissen Sediment-aDNA-Untersuchungen an
Plätzen mit guten Erhaltungsbedingungen wie der Aghitu 3-Höhle im armeni-
schen Hochland erlauben, zeigt eine weitere Studie mit ROCEEH-Beteiligung
unter der Leitung von Anneke ter Schure vom Centre for Ecological and Evo-
lutionary Synthesis am Department of Biosciences der Universität Oslo. In den
39.000 bis 24.000 Jahre alten Schichten der Höhle mit menschlicher Besiedlung
sind einige Pflanzenreste erhalten, neben Pollen auch Holzkohlen und sogar ein
Stück Bast. aDNA-Analysen bestätigen und ergänzen nun durch den Nachweis
einer Vielzahl von Pflanzen unser Wissen: Nur knapp ein Viertel der aDNA-Er-
gebnisse überlappt mit den Funden aus anderen Quellen. In den Schichten aus
Zeiten mit menschlicher Nutzung der Höhle ist mehr Pflanzenerbgut zu finden
als in den Sedimenten aus Zeiten, in denen die Menschen die Höhle seltener auf-
suchten. Daher führen die Autorinnen und Autoren die Anwesenheit der meisten
der gefundenen Pflanzen auf menschliche Tätigkeiten zurück. Insgesamt 43 Pflan-
zengattungen konnten identifiziert werden, bis auf fünf sind für diese unterschied-
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