2. Das menschliche Spiegelneuronensystem (WIN-Programm)
dieser Funktion erwies sich die Stärke der Adaptation, also die Verringerung der
neuronalen Erregbarkeit nach jedem Spike. Diese musste im Vergleich zum ur-
sprünglichen Modell des präfrontalen Cortex (Hass, Hertäg & Durstewitz, 2016)
in allen Arealen deutlich verringert werden, um die gefundenen flacheren Input-
Output-Relationen zu reproduzieren. Das angepasste Modell ermöglicht es, die
Mechanismen der genetischen Variationen und der TMS-Manipulation zu unter-
suchen und liefert die Grundlage für die Erforschung der Funktion des Spiegel-
neuronensystems in der zweiten Förderperiode.
Zweite Förderperiode
Ein wesentliches Ergebnis der ersten Förderperiode war, dass es während der rei-
nen Betrachtung von emotionalen Gesichtsausdrücken wider Erwarten nicht zur
Aktivierung in Arealen des Spiegelneuronensystems kommt. Dieses Ergebnis ist
im Widerspruch zur Annahme, dass Spiegelneurone automatisch aktiviert wer-
den, wenn wir mit motorischen Ausdrücken konfrontiert werden. Daher wurde
in der zweiten Förderperiode die Leithypothese untersucht, dass die Aktivität der
Spiegelneuronen durch motivationale und intentionale Faktoren beeinflusst wird.
Derartige psychologische Faktoren wurden physiologisch mit einer tonischen Er-
höhung des Dopaminspiegels sowie einer erhöhten Power im Gammaspektrum
kortikaler Rhythmen in Verbindung gebracht.
Um diese Hypothese innerhalb des Modells zu präzisieren, wurden weiterhin
die Annahmen aufgestellt dass a) Emotionen in unterschiedlichen lokalen Zell-
verbünden (cell assemblies') enkodiert werden, die durch gegenseitige Hemmung in
Konkurrenz zueinander stehen und b) die Aktivität der Spiegelneuronen nur dann
im fMRT sichtbar wird, wenn diese Aktivität über eine gewisse Zeit aufrechterhal-
ten wird. Diese beiden Annahmen bilden einen Ansatzpunkt für die experimen-
telle Überprüfung der Hypothesen: Zum einen ist bekannt, dass sich die Stabilität
neuronaler Aktivität über eine längere Zeit durch einen erhöhten Dopaminspie-
gel verbessert. Umgekehrt könnte also eine verringerte Motivation und damit ein
verringertes Dopaminlevel zu einer zu kurzen Aktivierung der Spiegclneuronen
führen, die nicht ausreicht, um bei reiner Beobachtung im BOLD-Signal sicht-
bar zu werden. Zum anderen kam ein theoretischer Befund zum Einsatz, der im
Rahmen eines Forschungsaufenthalts von Dr. Hass in der Arbeitsgruppe von Prof.
Nancy Kopell an der Boston University erarbeitet wurde, nämlich dass die Dyna-
mik der cell assemblies durch relativ homogene inhibitorische Interneurone ko-
ordiniert wird (Hass et al., 2019). Die Eigenschaften dieser Interneurone sind im
Wesentlichen für die Frequenzen verantwortlich, mit denen die Aktivität der cell
assemblies oszilliert. Daraus leitet sich die Hypothese ab, dass mit jedem assembly
und damit auch mit jeder Emotion eine gut identifizierbare Signatur im Gamma-
Spektrum des EEG verknüpft sein sollte.
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dieser Funktion erwies sich die Stärke der Adaptation, also die Verringerung der
neuronalen Erregbarkeit nach jedem Spike. Diese musste im Vergleich zum ur-
sprünglichen Modell des präfrontalen Cortex (Hass, Hertäg & Durstewitz, 2016)
in allen Arealen deutlich verringert werden, um die gefundenen flacheren Input-
Output-Relationen zu reproduzieren. Das angepasste Modell ermöglicht es, die
Mechanismen der genetischen Variationen und der TMS-Manipulation zu unter-
suchen und liefert die Grundlage für die Erforschung der Funktion des Spiegel-
neuronensystems in der zweiten Förderperiode.
Zweite Förderperiode
Ein wesentliches Ergebnis der ersten Förderperiode war, dass es während der rei-
nen Betrachtung von emotionalen Gesichtsausdrücken wider Erwarten nicht zur
Aktivierung in Arealen des Spiegelneuronensystems kommt. Dieses Ergebnis ist
im Widerspruch zur Annahme, dass Spiegelneurone automatisch aktiviert wer-
den, wenn wir mit motorischen Ausdrücken konfrontiert werden. Daher wurde
in der zweiten Förderperiode die Leithypothese untersucht, dass die Aktivität der
Spiegelneuronen durch motivationale und intentionale Faktoren beeinflusst wird.
Derartige psychologische Faktoren wurden physiologisch mit einer tonischen Er-
höhung des Dopaminspiegels sowie einer erhöhten Power im Gammaspektrum
kortikaler Rhythmen in Verbindung gebracht.
Um diese Hypothese innerhalb des Modells zu präzisieren, wurden weiterhin
die Annahmen aufgestellt dass a) Emotionen in unterschiedlichen lokalen Zell-
verbünden (cell assemblies') enkodiert werden, die durch gegenseitige Hemmung in
Konkurrenz zueinander stehen und b) die Aktivität der Spiegelneuronen nur dann
im fMRT sichtbar wird, wenn diese Aktivität über eine gewisse Zeit aufrechterhal-
ten wird. Diese beiden Annahmen bilden einen Ansatzpunkt für die experimen-
telle Überprüfung der Hypothesen: Zum einen ist bekannt, dass sich die Stabilität
neuronaler Aktivität über eine längere Zeit durch einen erhöhten Dopaminspie-
gel verbessert. Umgekehrt könnte also eine verringerte Motivation und damit ein
verringertes Dopaminlevel zu einer zu kurzen Aktivierung der Spiegclneuronen
führen, die nicht ausreicht, um bei reiner Beobachtung im BOLD-Signal sicht-
bar zu werden. Zum anderen kam ein theoretischer Befund zum Einsatz, der im
Rahmen eines Forschungsaufenthalts von Dr. Hass in der Arbeitsgruppe von Prof.
Nancy Kopell an der Boston University erarbeitet wurde, nämlich dass die Dyna-
mik der cell assemblies durch relativ homogene inhibitorische Interneurone ko-
ordiniert wird (Hass et al., 2019). Die Eigenschaften dieser Interneurone sind im
Wesentlichen für die Frequenzen verantwortlich, mit denen die Aktivität der cell
assemblies oszilliert. Daraus leitet sich die Hypothese ab, dass mit jedem assembly
und damit auch mit jeder Emotion eine gut identifizierbare Signatur im Gamma-
Spektrum des EEG verknüpft sein sollte.
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