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Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2007 — 2007

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I. Das Geschäftsjahr 2007
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Wissenschaftliche Sitzungen
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Sitzung der Phil.-hist. Klasse am 16. Januar 2007
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Maran, Joseph: Gab es eine Krise vor dem Untergang der mykenischen Palastgesellschaft? - Neue Forschungsergebnisse aus der Argolis
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https://doi.org/10.11588/diglit.66959#0049
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SITZUNGEN

Vorkehrungen für den Kriegsfall, die um 1250 v. Chr. anlässlich des Neubaus der
Befestigungen von Mykene undTiryns ausgefiihrt wurden, auf die Realität kriege-
rischer Konflikte in dieser Zeit hin, doch wurde ein Teil dieser defensiven Maßnah-
men noch vor 1200 v. Chr. wieder aufgehoben und durch neue höchst ehrgeizige
architektonische Neuplanungen ersetzt, die eher auf eine Konsolidierung der Lage
und friedliche Zustände hindeuten. Deshalb ist zu bezweifeln, dass sich die Macht-
haber am Vorabend der Katastrophe in einer Krise gefühlt haben. Im Gegenteil, alles
deutet darauf hm, dass sie bis zuletzt über weit reichende internationale Kontakte
verfügten und große Pläne für die Zukunft schmiedeten, da sie die Ausführung
umfangreicher neuer Bauprogramme in die Wege leiteten. Dass die von ihnen
erhoffte Zukunft nie eintrat, ist darauf zurückzuführen, dass sie die Auswirkungen
vergangener Kriege und Baumaßnahmen auf die Bevölkerung ihrer doch sehr klei-
nen Reiche unterschätzt hatten. Durch die fortwährende Mobilisierung der Gesell-
schaft für Krieg und Fronarbeit wurden die Ortschaften, von deren Abgaben die
Paläste abhängig waren, unter einen immer größeren Druck gesetzt, da ein Teil der
männlichen Bevölkerung aufgrund anderer Verpflichtungen nicht mehr der Land-
wirtschaft nachgehen konnte. Als die Erdbebenkatastrophe eintrat, war es weniger
die Zerstörung der Paläste als die der Ortschaften, die das schnelle Auseinanderbre-
chen des mykemschen Königtums in der Argolis bewirkte. Unvermittelt wurde die
Versorgung der Paläste durch Tribute und andere Lieferung unterbrochen, und den
zerstörten Ortschaften konnte so umgekehrt keine Hilfe seitens der Zentren zuteil
werden.
Gelegentlich wird die Meinung vertreten, der Zusammenbruch der mykeni-
schen Paläste müsse sich wie eine Erlösung auf die Bevölkerung ausgewirkt haben,
da diese nunmehr weder Abgaben noch Fronarbeit oder Kriegsdienst zu leisten
hatte. Dies ist wahrscheinlich eine unrealistische Einschätzung, denn die Implosion
der Zentralgewalt dürfte für die Überlebenden sehr unliebsame Konsequenzen
gehabt haben. In der verzweifelten Situation nach der Katastrophe werden Mitglie-
der der ehemaligen militärischen Elite nach Wegen gesucht haben, ihre Spezial-
kenntnisse in der Anwendung von Gewalt zu nutzen, um für sich und die ihren eine
neue Lebensgrundlage, aber auch eine neue Machtbasis zu schaffen. Da aufgrund der
Zerstörungen in ihrer eigenen Region wenig zu holen war, wandten sich diese
,,war-loards“ mit ihren Heeresverbänden gegen die aus ähnlichen Gründen ebenfalls
geschwächten Königreiche Mittel- und Südgriechenlands und der Inseln der Ägäis
und zerstörten sie, wodurch weitere Kettenreaktionen ausgelöst wurden. In dem
Zusammenbruch der mykenischen Kernregion Argolis ist damit ein wichtiger Aus-
gangspunkt jener Zerstörungen zu sehen, die zunächst in Griechenland und dann im
östlichen Mittelmeer immer weitere Kreise ziehen sollten.
Dass die letzten mykenischen Könige der Argolis bis zuletzt große Taten voll-
bracht haben, mag für sie und ihr Reich zwar von Schaden gewesen sein, sicherte
ihnen aber ironischerweise bleibenden Ruhm. Es waren nämlich wohl genau diese
Taten, die ihnen in der Zeit nach der Katastrophe den Nimbus allmächtiger und
energischer Herrscher einbrachten und mitentscheidend für die Entstehung jenes
Topos eines für immer vergangenen heroischen Zeitalters werden sollten, der viel
 
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