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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2019 — 2020

DOI Kapitel:
A. Das akademische Jahr 2019
DOI Kapitel:
II. Wissenschaftliche Vorträge
DOI Artikel:
Debatin, Klaus-Michael: Zelltod: Sensitivität und Resistenz in der Tumotherapie
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.55176#0058
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II. Wissenschaftliche Vorträge

Verstoffwechslung, Elimination, Einschleusen des Medikaments in die Zelle, ggf.
Aktivierung oder Inaktivierung, Zellschädigung und daraus resultierende zellulä-
re Vorgänge, die schlussendlich zum Absterben der Zellen führen. An all diesen
Ebenen sind Interferenzen möglich. Ein weiterer Mechanismus der Resistenzent-
wicklung besteht darin, dass sich unter Therapie resistente Zellen entwickeln oder
selektioniert werden, die entweder bereits a priori über Resistenzmechanismen
verfügen oder diese unter der Therapie, z.B. durch Mutationen, im Genom er-
worben haben. Dabei spielt u. a. auch die Interaktion der Tumorzellen mit der sie
umgebenden normalen Zellen eine Rolle, die eine schützende Funktion auf Tu-
morzellen ausüben können. Auch das Konzept der Krebsstammzellen gehört zur
Diskussion von Sensitivität und Resistenz. Es gibt zahlreiche Hinweise, dass Krebs-
stammzellen sehr viel resistenter sind als differenziertere Zellen im Tumor und
daher auch die Attacken der Chemotherapie überstehen können. Schlussendlich
werden Tumorzellen nach erfolgter Schädigung, z. B. der DNA durch bestimmte
Zytostatika oder Alterationen des Zellzyklus durch Zellzyklusinhibitoren, ein Zell-
todprogramm einleiten, um abzusterben. Dieses Zelltodprogramm wird nur akti-
viert, wenn die Schäden in der Zelle nicht repariert werden können und/oder nicht
durch Signalwege, die das Zellüberleben steuern, ausgeglichen werden können.
Bei verstärkten Reparatur- und Überlebenssignalen, die die Zelltodmechanismen
blockieren, bleibt das Absterben der Zellen nach erfolgter Therapie aus.
Grundlage von Krebs, wie auch von Sensitivität und Resistenz, ist die Tatsache,
dass Leben, Tod und Überleben von allen Zellen wie auch von Krebszellen durch
Signalwege gesteuert werden. Krebs ist eine genetische Erkrankung somatischer
Zellen (Körperzellen) verursacht durch Translokation, Mutation oder deregulierte
Funktion von Genen, die über Leben, Wachstum und Zelltod steuern (Hallmarks of
Cancer, Douglas Hanahan und Robert A. Weinberg, Cell 2011). In der in Abbildung 1
vereinfachten Darstellung der Interaktion von Zellen mit ihrer Umgebung und den
Alterationen, den Veränderungen, die Tumorzellen enthalten, zeigt sich, wie kom-
plex die Störungen sind, die zur Krebsentstehung, aber auch zur Resistenz gegen-
über Therapie führen. Die deregulierte Genexpression oder Genmutation führt zur
unkontrollierten Zellteilung, blockiert die Erkennung durch das Immunsystem,
induziert Gefäßneubildung, Invasion und Metastasierung und führt zu weiteren
Veränderungen im Genom und im Stoffwechsel. Vor allem entgleitet der Zelle die
Kontrolle über Zellwachstum und Zelltod. Insbesondere die Resistenzmechanis-
men gegen Zelltodmechanismen spielen eine große Rolle wie später dargestellt.
Die Analyse der genetischen Veränderungen in Tumoren ist gegenwärtig ein
Hotspot der Forschung. Der sog. „cancer genome challenge“ geht davon aus, dass
wir die genetischen Veränderungen in allen Tumoren analysieren müssen, um so
die Grundlage für Krebsentstehung, aber auch für Therapiesensitivität und Re-
sistenz aufzuklären. Nun ist dieses Unterfangen alles andere als einfach und hat
auch zu einem interessanten wissenschaftlichen Streit unter den Überschriften

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