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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2007 — 2007

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I. Das Geschäftsjahr 2007
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Öffentliche Veranstaltungen
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Tagung "Wort/Bild/Zeichen - Beiträge zur Semiotik im Recht"
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https://doi.org/10.11588/diglit.66959#0109
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122 | ÖFFENTLICHE VERANSTALTUNGEN

Jürgen Macha (Münster) konnte jenseits der stereotypen, aber gerade dadurch
juristisch sicheren Verhörprotokolle von Hexenprozessen durch die anders gearteten
Protokolle des Mindener Gerichtsschreibers Heinrich Costede von 1614/15 einen
Blick auf die sprachliche Wirklichkeit dessen, was bei der Folter geschah, werfen. Die
Folter schafft durch ihre Allgewalt das Aberwitzige, das in den Hexenprozessen zuta-
ge zu treten scheint.
Die Geschichte des Verständnisses von Recht als Zeichen wurde von dem
Vico-Experten Peter König (Heidelberg) behandelt, denn der italienische Jurist und
Philosoph Giambattista Vico entwickelte zu Beginn des 18. Jahrhunderts eine
geschichtsphilosophische Theorie des Rechts, die sich einer Einordnung in die
Opposition von ewig geltendem Naturrecht und historisch bedingtem gesetzten
Recht entzieht. Ein zentrales Element dieser Theorie bildete die These, dass das
Recht schon in seinen allerersten Anfängen einen Zeichencharakter besitzt und sich
die Rechtsgeschichte als Wechsel der Medien und der Funktion rechtlicher Zeichen
beschreiben lässt.
Nicht den Zeichencharakter von Recht, wohl aber „Rechtszeichen in der
Geschichte“ behandelte Wolfgang Schild (Bielefeld) in einem inhaltsreichen Vortrag.
Das Verhältnis von Bild und Recht wurde in fünf Vorträgen behandelt, wobei
der erste einen besonderen Bezug zu Heidelberg aufwies, ging es doch um die
Rechtsgebärden in der berühmten Heidelberger Bilderhandschrift des Sachsenspie-
gels. Dietlinde Munzel-Everling illustrierte mit reichem Bildmaterial die Umsetzung
der Funktionalität von Rechtshandlungen über die Darstellung von Rechtsgebärden
und schilderte den aktuellen Stand der Diskussion um die hinter der Verbildlichung
stehende Kommunikationsabsicht. Deutlich wurde aber auch, dass die Rechtsgebär-
den den zugehörigen Text zwar illustrieren, aber - aus diesem Kontext gerissen -
keine eigene Wissensvermittlung leisten können.
Im Unterschied dazu behandelte Norbert Ott (Bayerische Akademie der Wis-
senschaften) die Rechtsikonographie in nichtjuristischen Handschriften und wies
auf die Typologie rechtlich relevanter Handlungen in bildlichen Darstellung jenseits
einer strengen Fachbezogenheit hin.
Gernot Kocher (Graz) wiederum verdeutlichte in seinem Vortrag „Recht und
Unrecht — Die Realisierung des Abstrakten“ an Hand von neuzeitlichem Bildmate-
rial, dass die an sich abstrakten Begriffe von Recht und Unrecht auf eine Weise sicht-
bar gemacht wurden, die nicht nur einem Spezialisten, sondern auch dem normalen
zeitgenössischen Rechtsunterworfenen die Realisierung ermöglichte.
Norbert Schnitzler (Chemnitz) zeigte, wie eine aus unterschiedlichen Quellen
gespeiste Mirakelerzählung des 14. Jahrhunderts etwa 150 Jahre später für die Pro-
duktion einer judenfeindlichen propagandistischen Flugschrift adaptiert wurde. Die
Macht des neuen Mediums Flugschrift zeigt sich rasch: Sie erfordert in unterschied-
lichen diskursiven Zusammenhängen wiederum Umdeutungen der ursprünglichen
Mirakellegende bzw. regt zu weiteren Interpretationen an. In der Folge lösen sich
einzelne Illustrationen von dem Text-Bild-Arrangement der Flugschrift und führen
zur Produktion neuer Bilder, die etwa zur Beglaubigung juristischer Sachverhalte
herangezogen werden. Entgegen der üblichen Verfahrensweise der Rechtsgeschichte
 
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