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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2019 — 2020

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C. Die Forschungsvorhaben
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III. Drittmittel-geförderte Projekte
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21. Ludwik Fleck und seine ‚Denkkollektive‘: Der (Lemberger) Entstehungskontext seiner Ideen vom Denkstil und Denkkollektiv und ihre interdisziplinäre Rezeption
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https://doi.org/10.11588/diglit.55176#0336
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C. Die Forschungsvorhaben

Im Jahr 1935 veröffentlichte der damals noch wenig bekannte Lemberger Arzt
und Mikrobiologe Ludwik Fleck ein Buch in deutscher Sprache unter dem Titel
Entstehung und Entwicklung einer wissenschaftlichen Tatsache: Eine Einführung in die Lehre
vom Denkstil und Denkkollektiv. Diese Publikation fasste Flecks wissenschaftsphilo-
sophische und erkenntnistheoretische Ideen zusammen: Hiermit prägte er die Be-
griffe „Denkstil“ und „Denkkollektiv“, um den Forschungs- und Erkenntnisprozess
als eine gerichtete Wahrnehmung darzustellen, welcher wiederum durch die soziale
Konstellation (Kollektiv) geleitet und bestimmt wird. Unmittelbar nach seinem Er-
scheinen bekam das Buch eine Reihe sehr positiver Kritiken, und dennoch fand das
Werk zu Beginn nur einen geringen Leserkreis. Schuld daran waren nicht zuletzt
die historischen Umstände - der Zweite Weltkrieg, der Machtwechsel in Lviv/Lem-
berg (heute Ukraine), aber auch persönliche Umstände: die Deportation der Familie
Fleck nach Auschwitz und Buchenwald, die sie nicht zuletzt dank seinen Arbeiten an
Impfstoffen gegen Typhus überleben konnte. Erst mehrere Jahrzehnte nach seinem
Erscheinen sorgte Flecks Werk für enorme Aufmerksamkeit in vielen Disziplinen.
Seine Überlegungen zum Charakter wissenschaftlicher Produktion von Wissens-
ansprüchen, die Einsichten zur sozialen Konstitution des Wissens, erwiesen sich für
verschiedene Fachbereiche als wegweisend. Einen zweiten Atem gab den Fleckschen
Ideen die Publikation des US-amerikanischen Wissenschaftsphilosophen Thomas
Kuhn The Structure of Scientific Revolutions (1962). In seinem Vorwort bezog sich Kuhn
explizit auf die Studie Flecks. Von da an wurde der Lemberger Mediziner zuneh-
mend interdisziplinär als Vorläufer sozialkonstruktivistischer Tendenzen in der Er-
kenntnistheorie der Nachkriegszeitwahrgenommen.
Das Projekt Ludwik Fleck und seine ,Denkkollektive‘ beinhaltete zwei Gast-
aufenthalte von Kolleginnen aus der Ukraine, zwei Auslandsreisen sowie einen
Workshop in Lviv. Den Auftakt sowie den Abschluss des Projektes markierten die
Gastvorträge von Prof. Dr. Olena Halcta (Ukrainische Katholische Universität/
Nationale Ivan Franko-Universität Lviv) sowie von Dr. Sofia Dyak (Center for
Urban History of East Central Europe, Lviv), die an der Heidelberger Akademie
der Wissenschaften sowie an der Universität Heidelberg stattgefunden haben. Vor-
bereitet wurden die beiden Gastaufenthalte in enger Kooperation zwischen der
Heidelberger Akademie der Wissenschaften und der Universität Heidelberg (ver-
treten durch Prof. Dr. Dirk Werle, Dr. Karoline Thaidigsmann und Prof. Dr. Tanja
Penter). Im Gegenzug fanden mehrere Gastvorträge an der Katholischen Univer-
sität und an der Nationalen Ivan-Franko in Lviv statt.
Den Höhepunkt des Projektes stellte der internationale Workshop Ludwik
Fleck and his ,Thought Collectwes‘ dar, der vom 11. —14. April 2019 in Lviv stattge-
funden hat - am Ort, an dem der Gelehrte fast 50 Jahre wirkte. Beteiligt an dem
Workshop waren exzellente, in dem betreffenden Metier ausgewiesene Forsche-
rinnen und Forscher aus der Ukraine, Deutschland und Polen, die sich in diesen
Tagen am Center for Urban History of East Central Europe trafen. Eine wichtige

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