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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2007 — 2007

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I. Das Geschäftsjahr 2007
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Zimmermann, Hans-Joachim: Rudolf Sühnel (10.3.1907-21.1.2007)
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172 | NACHRUFE
zueigen gemacht hat, an denen er sich selbst gern messen ließ und die er mit uner-
müdlichem Eifer anderen zu vermitteln trachtete.
Das Sommersemester 1930 in Heidelberg schenkte ihm bei dem verehrten
Friedrich Gundolf das Doktorthema: „Die Götter Griechenlands und die deutsche
Klassik“. Wieder zurück in Leipzig, hat er es bei Hermann August Korff und Fried-
rich Klingner ausgearbeitet. Die Begegnung mit Walther F. Schirmer in Bonn
bescherte ihm nach der Heimkehr aus der Gefangenschaft und dem Abschied vom
verwüsteten Dresden und Leipzig die Problemstellung für die Habilitationsschrift:
„Homer und die englische Humanität“. Beide Titel zeigen umrißhaft genau, worum
es Herrn Sühnel ging: um den schöpferischen Dialog mit einer lebensvollen huma-
nen Tradition, aus der die europäischen Kulturen gewachsen sind. Im Sommer 1960
ist er dann frohgemut und voller Pläne in sein Ithaka zurückgekehrt, nach Heidel-
berg, wo er bis zur Emeritierung Generationen von Studenten und, auch das sei ein-
mal gesagt, von Kollegen geprägt hat. Sein letzter großer Vortrag, im Mai 1999 in der
Heidelberger Alten Aula, galt seiner stets junggebliebenen Liebe: „Homer in England
von Pope bis Pound“. Die Ernte war eingebracht; der Kreis hatte sich geschlossen.
Zu den vielen guten Gaben, über die er verfügte, gehörten das geduldige
Zuhören und das kaum merkbare Korrigieren und Lenken des wissenschaftlichen
Gesprächs — sei es in den universitären Seminaren, wo seine Studenten sich die
Köpfe über Ezra Pound,TS. Eliot und James Joyce heißredeten, oder in der Heidel-
berger Akademie der Wissenschaften, die für ihn inmitten der universitären Reform-
turbulenzen immer mehr zum sinnerfullten Raum für die Erörterung der ihm am
Herzen liegenden Themen geworden war. Er hat seiner Akademie auch als Klassen-
sekretar gedient — unauffällig, scheinbar amateurhaft, aber wirkungsvoll; wie es seine
Art war. Das Verzeichnis seiner Schriften ist lang und vielfältig. Pindars Siegeslieder,
Eichendorffs Lyrik und die englischen Landschaftsgärten fesselten ihn ebenso wie die
Romane von Jane Austen, Herman Melville und Joseph Conrad. Der Kreis seiner
Freunde und der Schüler und Kollegen, die zu Freunden wurden, ist so groß, daß
nur Frau Hilde Dornin und Herr Erwin Walter Palm genannt seien.
„Man kann ihn nicht beschreiben, man muß ihn erleben“, hatte schon vor
fünfzig Jahren ein begeisterter Sühnelianer festgestellt. Jeder wird an seine besonde-
ren Begegnungen zurückdenken. Jeder kann seine eigenen Anekdoten erzählen. Wir
sind glücklich und dankbar, daß wir ihn erleben und eine lange Strecke des Weges
begleiten durften. Uns alle hat Herr Sühnel reich beschenkt. Vor unseren Augen steht
sein klares, unverwechselbares Bild: em teilnahmsvoller Freund und ein gütiger Leh-
rer. In unserer Erinnerung wird er bleiben als ein sanftmütiger und aufmerksamer
Sokrates.
This was the noblest Roman of them all: ...
His life was gentle, and the elements
So mixed in him that Nature might stand up
And say to all the world,‘This was a man!'

HANS-JOACHIM ZIMMERMANN
 
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