100 | SITZUNGEN
Mitteilungen
Am Dienstag, den 11. Dezember 2007, findet eine Veranstaltung der Heidelberger
Akademie in der Landesvertretung Berlin statt. Herr Mohr wird über das Thema
„Wissenschaftliche Kompetenz und politische Verantwortung“ einen öffentlichen
Vortrag halten. Alle Akademiemitglieder sind eingeladen.
Am Samstag, den 15. Dezember 2007, findet die auswärtige öffentliche Sitzung in
Stuttgart statt. Herr Franke wird einen Vortrag halten: „Molekulare Tumordiagnostik:
wichtige und ungeliebte Wahrheiten“.
WISSENSCHAFTLICHE SITZUNG
Herr Ronald Asch hält einen Vortrag: „Europäischer Adel um 1600: Krise oder
erfolgreiche Selbsttransformation einer Machtelite?“
Am 25. Februar 1601 wurde vor dem Tower in London einer der höchstrangigen
englischen Adligen, Robert Devereux, Earl of Essex hingerichtet. Essex hatte ver-
sucht, in einer Art Staatsstreich die Gunst der Königin Elisabeth L, bei der in Ungna-
de gefallen war, wiederzuerlangen. Die Auseinandersetzungen zwischen der altern-
den Königin und dem jungen und attraktiven Adligen, der sich zeitweilig durchaus
auf die Konventionen des höfischen Kultes um eine vorgeblich immer noch erotisch
attraktive ewig junge Königin eingelassen hatte, sind Gegenstand zahlreicher histo-
rischer Romane und romantischer Darstellungen bin hin zur Oper und zum Film
geworden. Die Rolle des Earl of Essex als Verehrer der Königin soll aber hier nicht
unser Thema sein, wichtiger ist für uns diese Hinrichtung in einem anderen Kon-
text, als Ende einer Revolte, in der noch einmal ein adliger Magnat dem Monarchen
seinen Willen aufzwingen wollte, gestützt auf seine militärische Klientel, aber auch
auf seine Popularität in der Öffentlichkeit und auf eine zeitweilig durchaus geschick-
te Propaganda, für die auch Shakespeares Dramen mobilisiert wurden. An Beispielen
für Adelsrevolten fehlt es in der Epoche um 1600 oder zu Beginn des 17. Jahrhun-
derts nicht. Man denke an den Prager Fenstersturz von 1618 oder die zahlreichen
Revolten in Frankreich, die in der Fronde von 1648-52 ihren Abschluß fanden.
Nimmt man diese Ereignisse zusammen, so scheint sich das Bild eines Niedergangs
des Hochadels um 1600 zu ergeben, wie es in der älteren Forschung auch oft genug
gezeichnet worden ist. Dies ist allerdings ein sehr einseitiges Bild, denn den geschei-
terten Rebellen wie Essex lassen sich andere Adlige gegenüberstellen, die gerade
durch die Zusammenarbeit mit der Krone aufstiegen und profitierten oder sich trotz
allem ein hohes Maß an Autonomie zu wahren wußten. Als eigentliches Problem für
den Adel stellte sich um 1600 daher auch weniger der Staatsbildungsprozeß dar, an
dem er in vielen Fällen selbst gestaltend beteiligt war, sondern eher die Aufgabe, in
einer Zeit sozialer und kultureller Umbrüche seine eigene ständische Identität zu
wahren.
Diese Aufgabe war auch deshalb schwer zu bewältigen, weil sich die Zusam-
mensetzung gerade des niederen Adels in im 16. Jahrhundert sichtbar wandelte. Der
niedere Adel war in den meisten europäischen Ländern noch kein juristisch eindeu-
Mitteilungen
Am Dienstag, den 11. Dezember 2007, findet eine Veranstaltung der Heidelberger
Akademie in der Landesvertretung Berlin statt. Herr Mohr wird über das Thema
„Wissenschaftliche Kompetenz und politische Verantwortung“ einen öffentlichen
Vortrag halten. Alle Akademiemitglieder sind eingeladen.
Am Samstag, den 15. Dezember 2007, findet die auswärtige öffentliche Sitzung in
Stuttgart statt. Herr Franke wird einen Vortrag halten: „Molekulare Tumordiagnostik:
wichtige und ungeliebte Wahrheiten“.
WISSENSCHAFTLICHE SITZUNG
Herr Ronald Asch hält einen Vortrag: „Europäischer Adel um 1600: Krise oder
erfolgreiche Selbsttransformation einer Machtelite?“
Am 25. Februar 1601 wurde vor dem Tower in London einer der höchstrangigen
englischen Adligen, Robert Devereux, Earl of Essex hingerichtet. Essex hatte ver-
sucht, in einer Art Staatsstreich die Gunst der Königin Elisabeth L, bei der in Ungna-
de gefallen war, wiederzuerlangen. Die Auseinandersetzungen zwischen der altern-
den Königin und dem jungen und attraktiven Adligen, der sich zeitweilig durchaus
auf die Konventionen des höfischen Kultes um eine vorgeblich immer noch erotisch
attraktive ewig junge Königin eingelassen hatte, sind Gegenstand zahlreicher histo-
rischer Romane und romantischer Darstellungen bin hin zur Oper und zum Film
geworden. Die Rolle des Earl of Essex als Verehrer der Königin soll aber hier nicht
unser Thema sein, wichtiger ist für uns diese Hinrichtung in einem anderen Kon-
text, als Ende einer Revolte, in der noch einmal ein adliger Magnat dem Monarchen
seinen Willen aufzwingen wollte, gestützt auf seine militärische Klientel, aber auch
auf seine Popularität in der Öffentlichkeit und auf eine zeitweilig durchaus geschick-
te Propaganda, für die auch Shakespeares Dramen mobilisiert wurden. An Beispielen
für Adelsrevolten fehlt es in der Epoche um 1600 oder zu Beginn des 17. Jahrhun-
derts nicht. Man denke an den Prager Fenstersturz von 1618 oder die zahlreichen
Revolten in Frankreich, die in der Fronde von 1648-52 ihren Abschluß fanden.
Nimmt man diese Ereignisse zusammen, so scheint sich das Bild eines Niedergangs
des Hochadels um 1600 zu ergeben, wie es in der älteren Forschung auch oft genug
gezeichnet worden ist. Dies ist allerdings ein sehr einseitiges Bild, denn den geschei-
terten Rebellen wie Essex lassen sich andere Adlige gegenüberstellen, die gerade
durch die Zusammenarbeit mit der Krone aufstiegen und profitierten oder sich trotz
allem ein hohes Maß an Autonomie zu wahren wußten. Als eigentliches Problem für
den Adel stellte sich um 1600 daher auch weniger der Staatsbildungsprozeß dar, an
dem er in vielen Fällen selbst gestaltend beteiligt war, sondern eher die Aufgabe, in
einer Zeit sozialer und kultureller Umbrüche seine eigene ständische Identität zu
wahren.
Diese Aufgabe war auch deshalb schwer zu bewältigen, weil sich die Zusam-
mensetzung gerade des niederen Adels in im 16. Jahrhundert sichtbar wandelte. Der
niedere Adel war in den meisten europäischen Ländern noch kein juristisch eindeu-