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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2007 — 2007

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I. Das Geschäftsjahr 2007
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Antrittsreden
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Asch, Ronald G.: Antrittsrede vom 27. Januar 2007
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https://doi.org/10.11588/diglit.66959#0119
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Antrittsreden

Antrittsrede von Herrn RONALD G. ASCH
an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften vom 27. Januar 2007


Herr Präsident sehr geehrte Mitglieder der Akademie,
vor dieser Antrittsrede hat man mir den diskreten Hin-
weis zukommen lassen, daß ich über alles sprechen
könne, insbesondere auch über mich selbst, nur nicht
über 10 oder maximal 15 Minuten, und ich werde ver-
suchen, mich an diese Mahnung zur Kürze zu halten.
Ich wurde 1953 in Hamburg geboren und bin
dort auch zwischen Alster und Mittelweg als Sohn
eines Im- und Exportkaufmannes aufgewachsen. Die
meisten meiner Vorfahren waren in dieser oder jener
Form Kaufleute; eine Ausnahme war eigentlich nur ein

Mitglied des Berliner Zweiges der Familie, der Mediziner Dr. Max Asch, dessen
Hauptanspruch auf Nachruhm jedoch darin besteht, daß er in den 1890er Jahren
Saufkumpan des norwegischen Malers Munch in der Berliner Weinstube „Zum
Schwarzen Ferkel“ gewesen war.
Es gibt eigentlich nur zwei Sorten von Hamburgern, jene die ihre Vaterstadt
nie verlassen und jene, die für einige Jahre Weggehen und dann zurückkehren, dar-
aus können sie schon ersehen, daß ich ein wenig aus der Art geschlagen bin, da ich
in Freiburg lebe und lehre. Indes, wenn man es nicht zum Schiffahrtsmakler, Banker,
oder Elblotsen gebracht hat, sondern nur schlichter Hochschullehrer ist, ist Hamburg
nicht in jeder Hinsicht ein ganz idealer Aufenthaltsort, so sehr ich mich meiner
Vaterstadt und ihrer spezifischen Mentalität, die südlich der Elbe nicht immer auf
Verständnis stößt, auch verbunden fühle. In Hamburg habe ich das nüchterne Wil-
helm Gymnasium, keine der wirklich alten Schulen der Stadt, besucht und zwar den
altsprachlichen Zug. Aus dem Griechischunterricht sind mir vor allem die aus
Thukydides abgeleiteten Warnungen meines Lehrers vor einer entarteten Demokra-
tie, für die der Lampenfabrikant Kleon als Verkörperung des Demagogen stand, im
Gedächtnis haften geblieben. Aus dem Lateinunterricht ist mir noch am ehesten das
Prinzip „lever dood als slav“ in Erinnerung, das unser Lateinlehrer freilich nicht
unmittelbar aus der antiken Literatur, sondern vielmehr aus der Geschichte der Dith-

marscher Bauernrepublik geschöpft hatte, der er sich als Holsteiner Bauernsohn ver-
bunden wußte. Diese Art von Freiheitssinn ist freilich heutzutage für einen deut-
schen Hochschullehrer, der an einer Institution tätig, ist, die vielerorts nach den Prin-
zipien einer barocken Monarchie regiert wird, verbunden, wenn man Pech hat, mit
den Regeln einer sozialistischen Planwirtschaft, in der Regel nicht zuträglich. Hier
hält man sich besser an die Maximen der frühneuzeitlichen Hofmannslehren und an
 
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