Antrittsrede von Manfred Berg
gar Mitglied dieser Akademie, werden würde, erscheint mir gerade am heutigen
Tag wie ein wunderbarer, doch leicht unwirklicher Traum. In den USA, denen
ich einen Großteil meiner wissenschaftlichen Arbeit gewidmet habe, würde man
vielleicht vom „American Dream“ sprechen, aber mein Traum ist eher ein „Hei-
delberger Traum“. Die Kolleginnen und Kollegen aus den übrigen Universitäten
unseres Bundeslandes bitte ich um Nachsicht für meinen akademischen Lokalpa-
triotismus.
Dabei stamme ich, wie man mir unschwer anhören kann, gar nicht aus der
Kurpfalz, sondern aus der niederrheinischen Provinzstadt Wesel, wo ich vor fast
sechzig Jahren geboren wurde und meine Jugend verbrachte. Angesichts meiner
Herkunft aus einem, wie man heute sagen würde, „Nichtakademikerhaushalt“ -
übrigens keineswegs gleichzusetzen mit „bildungsfern“ - waren weder der Besuch
des Gymnasiums noch das Studium an Deutschlands ältester Universität selbst-
verständlich. Heidelberg, wo ich 1980 mein Studium der Geschichte und der
Politischen Wissenschaft aufnahm, galt zwar manchen als etwas verschlafen und
traditionalistisch, aber für mich waren die Studienjahre hier, trotz oft überfüllter
Seminare, eine prägende Erfahrung der Freiheit und geistigen Entwicklung. Ge-
schichte hatte mich seit meiner Kindheit fasziniert; die mir in Heidelberg, insbe-
sondere von meinem Lehrer und Doktorvater Detlef Junker, gebotene Chance,
sie zu meinem Beruf zu machen, ergriff ich ohne langes Nachdenken über die
Unberechenbarkeit einer akademischen Laufbahn, die ich später noch kennenler-
nen sollte.
Im Sommer 1989 war es dann aber an der Zeit, Heidelberg erst einmal Adieu
zu sagen, als ich eine Mitarbeiterstelle an der FU Berlin erhielt. Dass ich den Fall
der Berliner Mauer vor Ort erleben durfte, habe ich auch deshalb als Glücksfall
empfunden, weil die dramatischen Ereignisse dem jungen Historiker vor Augen
führten, wie schnell vermeintliche Gewissheiten über Geschichte und Gegenwart
ins Wanken geraten können. 1992 tat ich dann den nächsten Schritt und wechsel-
te an das Deutsche Historische Institut in Washington, D.C., wo ich das Privileg
genoss, mich fünf Jahre lang ganz überwiegend meinen Forschungen widmen zu
können. Zwar war ich auch zuvor bereits zu Archivaufenthalten in den USA ge-
wesen, doch nun lernte ich das Land, seine Menschen und seine Kultur erst richtig
kennen. Auch persönlich waren die Washingtoner Jahre für meine Frau und mich
eine glückliche Zeit, vor allem wegen der Geburt unserer Tochter. Nach meiner
Rückkehr aus den USA habilitierte ich mich an der FU Berlin, es folgten Vertre-
tungsprofessuren ebendort, in Köln und in Erlangen und schließlich die Leitung
des Zentrums für USA-Studien in Wittenberg.
2005 erhielt ich dann den Ruf auf die Curt-Engelhorn-Professur für Ame-
rikanische Geschichte in Heidelberg. Für mich erfüllte sich mit der Rückkehr
an meine Alma Mater ein Lebenstraum. Ich habe hier ein geistiges und soziales
Leben mit vielen großartigen Kolleginnen und Kollegen, ambitionierten Studie-
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gar Mitglied dieser Akademie, werden würde, erscheint mir gerade am heutigen
Tag wie ein wunderbarer, doch leicht unwirklicher Traum. In den USA, denen
ich einen Großteil meiner wissenschaftlichen Arbeit gewidmet habe, würde man
vielleicht vom „American Dream“ sprechen, aber mein Traum ist eher ein „Hei-
delberger Traum“. Die Kolleginnen und Kollegen aus den übrigen Universitäten
unseres Bundeslandes bitte ich um Nachsicht für meinen akademischen Lokalpa-
triotismus.
Dabei stamme ich, wie man mir unschwer anhören kann, gar nicht aus der
Kurpfalz, sondern aus der niederrheinischen Provinzstadt Wesel, wo ich vor fast
sechzig Jahren geboren wurde und meine Jugend verbrachte. Angesichts meiner
Herkunft aus einem, wie man heute sagen würde, „Nichtakademikerhaushalt“ -
übrigens keineswegs gleichzusetzen mit „bildungsfern“ - waren weder der Besuch
des Gymnasiums noch das Studium an Deutschlands ältester Universität selbst-
verständlich. Heidelberg, wo ich 1980 mein Studium der Geschichte und der
Politischen Wissenschaft aufnahm, galt zwar manchen als etwas verschlafen und
traditionalistisch, aber für mich waren die Studienjahre hier, trotz oft überfüllter
Seminare, eine prägende Erfahrung der Freiheit und geistigen Entwicklung. Ge-
schichte hatte mich seit meiner Kindheit fasziniert; die mir in Heidelberg, insbe-
sondere von meinem Lehrer und Doktorvater Detlef Junker, gebotene Chance,
sie zu meinem Beruf zu machen, ergriff ich ohne langes Nachdenken über die
Unberechenbarkeit einer akademischen Laufbahn, die ich später noch kennenler-
nen sollte.
Im Sommer 1989 war es dann aber an der Zeit, Heidelberg erst einmal Adieu
zu sagen, als ich eine Mitarbeiterstelle an der FU Berlin erhielt. Dass ich den Fall
der Berliner Mauer vor Ort erleben durfte, habe ich auch deshalb als Glücksfall
empfunden, weil die dramatischen Ereignisse dem jungen Historiker vor Augen
führten, wie schnell vermeintliche Gewissheiten über Geschichte und Gegenwart
ins Wanken geraten können. 1992 tat ich dann den nächsten Schritt und wechsel-
te an das Deutsche Historische Institut in Washington, D.C., wo ich das Privileg
genoss, mich fünf Jahre lang ganz überwiegend meinen Forschungen widmen zu
können. Zwar war ich auch zuvor bereits zu Archivaufenthalten in den USA ge-
wesen, doch nun lernte ich das Land, seine Menschen und seine Kultur erst richtig
kennen. Auch persönlich waren die Washingtoner Jahre für meine Frau und mich
eine glückliche Zeit, vor allem wegen der Geburt unserer Tochter. Nach meiner
Rückkehr aus den USA habilitierte ich mich an der FU Berlin, es folgten Vertre-
tungsprofessuren ebendort, in Köln und in Erlangen und schließlich die Leitung
des Zentrums für USA-Studien in Wittenberg.
2005 erhielt ich dann den Ruf auf die Curt-Engelhorn-Professur für Ame-
rikanische Geschichte in Heidelberg. Für mich erfüllte sich mit der Rückkehr
an meine Alma Mater ein Lebenstraum. Ich habe hier ein geistiges und soziales
Leben mit vielen großartigen Kolleginnen und Kollegen, ambitionierten Studie-
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