B. Die Mitglieder
über „Die Götter der Griechen“ (1969, 3. Auflage 1985) und „Die Götter der Rö-
mer“ (1990, 2. Auflage 1998) erhielten durch die Weite des Blickes auf Texte, Bild-
werke und Kultstätten eine ungemein starke Vitalität. Damit erreichten sie eine
Leserschaft weit über die Kreise der Wissenschaft hinaus.
Noch mehr wurde Erika Simon in ihren frühen Jahren zu einer Protagonis-
tin der römischen Archäologie in Deutschland, die weit in die Zukunft wies. Mit
ihren Arbeiten zu Denkmälern um Augustus hat sie maßgeblich eine Entwick-
lung eingeleitet, mit der seit den späten 1960er Jahren die römische Archäologie in
Deutschland zum wichtigsten Paradigma des Faches avancierte. Dies war nicht nur
eine Wiedergewinnung der römischen Kunst, die in der Klassischen Archäologie
— nach einer ersten ,Entdeckung4 spezifisch römischer Formkonzepte im früheren
20. Jahrhundert — sehr im Hintergrund des Interesses gestanden hatte, sondern
zugleich eine enorme Ausweitung der Fragestellungen mit weit reichenden Kon-
sequenzen: Denn hier ging es nicht mehr nur um Phänomene der künstlerischen
Form und des Stils, sondern um weitreichende historische Kontexte: Geschichte
und Politik traten in den Blick, Religion und Mythologie kamen als Konzepte der
Herrschaft ins Spiel, politische Ikonographie wurde als ein komplexes Medium
von öffentlicher Wirkung verstanden. Die frühen Arbeiten „Zur Augustusstatue
von Prima Porta“ (1957) und „Ara Pacis Augustae“ (1963/1967) gehören bis heute
zu den besten Texten über diese berühmten Denkmäler. In ganz anderer Weise
innovativ war Erika Simons Monographie über „Die Portlandvase“ (1957), mit der
sie sich habilitierte: So umstritten ihre Deutung auf die Geburtslegende des Augus-
tus bis heute ist, sie eröffnet auf ingeniöse Weise die Perspektive einer politischen
Bildsprache in der luxuriösen Hofkunst um Augustus. Mit diesen Arbeiten hat sie
vielen jüngeren Archäologen den Weg in die römische Archäologie gewiesen.
Später hat Erika Simon ihre Forschungen über den Begründer des römischen
Principats und die frühe Kaiserzeit in ihrem Buch über Augustus (1986) zusam-
mengefasst. Neben dem Augustus-Buch von Paul Zänker, das sich konsequent
auf die Repräsentation und Rezeption des Kaisers und seiner Herrschaftsideologie
konzentriert, wird hier in einer weiter ausgreifenden Form ein vielseitiges kultur-
geschichtliches Panorama von „Kunst und Leben in Rom um die Zeitenwende“
(so der Untertitel) ausgebreitet.
Ein besonderer Vorzug von Erika Simons Verständnis der griechischen und
römischen Kultur liegt darin, dass sie sie nicht als isoliertes Phänomen sieht, son-
dern sie in den großen historischen Kontext der Kulturen vor, neben und nach der
klassischen Antike stellt. Sie hat damit entschieden dazu beigetragen, die griechi-
sche und römische Antike von dem Anspruch der ,klassischen4 Einzigartigkeit zu
befreien.
Die langen Traditionen von Religion und Mythos haben Erika Simon den
Blick auf das kulturelle Verhältnis zwischen der minoischen und mykenischen
Bronzezeit und der späteren griechischen Geschichte gelenkt. In dem zusam-
204
über „Die Götter der Griechen“ (1969, 3. Auflage 1985) und „Die Götter der Rö-
mer“ (1990, 2. Auflage 1998) erhielten durch die Weite des Blickes auf Texte, Bild-
werke und Kultstätten eine ungemein starke Vitalität. Damit erreichten sie eine
Leserschaft weit über die Kreise der Wissenschaft hinaus.
Noch mehr wurde Erika Simon in ihren frühen Jahren zu einer Protagonis-
tin der römischen Archäologie in Deutschland, die weit in die Zukunft wies. Mit
ihren Arbeiten zu Denkmälern um Augustus hat sie maßgeblich eine Entwick-
lung eingeleitet, mit der seit den späten 1960er Jahren die römische Archäologie in
Deutschland zum wichtigsten Paradigma des Faches avancierte. Dies war nicht nur
eine Wiedergewinnung der römischen Kunst, die in der Klassischen Archäologie
— nach einer ersten ,Entdeckung4 spezifisch römischer Formkonzepte im früheren
20. Jahrhundert — sehr im Hintergrund des Interesses gestanden hatte, sondern
zugleich eine enorme Ausweitung der Fragestellungen mit weit reichenden Kon-
sequenzen: Denn hier ging es nicht mehr nur um Phänomene der künstlerischen
Form und des Stils, sondern um weitreichende historische Kontexte: Geschichte
und Politik traten in den Blick, Religion und Mythologie kamen als Konzepte der
Herrschaft ins Spiel, politische Ikonographie wurde als ein komplexes Medium
von öffentlicher Wirkung verstanden. Die frühen Arbeiten „Zur Augustusstatue
von Prima Porta“ (1957) und „Ara Pacis Augustae“ (1963/1967) gehören bis heute
zu den besten Texten über diese berühmten Denkmäler. In ganz anderer Weise
innovativ war Erika Simons Monographie über „Die Portlandvase“ (1957), mit der
sie sich habilitierte: So umstritten ihre Deutung auf die Geburtslegende des Augus-
tus bis heute ist, sie eröffnet auf ingeniöse Weise die Perspektive einer politischen
Bildsprache in der luxuriösen Hofkunst um Augustus. Mit diesen Arbeiten hat sie
vielen jüngeren Archäologen den Weg in die römische Archäologie gewiesen.
Später hat Erika Simon ihre Forschungen über den Begründer des römischen
Principats und die frühe Kaiserzeit in ihrem Buch über Augustus (1986) zusam-
mengefasst. Neben dem Augustus-Buch von Paul Zänker, das sich konsequent
auf die Repräsentation und Rezeption des Kaisers und seiner Herrschaftsideologie
konzentriert, wird hier in einer weiter ausgreifenden Form ein vielseitiges kultur-
geschichtliches Panorama von „Kunst und Leben in Rom um die Zeitenwende“
(so der Untertitel) ausgebreitet.
Ein besonderer Vorzug von Erika Simons Verständnis der griechischen und
römischen Kultur liegt darin, dass sie sie nicht als isoliertes Phänomen sieht, son-
dern sie in den großen historischen Kontext der Kulturen vor, neben und nach der
klassischen Antike stellt. Sie hat damit entschieden dazu beigetragen, die griechi-
sche und römische Antike von dem Anspruch der ,klassischen4 Einzigartigkeit zu
befreien.
Die langen Traditionen von Religion und Mythos haben Erika Simon den
Blick auf das kulturelle Verhältnis zwischen der minoischen und mykenischen
Bronzezeit und der späteren griechischen Geschichte gelenkt. In dem zusam-
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