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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2007 — 2007

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I. Das Geschäftsjahr 2007
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Jahresfeier am 9. Juni 2007
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Wolgast, Eike: Pax optima rerum: Theorie und Praxis des Friedensschlusses in der Neuzeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.66959#0026
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9. Juni 2007 | 39

Ende des Dreißigjährigen Krieges für die Zeitgenossen bedeutete. Seit 1645 tagte in
Münster und Osnabrück ein diplomatischer Großkongreß - der erste der modernen
Geschichte überhaupt an seinem Ende stand jedoch nicht ein multilateraler Ver-
trag, sondern das Ergebnis waren vielmehr zwei Verträge, die aber in vielen Artikeln
wortgleich waren? Wie jede ordentliche Urkunde begannen die beiden Texte mit
der Invocatio: „In nomine sacrosanctae et mdividuae trinitatis.“ Danach folgte die
Präambel mit der üblichen Verkündigungsformel: „Notum sit omnibus et singulis,
quorum interest aut quomodohbet mteresse potest“, und mit der Nennung der ver-
tragschließenden Herrscher, einschließlich der verstorbenen Vorgänger (Ferdinand II.
und Gustav Adolf). Zur Präambel gehörte auch die kurze Erzählung der Umstände,
die zum Friedensschluß geführt hatten, also eine Bemerkung über die Entstehung
des Krieges und über seine Schrecken: die Vergießung christlichen Blutes und die
Verwüstung zahlreicher Landstriche. „Tandem divina bonitate factum est“, daß der
Wunsch nach Frieden sich manifestierte; die Unterhändler waren nach Anrufung der
Hilfe Gottes („post invocatum divini numinis auxilium“) und nach dem Austausch
ihrer Vollmachten in Verhandlungen eingetreten und zum Abschluß gelangt — „ad
divini numinis glonam et Chnstianae reipublicae salutem“.
Der eigentliche Vertragstext begann sehr betont mit dem Stichwort „Pax“ — sie
wurde qualifiziert als „Christiana, universalis, perpetua“.3 * * 6 * Diese Charakterisierung
war in der Geschichte der Friedensverträge offensichtlich neu; die Formulierung
stammte aus der schwedischen Proposition, einem Vertragsentwurf von 1645, der
vielleicht vom schwedischen Gesandten Johan Adler Salvius selbst aufgesetzt worden
war. Vermutlich ohne Einfluß war die entsprechende Formulierung im Prager Frie-
den des Kaisers mit Kursachsen von 1635: „em christlicher, allgemeiner, ehrbarer, bil-
liger und sicherer Frieden im Heiligen Römischen Reich“. Der Kaiser nahm 1645
die schwedische Formulierung auf, Frankreich folgte erst 1647. Die Bezeichnung
„universalis“ rechtfertigte sich nicht nur durch die große Zahl der Kriegführenden,
sondern auch durch den Einschluß nahezu aller europäischen Herrscher in den Frie-
den, von England bis Polen, von Portugal bis Moskau, von Venedig bis Siebenbür-
gen. Nur der Papst und der Sultan wurden von keiner Seite in den Frieden inklu-
diert.
Mit der pax-Formel verband sich die „vera et sincera amicitia“ zwischen den
Vertragsschließenden - die Freundschaft verstärkte den Frieden.8 Nicht nur Beendi-

3 Textkritische Ausgabe jetzt in den Acta Pacis Westphalicae Ser. III Abt. B Bd. 1: Die Friedensver-
träge mit Frankreich und Schweden, bearbeitet von Antje Oschmmn, Münster 1998 (zitiert wird
im Folgenden nach dem Instrumentum Osnabrugense — IPO)
6 Vgl. zum Folgenden Heinhard Steiger, Die Friedenskonzeption der Verträge von Münster und
Osnabrück vom 24. Oktober 1648. In: Olav Moorman van Kappen/Dieter Weyduckel (Hg.), Der
Westfälische Frieden in rechts- und staatstheoretischer Perspektive, Berlin 1998, 189-209.
' Kathrin Bierther, Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges NF 2. Teil Bd.
10/4, München/Wien 1997, 1606.
8 Vgl. dazu jetzt Klaus Oschema (Hg.), Freundschaft oder „amitie“? Ein politisch-soziales Konzept
der Vormoderne im zwischensprachlichen Vergleich (15.—17. Jahrhundert) (= Zeitschrift für
historische Forschung Beiheft 40), Berlin 2007.
 
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