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SITZUNGEN
Intentionen und Deutungsmuster
Der praktische Syllogismus bezieht sich erkennbar auf die Intentionen der Akteure,
und das entspricht auch der Konzeption bei Weber über das Verstehen und den sub-
jektiven Sinn:
„DasVerständliche daran (etwa einem gefundenen „Artefakt“; HE) ist ... die Bezo-
genheit des menschlichen Handelns darauf, entweder als „Mittel“ oder als „Zweck“.
.... Nur in diesen Kategorien findet ein Verstehen ... statt.“ (Weber, 1972: 3)
Oder:
„Jede denkende Besinnung auf die letzten Elemente sinnvollen Handelns ist zunächst
gebunden an die Kategorien „Zweck“ und „Mittel“ (Weber 1982: 149)
Damit aber wird eine weitere Verbindung zu den dezidiert erklärenden Ansätzen in
den Sozialwissenschaften erkennbar: den Theorien des rationalen Handelns. Der
Wille W kann leicht als die Bewertung von Zielzuständen und der Glaube G als die
(subjektive) Erwartung aufgefasst werden, dass sich über das Handeln H die Zielzu-
stände mit ihren Bewertungen auch verwirklichen lassen. Wenn man so will: Die
Theorie des rationalen Handelns ermöglicht die erklärende Erfassung des subjekti-
ven Sinns und setzt dabei in der Tat auch em valides „Verstehen“ der Ziele und der
Mittelvorstellungen der Akteure in dem Sinne voraus, dass man sie in einer eigenen
Forschungsanstrengung empirisch bestimmen muss. Für Max Weber hat daher nicht
ohne Grund die zweckrationale Rekonstruktion das höchste Maß an „Verständlich-
keit“ und „Sinnevidenz“, und die Ökonomie wäre so gesehen eine durch und durch
hermeneutische Disziplin (was sie aber weitgehend über ihre axiomatischen Festle-
gungen eines „homo oeconomicus“ vergisst).
Das ist, wie man sich denken kann, keine allgemein geteilte Auffassung, und
eines der Kernargumente dagegen bezieht sich auf ein, wie es zunächst scheint, ganz
anderes Konzept des Sinns und des Verstehens. Es hat mit der Bedeutung kultureller
Muster und Typisierungen für das Tun und die sozialen Vorgänge zu tun, also mit den
„Weltbildern“, „Deutungsmustern“ und „Ideen“, die neben den rationalen Interes-
sen und normativen institutionellen Vorgaben das Handeln der Menschen prägen.
Eine neuere Zusammenfassung dieser u.a. auf Alfred Schütz in Kritik an Weber
zurück gehenden Konzeption formuliert das so:
„Jeder Versuch, den subjektiven Sinn von Äußerungen und Handlungen zu verste-
hen, ... verlangt den Gebrauch von Typisierungen“ .... Eine Äußerung zu verstehen
heißt, ... sie auf bestimmte Typisierungen oder Deutungsschemata zu beziehen ... .“
(Schneider 2004: 17; Hervorhebungen nicht im Original)
Solche Deutungsmuster sind mentale Modelle für die „Definition“ einer Situation
und für em darin dann „angemessenes“ Handeln. In der kognitiven (Sozial-)Psy-
chologie haben sich dafür die Begriffe Schema, Frame und Skript etabliert. In gege-
benen Situationen werden aufgrund bestimmter „signifikanter“ Symbole jeweils
bestimmte derartiger mentaler Modelle aktiviert, die dann das Handeln bestimmen,
oft ganz automatisch und ohne jeden Bezug auf das Bedenken von Folgen und
SITZUNGEN
Intentionen und Deutungsmuster
Der praktische Syllogismus bezieht sich erkennbar auf die Intentionen der Akteure,
und das entspricht auch der Konzeption bei Weber über das Verstehen und den sub-
jektiven Sinn:
„DasVerständliche daran (etwa einem gefundenen „Artefakt“; HE) ist ... die Bezo-
genheit des menschlichen Handelns darauf, entweder als „Mittel“ oder als „Zweck“.
.... Nur in diesen Kategorien findet ein Verstehen ... statt.“ (Weber, 1972: 3)
Oder:
„Jede denkende Besinnung auf die letzten Elemente sinnvollen Handelns ist zunächst
gebunden an die Kategorien „Zweck“ und „Mittel“ (Weber 1982: 149)
Damit aber wird eine weitere Verbindung zu den dezidiert erklärenden Ansätzen in
den Sozialwissenschaften erkennbar: den Theorien des rationalen Handelns. Der
Wille W kann leicht als die Bewertung von Zielzuständen und der Glaube G als die
(subjektive) Erwartung aufgefasst werden, dass sich über das Handeln H die Zielzu-
stände mit ihren Bewertungen auch verwirklichen lassen. Wenn man so will: Die
Theorie des rationalen Handelns ermöglicht die erklärende Erfassung des subjekti-
ven Sinns und setzt dabei in der Tat auch em valides „Verstehen“ der Ziele und der
Mittelvorstellungen der Akteure in dem Sinne voraus, dass man sie in einer eigenen
Forschungsanstrengung empirisch bestimmen muss. Für Max Weber hat daher nicht
ohne Grund die zweckrationale Rekonstruktion das höchste Maß an „Verständlich-
keit“ und „Sinnevidenz“, und die Ökonomie wäre so gesehen eine durch und durch
hermeneutische Disziplin (was sie aber weitgehend über ihre axiomatischen Festle-
gungen eines „homo oeconomicus“ vergisst).
Das ist, wie man sich denken kann, keine allgemein geteilte Auffassung, und
eines der Kernargumente dagegen bezieht sich auf ein, wie es zunächst scheint, ganz
anderes Konzept des Sinns und des Verstehens. Es hat mit der Bedeutung kultureller
Muster und Typisierungen für das Tun und die sozialen Vorgänge zu tun, also mit den
„Weltbildern“, „Deutungsmustern“ und „Ideen“, die neben den rationalen Interes-
sen und normativen institutionellen Vorgaben das Handeln der Menschen prägen.
Eine neuere Zusammenfassung dieser u.a. auf Alfred Schütz in Kritik an Weber
zurück gehenden Konzeption formuliert das so:
„Jeder Versuch, den subjektiven Sinn von Äußerungen und Handlungen zu verste-
hen, ... verlangt den Gebrauch von Typisierungen“ .... Eine Äußerung zu verstehen
heißt, ... sie auf bestimmte Typisierungen oder Deutungsschemata zu beziehen ... .“
(Schneider 2004: 17; Hervorhebungen nicht im Original)
Solche Deutungsmuster sind mentale Modelle für die „Definition“ einer Situation
und für em darin dann „angemessenes“ Handeln. In der kognitiven (Sozial-)Psy-
chologie haben sich dafür die Begriffe Schema, Frame und Skript etabliert. In gege-
benen Situationen werden aufgrund bestimmter „signifikanter“ Symbole jeweils
bestimmte derartiger mentaler Modelle aktiviert, die dann das Handeln bestimmen,
oft ganz automatisch und ohne jeden Bezug auf das Bedenken von Folgen und