Mitarbeitervortragsreihe „Wir forschen. Für Sie'
Mitarbeitervortragsreihe
„Wir forschen. Für Sie"
Bei dieser Veranstaltungsreihe der Heidelberger Akademie der Wissenschaften un-
ter dem Motto „Wir forschen. Für Sie“ kommen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
der einzelnen Forschungsstellen zu Wort. Die Vorträge richten sich an ein breites
Publikum, um Einblicke in die Forschungsarbeiten zu geben.
„Assur ist König. Wie man aus Fragmenten eine Kultur rekonstruiert"
Mitarbeitervortrag von Dr. Kamran Vincent Zand am 5. Juni 2019
„Wehe Assur, der Rute meines Zorns und dem Stecken meines Grimms“
Jes. 10,5) - so warnt Gott im Alten Testament den assyrischen König ob seines
Hochmutes. Doch wer ist dieses Volk, dessen König von Gott selbst ermahnt
werden musste?
Die Stadt Assur, die sich im heutigen Nordirak befindet, war jahrhunder-
telang das politische, religiöse und kulturelle Zentrum des assyrischen Reiches,
welches in der ersten Hälfte des 1. Jts. vor Christus den Nahen Osten domi-
nierte. Die Stadt Assur wurde von 1903 bis 1914 unter der Leitung der Deut-
schen Orient Gesellschaft von Walter Andrae ausgegraben. Diese sehr langen
Ausgrabungen ließen das vorher nur aus der Bibel bekannte Assur wieder für
uns auferstehen. Andrae gewann wichtige Erkenntnisse über den Aufbau der
Stadt und ihre mehrere Jahrtausende andauernde Siedlungsgeschichte. Im Zuge
dieser Ausgrabungen kamen tausende von Keilschrifttafeln ans Licht, welche uns
beredtes Zeugnis von der Lebenswirklichkeit und der Geistes- und Kulturwelt
der Assyrer geben. Diese Tafeln kamen nach vielen Irrungen und Wirrungen
im Jahre 1923 in Berlin an und werden seitdem im Vorderasiatischen Museum
verwahrt.
In Assur wurden ca. 11.000 Keilschrifttafeln/Fragmente gefunden, davon
sind ca. 4.500 literarischen Inhalts. Diese literarischen Texte dienen der Vermitt-
lung von Informationen und historischen Erinnerung oder dem Erwerb/Bewah-
rung und Weitergabe von (Fach)wissen; ihr Inhalt steht oft in einem längeren
Überlieferungsprozess (beispielsweise Schriftzeugnisse historischen, mytholo-
gischen, musischen oder religiösen Inhalts). Sie unterscheiden sich von adminis-
trativen Texten dadurch, dass diese der Dokumentation und der Kommunikation
dienen und sich in der Regel auf einen einmaligen, konkreten Vorgang bezie-
hen (Briefe, Urkunden, Schenkungen, Hauskauf, Steuer etc.). Die literarischen
Texte umfassen eine lange Zeitspanne, sie sind von der altakkadischen Zeit (ab.
ca. 2350 v. Chr.) bis zum Ende der neuassyrischen Zeit (612 v. Chr.) belegt, der
115
Mitarbeitervortragsreihe
„Wir forschen. Für Sie"
Bei dieser Veranstaltungsreihe der Heidelberger Akademie der Wissenschaften un-
ter dem Motto „Wir forschen. Für Sie“ kommen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
der einzelnen Forschungsstellen zu Wort. Die Vorträge richten sich an ein breites
Publikum, um Einblicke in die Forschungsarbeiten zu geben.
„Assur ist König. Wie man aus Fragmenten eine Kultur rekonstruiert"
Mitarbeitervortrag von Dr. Kamran Vincent Zand am 5. Juni 2019
„Wehe Assur, der Rute meines Zorns und dem Stecken meines Grimms“
Jes. 10,5) - so warnt Gott im Alten Testament den assyrischen König ob seines
Hochmutes. Doch wer ist dieses Volk, dessen König von Gott selbst ermahnt
werden musste?
Die Stadt Assur, die sich im heutigen Nordirak befindet, war jahrhunder-
telang das politische, religiöse und kulturelle Zentrum des assyrischen Reiches,
welches in der ersten Hälfte des 1. Jts. vor Christus den Nahen Osten domi-
nierte. Die Stadt Assur wurde von 1903 bis 1914 unter der Leitung der Deut-
schen Orient Gesellschaft von Walter Andrae ausgegraben. Diese sehr langen
Ausgrabungen ließen das vorher nur aus der Bibel bekannte Assur wieder für
uns auferstehen. Andrae gewann wichtige Erkenntnisse über den Aufbau der
Stadt und ihre mehrere Jahrtausende andauernde Siedlungsgeschichte. Im Zuge
dieser Ausgrabungen kamen tausende von Keilschrifttafeln ans Licht, welche uns
beredtes Zeugnis von der Lebenswirklichkeit und der Geistes- und Kulturwelt
der Assyrer geben. Diese Tafeln kamen nach vielen Irrungen und Wirrungen
im Jahre 1923 in Berlin an und werden seitdem im Vorderasiatischen Museum
verwahrt.
In Assur wurden ca. 11.000 Keilschrifttafeln/Fragmente gefunden, davon
sind ca. 4.500 literarischen Inhalts. Diese literarischen Texte dienen der Vermitt-
lung von Informationen und historischen Erinnerung oder dem Erwerb/Bewah-
rung und Weitergabe von (Fach)wissen; ihr Inhalt steht oft in einem längeren
Überlieferungsprozess (beispielsweise Schriftzeugnisse historischen, mytholo-
gischen, musischen oder religiösen Inhalts). Sie unterscheiden sich von adminis-
trativen Texten dadurch, dass diese der Dokumentation und der Kommunikation
dienen und sich in der Regel auf einen einmaligen, konkreten Vorgang bezie-
hen (Briefe, Urkunden, Schenkungen, Hauskauf, Steuer etc.). Die literarischen
Texte umfassen eine lange Zeitspanne, sie sind von der altakkadischen Zeit (ab.
ca. 2350 v. Chr.) bis zum Ende der neuassyrischen Zeit (612 v. Chr.) belegt, der
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