B. Die Mitglieder
tion meine Doktorarbeit zu schreiben. Die Literatur der maghrebinischen Immi-
gration in Frankreich stand im Fokus meiner Arbeit, ebenso wie, wiederum, Jurij
Lotmans Überlegungen zu Zentrum und Peripherie - ein Thema, das sozusagen
in mehrfacher Hinsicht eine biographische Logik hatte, da es mir erlaubte, Frank-
reich und die französische Literatur aus einer kritischen und peripheren Perspekti-
ve zu betrachten. Mein Doktorvater Pere Joan Tous hatte genug Vertrauen in mich,
um mich, die ich sehr überzeugt war von meinem Thema, einfach machen zu
lassen und dafür bin ich ihm sehr dankbar. Unmittelbar nach Abgabe der Doktor-
arbeit habe ich mich um die Aufnahme in das Margarete-von-Wrangell-Programm
für Frauen beworben und das unglaubliche Glück gehabt (auch wenn man gerade
als Frau nicht immer sagen soll, man habe Glück gehabt ...), aufgenommen zu
werden, so dass ich unmittelbar weiter forschen konnte und vor allem für fünf lan-
ge Jahre eine sichere Stelle hatte. Zunächst habe ich mich aber gar nicht bzw. nicht
ausschließlich der Habilitation gewidmet, sondern einen Hinweis aus einem der
Gutachten zu meiner Dissertation aufgenommen: Die hatte in der Manuskript-
Version ein Kapitel von rund 40 Seiten zum Film der maghrebinischen Immigrati-
on enthalten und der Gutachter schlug eher beiläufig vor, daraus doch ein eigenes
Buch zu machen. Als ich ihm drei Jahre später das fertige Buch von immerhin
250 Seiten schickte, konnte er sich an seine Anregung gar nicht mehr erinnern -
ich bin ihm aber sehr dankbar!
Meine Habilitationsschrift wandte sich dann einem ganz anderen Thema zu,
nämlich der Rezeption russischer Literatur in Frankreich und Spanien zwischen
1880 und 1910. Bei der Recherche in den Nationalbibliotheken in Paris und Mad-
rid staunte ich über die ersten Übersetzungen Dostoevskijs, insbesondere der Brü-
der Karamazov, die nur noch rund die Hälfte des Umfangs des Originals hatten, was
nicht nur der größeren „Klarheit“ der romanischen Sprachen geschuldet war, son-
dern drastischen Kürzungen und Veränderungen. Den konzentrierten Abschluss
dieser Arbeit ermöglichte mir ein Semester als Fellow am Kulturwissenschaftlichen
Kolleg des Exzellenzclusters „Kulturelle Grundlagen der Integration“ der Uni Kon-
stanz, den Druck, die Arbeit auch wirklich zum Ende dieses Semesters fertigzu-
stellen, lieferte allerdings der unmittelbar bevorstehende Geburtstermin meines
zweiten Kindes. Das Habilitationsverfahren habe ich an einem Mittwoch abge-
schlossen, zwei Tage später habe ich an der Universität Mannheim für die Profes-
survorgesungen, die ich bis heute innehabe. Nicht etwa die Dual-Career-Stelle der
Uni Mannheim, sondern wiederum das Glück, haben auch meinem Mann eine
Stelle in Mannheim beschert, als Leiter der dortigen Stadtbibliothek, so dass uns das
Pendeln, das akademische Existenzen ja häufig bestimmt, erspart geblieben ist.
Meinem Interesse für Migrationsgeschichte kommen die Uni und die Stadt
Mannheim sehr entgegen, denn es heißt, alle Migrationswellen, die Deutschland
im 20. Jahrhundert erlebt habe, hätten zuerst durch Mannheim geführt - die Zu-
sammensetzung meiner Seminare, aber auch der Schulklassen meiner Kinder be-
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tion meine Doktorarbeit zu schreiben. Die Literatur der maghrebinischen Immi-
gration in Frankreich stand im Fokus meiner Arbeit, ebenso wie, wiederum, Jurij
Lotmans Überlegungen zu Zentrum und Peripherie - ein Thema, das sozusagen
in mehrfacher Hinsicht eine biographische Logik hatte, da es mir erlaubte, Frank-
reich und die französische Literatur aus einer kritischen und peripheren Perspekti-
ve zu betrachten. Mein Doktorvater Pere Joan Tous hatte genug Vertrauen in mich,
um mich, die ich sehr überzeugt war von meinem Thema, einfach machen zu
lassen und dafür bin ich ihm sehr dankbar. Unmittelbar nach Abgabe der Doktor-
arbeit habe ich mich um die Aufnahme in das Margarete-von-Wrangell-Programm
für Frauen beworben und das unglaubliche Glück gehabt (auch wenn man gerade
als Frau nicht immer sagen soll, man habe Glück gehabt ...), aufgenommen zu
werden, so dass ich unmittelbar weiter forschen konnte und vor allem für fünf lan-
ge Jahre eine sichere Stelle hatte. Zunächst habe ich mich aber gar nicht bzw. nicht
ausschließlich der Habilitation gewidmet, sondern einen Hinweis aus einem der
Gutachten zu meiner Dissertation aufgenommen: Die hatte in der Manuskript-
Version ein Kapitel von rund 40 Seiten zum Film der maghrebinischen Immigrati-
on enthalten und der Gutachter schlug eher beiläufig vor, daraus doch ein eigenes
Buch zu machen. Als ich ihm drei Jahre später das fertige Buch von immerhin
250 Seiten schickte, konnte er sich an seine Anregung gar nicht mehr erinnern -
ich bin ihm aber sehr dankbar!
Meine Habilitationsschrift wandte sich dann einem ganz anderen Thema zu,
nämlich der Rezeption russischer Literatur in Frankreich und Spanien zwischen
1880 und 1910. Bei der Recherche in den Nationalbibliotheken in Paris und Mad-
rid staunte ich über die ersten Übersetzungen Dostoevskijs, insbesondere der Brü-
der Karamazov, die nur noch rund die Hälfte des Umfangs des Originals hatten, was
nicht nur der größeren „Klarheit“ der romanischen Sprachen geschuldet war, son-
dern drastischen Kürzungen und Veränderungen. Den konzentrierten Abschluss
dieser Arbeit ermöglichte mir ein Semester als Fellow am Kulturwissenschaftlichen
Kolleg des Exzellenzclusters „Kulturelle Grundlagen der Integration“ der Uni Kon-
stanz, den Druck, die Arbeit auch wirklich zum Ende dieses Semesters fertigzu-
stellen, lieferte allerdings der unmittelbar bevorstehende Geburtstermin meines
zweiten Kindes. Das Habilitationsverfahren habe ich an einem Mittwoch abge-
schlossen, zwei Tage später habe ich an der Universität Mannheim für die Profes-
survorgesungen, die ich bis heute innehabe. Nicht etwa die Dual-Career-Stelle der
Uni Mannheim, sondern wiederum das Glück, haben auch meinem Mann eine
Stelle in Mannheim beschert, als Leiter der dortigen Stadtbibliothek, so dass uns das
Pendeln, das akademische Existenzen ja häufig bestimmt, erspart geblieben ist.
Meinem Interesse für Migrationsgeschichte kommen die Uni und die Stadt
Mannheim sehr entgegen, denn es heißt, alle Migrationswellen, die Deutschland
im 20. Jahrhundert erlebt habe, hätten zuerst durch Mannheim geführt - die Zu-
sammensetzung meiner Seminare, aber auch der Schulklassen meiner Kinder be-
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