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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2022 — 2023

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D. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
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https://doi.org/10.11588/diglit.67410#0424
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D. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses

Entwaldung einschließt, ist jenseits der Skala und repräsentiert eine der größten
Gefahren für die menschliche Zivilisation (zumindest so, wie wir sie kennen und
schätzen).
Angesichts dieser gesellschaftlichen Relevanz ist es umso verwunderlicher,
wie wenig Beachtung Umwelthistorikerinnen den Mensch-Biodiversität-Interak-
tionen beigemessen haben. Tatsächlich basieren die historischen Modelle zu den
ökologischen Transformationen auf Erkenntnissen der Ökologinnen, Umwelt-
wissenschafterlnnen und der Umweltingenieurswissenschaften. Da diese jedoch
keinen eigenen Zugang zu historischen Quellen haben, sind die Modelle bis zum
19. Jahrhundert bloße, grobe Schätzungen. Erst ab den 1970er Jahren ist die Da-
tengrundlage ausreichend, um wissenschaftlich fundierte Aussagen zum globalen
Stand der Artenvielfalt treffen zu können.
Bei der Frage nach möglichen historischen Triebkräften gibt es solide histo-
rische Studien, die die Bedeutung von Staatsbildungsprozessen, Zentralisierung,
Industrialisierungen sowie dem Aufkommen kapitalistischer Systeme aufzeigen.
Diese Vorgänge sind seit dem späten 15. Jahrhundert zunehmend mit den eu-
ropäisch-imperialen Strukturen verwoben, wodurch sie nach und nach in allen
Weltregionen zum Tragen kamen. Doch noch fehlt es an ganzheitlichen Untersu-
chungen, die möglichst exakte Modellierungen ökologischer Transformationen bis
1900 aufzeigen können.
Ziel dieser internationalen WIN-Konferenz war es folglich, Kolleginnen aus
unterschiedlichen Disziplinen zusammenzubringen, um eine Kommunikations-
schnittstelle zu schaffen, mit Hilfe derer Forschungslücken identifiziert und
vielversprechende methodologische Zugänge diskutiert werden können. Dabei
wurden folgende Fragen in besonderer Weise bedacht:
1. Datengrundlage: Wie können wir angesichts von Quellen, aus denen nur
wenig Informationen zur Artenvielfalt hervorgehen, Aussagen zu Ökosystemen
treffen? Inwiefern sind einzelne Arten, die historisch gut erfasst sind (z. B. Bieber
oder Wale), repräsentativ für ganze Taxa?
2. Klassifizierungssystem: Inwiefern sind klassische Einteilungen von Koloni-
en (z. B. Siedlungskolonie oder Handelsstützpunkte) hilfreich für eine ökologische
Rekonstruktion und wie könnte ein neues Klassifizierungssystem aussehen?
3. Temporale Faktoren: Lässt sich ein Unterschied beim Artenschwund zwi-
schen den Imperien der Frühen Neuzeit (ca. bis 1824) und den Imperien der
jüngsten Geschichte erkennen? Und falls ja, sind die Unterschiede politischer
oder technologischer Natur?
4. Geografische Faktoren: Sollten wir bei der Erfassung der ökologischen
Auswirkungen zwischen Imperien, Kontinenten oder Klimazonen unterscheiden?
Welche Parameter sind hier als entscheidend zu bewerten?
Mit diesen und weiteren Fragen haben wir uns in den inspirierenden Räum-
lichkeiten der Heidelberger Akademie befasst und dabei einzelne Kolleginnen

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