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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2019 — 2020

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A. Das akademische Jahr 2019
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III. Veranstaltungen
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Mittler, Barbara: Rudolf G. Wagner: ein Leben mit der Sinologie
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https://doi.org/10.11588/diglit.55176#0154
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III. Veranstaltungen

Rudolf G. Wagner hat uns, nach seinem müh-seligen Vorbild - immer und
unermüdlich hart arbeiten lassen, das kann man nicht anders sagen - nicht zuletzt,
wenn er die Squashturniere gegen seine Schüler unweigerlich gewann - aber er hat
uns auch ins Thcatre du Soleil gebracht, er hat uns zu Ausstellungen von Panop-
tiken (damit wir wirklich „alles sehen“) mitgenommen, und es war nicht „Vergesst
nicht den Klassenkampf“, sondern immer „Vergesst nicht die Heidelberger Oper,“
was wir von ihm, dem Alt-Maoisten hörten. Seines war die Lehre, oder, in den
Worten Laozis, von denen wir schon so viel gehört haben, der Dao, vom intensi-
ven, multiperspektivischen Sehen, Fühlen, Schmecken und Hören, im Da-Sein
und im Nicht-Dasein.
Das Spektrum von Rudolf G. Wagners Werk, das wir im Folgenden nun
beleuchten wollen, ist nicht nur in der Zeit, die es überbrückt, sondern auch
inhaltlich beeindruckend breit gefächert. Vom ersten chinesischen Übersetzer
des Buddhismus über die Philosophie und Philologie des Laozi (6. Jhdt. v. Chr.)
zur Politik des Geheimnisses im China des 21. Jahrhunderts, von der Herstel-
lung lebensverlängerndcr Drogen (etwa aus dem Zimtbaum vom Mond) im
chinesischen Mittelalter, zur frühen freien Presse im 19. Jahrhundert, die von
einem schottischen Händler in Shanghai iniitiiert wurde, zur Nutzung von Bio-
gas im ländlichen China nach der „Befreiung“ durch die Kommunistische Par-
tei, und mehr: Für sein stupendes Detailwissen weit über die Grenzen seines
Faches hinaus war Rudolf G. Wagner geradezu sprichwörtlich bekannt. Seine
Forschung ist wegweisend in vielfacher Hinsicht: Schon lange vor der Rede von
der Interdisziplinarität, hat er die Grenzen zwischen Disziplinen und Kulturen
überschritten. Als Mitbegründer des Heidelberger Exzellenzclusters „Asien und
Europa im globalen Kontext“ (2007 — 2019) und des „Journals of Transcultural
Studies“ hat er den kulturkritischen Ansatz der Transkulturalität vorangetrieben, ja
den Transcultural Turn, die „Transkulturelle Wende“, ermöglicht. Dynamisch und welt-
offen wie er ist, hat dieser Forschungszugang in Zeiten kriselnder Demokratien
ein enormes Potential und inspiriert Diskussionen, die weit über die Universität
hinausreichen.
Rudolf Wagner nun kann als einer der einflussreichsten Denker auf dem Ge-
biet der Transkulturellen Studien gelten - Jens Halfwassens Erfahrungen haben
das ja schon sehr schön deutlich gemacht. Seine Forschung war durchwegwegwei-
send; seine inspirierende intellektuelle Führung hat aufgezeigt, dass in der Tat die
Transkulturalität in menschlichen Gesellschaften als die Norm nicht als die Aus-
nahme angesehen werden muss, und zwar lange vor dem Aufkommen von Glo-
balisierung und postmoderner Medienkonnektivität. Rudolf G. Wagner hat mit
seiner eigenen Forschung dieses Postulat von einer programmatischen Behaup-
tung sozusagen in das Dickicht der Detailforschung getragen. Seine frühen Pu-
blikationen bereits erwecken die Hauptakteure in diesen transkulturellen Welten
zum Leben: Mal nennt er sie „Barbaren“, mal „wandernde Nischen“, mal „Kul-

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