C. Die Forschungsvorhaben
Chiffre. Vor der Chiffre kommt die Arbeit des Begriffs, in der sich das Denken,
reflexiv bezogen auf den einen Ursprung von allem, selbst als die höchste Form
des Seins vergegenwärtigt. Das ist die hohe Schule der Metaphysik, die heute
vielen als unzeitgemäß gilt. Den Vorwurf, „nicht auf der Höhe der Zeit zu sein“,
riskiere er gerne, schreibt Halfwassen an einer Stelle, denn: „Metaphysik ist un-
verzichtbar“.
Als Akademiemitglied hat Halfwassen die KJG in schwierigen Jahren gelei-
tet. Ihm ist es zu verdanken, dass das lange Zeit mittellose Projekt den Weg nach
Heidelberg gefunden hat. Sein Engagement und seine Gremienerfahrung werden
fehlen, nicht zuletzt auch ein Schuss rheinländischer Jovialität. Tünnes und Schäl
konnte Halfwassen im Original zitieren, wenn es um den berüchtigten Anfang der
Hegelschen Logik, die Dialektik von Sein und Nichts, ging. Tünnes auf Löwen-
jagd in Afrika. Wie viele er denn erlegt habe, will Schäl wissen. „Keinen“, gesteht
Tünnes, aber: „Für Löwe is dat vill“.
Einen seiner letzten Vorträge, die Laudatio auf Rudolf G. Wagner, hielt Half-
wassen bei der Verleihung des Karl-Jaspers-Preises am 14. November 2019. Schon
über dieser Veranstaltung lag ein Schatten. Wagner konnte den Preis nicht mehr
persönlich entgegennehmen.
Wie der Kalender will, jährte sich 2019 auch der Todestag jaspers’ (26. Februar
1969). Im Spiegel erschien damals ein ausführlicher Nachruf von Rudolf Augstein.
Die Zeiten haben sich geändert - dass ausgerechnet die Universität Heidelberg,
die Jaspers viel zu verdanken hat, das Jubiläum für weitgehend ignorabel hielt,
braucht man nicht zu kommentieren: Jaspers’ Heidelberger Dependance ist in-
zwischen die Akademie der Wissenschaften. Die Jahresfeier 2019 stand ganz im
Zeichen von Jaspers, in seinem Festvortrag erinnerte Otfried Höffe an Jaspers als
europäischen Denker, der die visionäre Botschaft des geeinten Europas nicht nur
mit einem „lebenserfahrenen Pragmatismus“ verbinde, sondern den europäischen
Geist zugleich kosmopolitisch entgrenzt.
Die „Gesamtausgabe der Schriften von Karl Jaspers“ geht „erfreulich zügig
voran“, urteilten zuletzt die Informationsmittel für Bibliotheken: Eine ihrerseits
erfreuliche Außenperspektive, nur bleibt der ambitionierte Zeitplan weiterhin die
größte Herausforderung des Projekts. 2019 konnten drei Bände publiziert werden:
Die Gesammelten Schriften zur Psychopathologie (KJG 1/3), die Psychologie der
Weltanschauungen (KJG 1/6) und als erster, umfangreicher Nachlass-Band Die
Grundsätze des Philosophierens. Einführung in philosophisches Leben (KJG II/l).
Verzögert hat sich die ebenfalls für 2019 angekündigte Edition des Nietzsche
(KJG 1/17): Die Umstellung der zahlreichen Zitatnachweise auf die Standardaus-
gabe von Colli/Montinari, zusätzlich zu sichtende Dokumente, wie Jaspers’ frü-
he Nietzsche-Vorlesung von 1916 oder die einschlägige Korrespondenz mit Ernst
Mayer aus den 1930er Jahren haben deutlich mehr Zeit gekostet als veranschlagt.
Aufgrund der Materialfülle musste auch die Publikation des zweiten Teils der Ver-
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Chiffre. Vor der Chiffre kommt die Arbeit des Begriffs, in der sich das Denken,
reflexiv bezogen auf den einen Ursprung von allem, selbst als die höchste Form
des Seins vergegenwärtigt. Das ist die hohe Schule der Metaphysik, die heute
vielen als unzeitgemäß gilt. Den Vorwurf, „nicht auf der Höhe der Zeit zu sein“,
riskiere er gerne, schreibt Halfwassen an einer Stelle, denn: „Metaphysik ist un-
verzichtbar“.
Als Akademiemitglied hat Halfwassen die KJG in schwierigen Jahren gelei-
tet. Ihm ist es zu verdanken, dass das lange Zeit mittellose Projekt den Weg nach
Heidelberg gefunden hat. Sein Engagement und seine Gremienerfahrung werden
fehlen, nicht zuletzt auch ein Schuss rheinländischer Jovialität. Tünnes und Schäl
konnte Halfwassen im Original zitieren, wenn es um den berüchtigten Anfang der
Hegelschen Logik, die Dialektik von Sein und Nichts, ging. Tünnes auf Löwen-
jagd in Afrika. Wie viele er denn erlegt habe, will Schäl wissen. „Keinen“, gesteht
Tünnes, aber: „Für Löwe is dat vill“.
Einen seiner letzten Vorträge, die Laudatio auf Rudolf G. Wagner, hielt Half-
wassen bei der Verleihung des Karl-Jaspers-Preises am 14. November 2019. Schon
über dieser Veranstaltung lag ein Schatten. Wagner konnte den Preis nicht mehr
persönlich entgegennehmen.
Wie der Kalender will, jährte sich 2019 auch der Todestag jaspers’ (26. Februar
1969). Im Spiegel erschien damals ein ausführlicher Nachruf von Rudolf Augstein.
Die Zeiten haben sich geändert - dass ausgerechnet die Universität Heidelberg,
die Jaspers viel zu verdanken hat, das Jubiläum für weitgehend ignorabel hielt,
braucht man nicht zu kommentieren: Jaspers’ Heidelberger Dependance ist in-
zwischen die Akademie der Wissenschaften. Die Jahresfeier 2019 stand ganz im
Zeichen von Jaspers, in seinem Festvortrag erinnerte Otfried Höffe an Jaspers als
europäischen Denker, der die visionäre Botschaft des geeinten Europas nicht nur
mit einem „lebenserfahrenen Pragmatismus“ verbinde, sondern den europäischen
Geist zugleich kosmopolitisch entgrenzt.
Die „Gesamtausgabe der Schriften von Karl Jaspers“ geht „erfreulich zügig
voran“, urteilten zuletzt die Informationsmittel für Bibliotheken: Eine ihrerseits
erfreuliche Außenperspektive, nur bleibt der ambitionierte Zeitplan weiterhin die
größte Herausforderung des Projekts. 2019 konnten drei Bände publiziert werden:
Die Gesammelten Schriften zur Psychopathologie (KJG 1/3), die Psychologie der
Weltanschauungen (KJG 1/6) und als erster, umfangreicher Nachlass-Band Die
Grundsätze des Philosophierens. Einführung in philosophisches Leben (KJG II/l).
Verzögert hat sich die ebenfalls für 2019 angekündigte Edition des Nietzsche
(KJG 1/17): Die Umstellung der zahlreichen Zitatnachweise auf die Standardaus-
gabe von Colli/Montinari, zusätzlich zu sichtende Dokumente, wie Jaspers’ frü-
he Nietzsche-Vorlesung von 1916 oder die einschlägige Korrespondenz mit Ernst
Mayer aus den 1930er Jahren haben deutlich mehr Zeit gekostet als veranschlagt.
Aufgrund der Materialfülle musste auch die Publikation des zweiten Teils der Ver-
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