Peter Eich
Peter Eich
„Kaiser und Konsul. Die politische Ordnung im frühen römischen
Prinzipat zwischen Tradition und Neuerung"
Sitzung der Philosophisch-historischen Klasse am 19. Juli 2019
Der Vortrag zielte darauf ab, auf der Basis der Neubewertung eines einzelnen Ele-
mentes der römischen Politik und Sozialstruktur in der Kaiserzeit generelle Trends
der aktuellen Geschichtswissenschaft zum römischen Prinzipat zu diskutieren. In
der aktuellen Forschung zur römischen Kaiserzeit dominieren zwei Tendenzen.
Zum einen setzt speziell die englischsprachige Forschung auf einen Imperienver-
gleich, der jedoch oft sehr allgemein bleibt. In vielen einschlägigen Werken werden
kurze Kapitel zu einzelnen Imperien aneinandergereiht, während eine vertiefte
Auseinandersetzung mit Charakteristika, Besonderheiten und Unterschieden un-
terbleibt. Im deutschsprachigen Raum ist die Kaiserzeit gänzlich zu einer Domäne
kulturhistorischer Zugänge geworden, die sich größtenteils scharf gegenüber älte-
ren sozialhistorischen und rechtshistorischen Ansätzen abgrenzen, deren Errun-
genschaften damit aber zugleich verloren gehen.
Anhand eines Beispiels sollte in dem Vortrag gezeigt werden, dass die Aus-
sagepotentiale dieser älteren Zugänge noch nicht erschöpft sind, während die
neueren Studien aufgrund einer zu scharfen Fokussierung a priori als geeignet
ausgewiesener Themenfelder einseitig bleiben.
Das gewählte Fallbeispiel bildete der Konsulat der Kaiserzeit. Da der Konsulat
in der römischen Republik das höchste Amt und Inbegriff römischer Staatlichkeit
gewesen war, hat er in der Forschung vom 19. Jh. bis heute große Aufmerksamkeit
erfahren. Spätere Phasen seiner Existenz wurden jedoch (außerhalb von proso-
pographischen und chronologischen Spezialstudien) mit wenigen Bemerkungen
über einen sofort einsetzenden und sich dann kontinuierlich fortsetzenden Be-
dcutungsverlust nicht zum Gegenstand politikgeschichtlicher oder rechtshistori-
scher Studien.
Diese Einschätzungen hingen auch wesentlich mit einigen Fehlinterpretati-
onen Theodor Mommsens hinsichtlich der Entwicklung des konsularen Imperi-
ums zusammen, die bis heute ein problematisches Nachleben erfahren, obwohl
sie schon lange als widerlegt gelten müssen. Zugleich haben jüngere Studien ge-
zeigt, wie politisch bedeutsam der Konsulat noch in der Regierungszeit des Au-
gustus war, der seine eigene Herrschaft wesentlich auf ein konsulares Imperium
stützte.
Auch für die nachaugusteische Zeit ist auffällig, in welchem Ausmaß die all-
tägliche Politik in Rom von den jeweiligen Konsuln geleitet wurde. Im Grunde
bieten alle einschlägigen literarischen Quellen das Bild, dass unterhalb der Kai-
serherrschaft Politik in Rom noch immer nach den Prinzipien der sullanischen
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Peter Eich
„Kaiser und Konsul. Die politische Ordnung im frühen römischen
Prinzipat zwischen Tradition und Neuerung"
Sitzung der Philosophisch-historischen Klasse am 19. Juli 2019
Der Vortrag zielte darauf ab, auf der Basis der Neubewertung eines einzelnen Ele-
mentes der römischen Politik und Sozialstruktur in der Kaiserzeit generelle Trends
der aktuellen Geschichtswissenschaft zum römischen Prinzipat zu diskutieren. In
der aktuellen Forschung zur römischen Kaiserzeit dominieren zwei Tendenzen.
Zum einen setzt speziell die englischsprachige Forschung auf einen Imperienver-
gleich, der jedoch oft sehr allgemein bleibt. In vielen einschlägigen Werken werden
kurze Kapitel zu einzelnen Imperien aneinandergereiht, während eine vertiefte
Auseinandersetzung mit Charakteristika, Besonderheiten und Unterschieden un-
terbleibt. Im deutschsprachigen Raum ist die Kaiserzeit gänzlich zu einer Domäne
kulturhistorischer Zugänge geworden, die sich größtenteils scharf gegenüber älte-
ren sozialhistorischen und rechtshistorischen Ansätzen abgrenzen, deren Errun-
genschaften damit aber zugleich verloren gehen.
Anhand eines Beispiels sollte in dem Vortrag gezeigt werden, dass die Aus-
sagepotentiale dieser älteren Zugänge noch nicht erschöpft sind, während die
neueren Studien aufgrund einer zu scharfen Fokussierung a priori als geeignet
ausgewiesener Themenfelder einseitig bleiben.
Das gewählte Fallbeispiel bildete der Konsulat der Kaiserzeit. Da der Konsulat
in der römischen Republik das höchste Amt und Inbegriff römischer Staatlichkeit
gewesen war, hat er in der Forschung vom 19. Jh. bis heute große Aufmerksamkeit
erfahren. Spätere Phasen seiner Existenz wurden jedoch (außerhalb von proso-
pographischen und chronologischen Spezialstudien) mit wenigen Bemerkungen
über einen sofort einsetzenden und sich dann kontinuierlich fortsetzenden Be-
dcutungsverlust nicht zum Gegenstand politikgeschichtlicher oder rechtshistori-
scher Studien.
Diese Einschätzungen hingen auch wesentlich mit einigen Fehlinterpretati-
onen Theodor Mommsens hinsichtlich der Entwicklung des konsularen Imperi-
ums zusammen, die bis heute ein problematisches Nachleben erfahren, obwohl
sie schon lange als widerlegt gelten müssen. Zugleich haben jüngere Studien ge-
zeigt, wie politisch bedeutsam der Konsulat noch in der Regierungszeit des Au-
gustus war, der seine eigene Herrschaft wesentlich auf ein konsulares Imperium
stützte.
Auch für die nachaugusteische Zeit ist auffällig, in welchem Ausmaß die all-
tägliche Politik in Rom von den jeweiligen Konsuln geleitet wurde. Im Grunde
bieten alle einschlägigen literarischen Quellen das Bild, dass unterhalb der Kai-
serherrschaft Politik in Rom noch immer nach den Prinzipien der sullanischen
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