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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2007 — 2007

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I. Das Geschäftsjahr 2007
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Öffentliche Veranstaltungen
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Tagung "Wort/Bild/Zeichen - Beiträge zur Semiotik im Recht"
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https://doi.org/10.11588/diglit.66959#0110
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I 123

wurden hierdurch jene Bilder als Dokumente eines komplexen Vorgangs von Text-
produktion und Text/Bildrezeption angesehen, der seinerseits unmittelbar mit dem
Aufstieg des gelehrten Rechts, mit der humanistischen Reform des 15. und 16. Jahr-
hunderts und der Kodifikation umfassender Gesetzeswerke und - nicht zuletzt — der
Begründung einer spezifisch juristischen ‘Fachprosa‘ in Verbindung zu bringen ist.
Klaus F. Röhl (Bochum) relativierte die Bedeutung visueller Kommunikation
im Rechtsleben, indem er darauf hinwies, dass die mittelalterlichen Codices picturati
nur eine kleine Episode im Prozess der (Re-)Literalisierung des Rechts bildeten.
Und solange das Rechtssystem seine gesamtgesellschaftlichen Funktionen behält,
wird sich die Bedeutung des visuellen Anteils an der Rechtskommunikation in
engen Grenzen halten, denn Schrift erfüllt die funktionalen Bedürfnisse des Rechts
besser als Bildkommunikation. Eine andere Seite stellt freilich das Phänomen dar,
dass die Bilder in der Umwelt das Recht indirekt verändern können, auch wenn das
Recht selbst nicht zur Bildkommunikation übergeht.
Verschiedene Vorträge befassten sich mit der Frage, inwieweit die sprachliche
Realisierung des Rechts befähigt ist, die Rechtsinhalte über Systemgrenzen hinaus
zu transportieren. Em augenfälliges Thema wurde dabei von Isolde Burr (Köln)
behandelt: Unter dem als Risiko formulierten Titel ,,Traduttore — Traditore: Gleiches
Recht in verschiedenen Sprachen?“ diskutierte sie die Frage, wie unter der Prämisse
der Authentizität mit mehrsprachigen Rechtstexten in nationalem und supranatio-
nalem Kontext umzugehen sei. Anhand von Beispielen zur Produktion und Rezep-
tion von mehrsprachigen Rechtstexten (u.a. bei Justinian, in der UNO, in der
Schweiz und in der EU) zeigte sich über den Übersetzungsvergleich, dass die Rolle
des „Traduttore“ nicht so sehr die eines „untreuen Mediators“ ist, als vielmehr die
eines Gestalters, eines Handelnden im Spannungsfeld interdisziplinärer bzw. trans-
disziplinärer Zusammenarbeit zwischen Juristen und Linguisten.
Diesem spannenden Thema widmete sich auch Friedrich Lachmeyer (Wien)
unter dem Titel „Zeichen und Wort. Informationsgewinn oder Informationsverlust
in unterschiedlichen Zeichensystemen“, während Colette Brunschwig (Zürich) die
Wirkung der Darstellung von Recht in verschiedenen Medien in den Blick nahm.
Der Vortrag von Jürgen Weitzel (Würzburg) über „Oralität und Literalität in
der europäischen Rechtskultur: Bruch oder Übergang?“ stellte die Frage nach dem
Wandel des Rechts durch den Übergang von einer mündlichen zu einer schriftli-
chen Rechtskultur und verknüpfte sie mit dem bislang zu wenig erforschten Thema
des Rechtszwangs als zunehmender Konstituente des Rechts.
Singulär, aber von hoher Aktualität, blieb der Vortrag von Dons Liebwald
(Wien) „Auf dem Weg zum Begriff. Vom Rechtswort zur Rechtsontologie; auto-
matisierte Verfahren zur semantischen Erschließung von Texten.“ Liebwald gibt
hierin einen informativen und aktuellen Überblick über das Thema und behandelt
Bereiche wie Dokumentstrukturen, Metadaten, Thesauri, Ontologien und Text-
mining und liefert damit mehr als nur einen Einstieg in ein Gebiet, das von der
historischen (Rechts-)Wortforschung noch nicht wahrgenommen wird.
Wendete sich das Symposium selbst nur an einen kleinen Kreis geladener
Fachleute, so wurde die Akademie doch ihrer Verpflichtung gegenüber der Öffent-
 
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