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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2007 — 2007

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II. Die Forschungsvorhaben
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Tätigkeitsberichte
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Der Akademie zugeordnete Forschungsvorhaben
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Biographie und Krankheit Ludwigs II., König von Bayern (1845-1886)
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https://doi.org/10.11588/diglit.66959#0256
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Biographie und Krankheit Ludwigs II.

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des Königs, weil ihrer Meinung nach für die Beurteilung der Krankheit irrelevant —
können wir zunächst dieselben originären Quellen unserer eigenen Beurteilung mit
zugrunde legen.
Da dem Gutachten des Jahres 1886 streng selektiv nur eine kleine Zahl negati-
ver Zeugenaussagen und schriftlicher Informationen über den König zugrunde gelegt
worden war, haben wir den Vorteil, zusätzlich eine große Zahl neutraler und positiver
Berichte vorwiegend unabhängiger Zeitzeugen über Lebensführung und Gesund-
heitszustand des Königs berücksichtigen zu können. Wir hatten die Möglichkeit, auch
die Aufzeichnungen von Hofärzten über den Gesundheitszustand des Königs mit her-
anziehen zu können. Wir konnten auch die nach dem Tod des Königs durchgeführte
Sektion, vor allem die Schädel- und Hirnsektion mit berücksichtigen. Schließlich
haben wir unsere Beurteilung über die Art der Erkrankung Ludwigs II. auf der
Grundlage des erweiterten Wissens erarbeitet, welches uns 120 Jahre nach der Begut-
achtung Ludwig II. als gegenwärtiger Stand der psychiatrischen und neurowissen-
schaftlichen Forschung zur Verfügung steht. Die Ergebnisse des Projekts, das lässt sich
heute schon verlässlich sagen, weichen von der traditionellen Darstellung der Krank-
heit des Königs und der Gründe und Methoden seiner Entthronung stark ab.
Der zweite Fokus des Projekts, das Verfahren des Regierungsentzugs, der Ent-
mündigung, der Festsetzung und der psychiatrischen Zwangsbehandlung des Königs
unter Bedingungen geschlossener Unterbringung, erwies sich als historisch unvoll-
ständig aufgeklärt. Ein wesentlicher Grund ist die unverzüglich nach der Katastrophe
einsetzende Geheimhaltung wesentlicher Teile des Geschehens. Sie führte zu zahl-
reichen Strafverfahren mit Freiheitsentzug gegen Journalisten und Herausgeber
bayerischer Zeitungen, die Enthüllungen oder Zweifel am Verfahren publiziert
hatten. Die willkürliche Beschränkung des Zugangs zum Geheimen Hausarchiv -
für renommierte Wissenschafter ebenso wie für interessierte Laien - hat bis heute
die Aufdeckung aller wesentlichen Quellen und damit eine umfassende objektive
Darstellung des Verfahrens, seiner Hintergründe und der psychischen Gesundheit
Ludwigs II. verhindert. Der Strauß früh gewachsener Legenden wurde auf diese
Weise bis heute in Blüte gehalten.
Die im Verfahren gegen Ludwig II. unternommene Indienststellung der
Psychiatrie für die Feststellung von Regierungsunfähigkeit und zur gesicherten
psychiatrischen Wegschließung des abgesetzten Herrschers erwies sich als Ausschnitt
aus einem zivilisatorischen Prozess der Verrechtlichung und Humanisierung der
Verfahren zur Entmachtung unerwünschter oder ungeeigneter Herrscher.
Die Beratung bei den verfassungsrechtlichen und allgemeinrechtlichen Aspek-
ten des Verfahrens gegen Ludwig II. und die Mittelalter und Neuzeit umfassende
rechtshistorische Analyse von Regelungen und Praxis des Machtentzugs von Herr-
schern hat Prof. Paul Kirchhof übernommen. Die zeitkonsumierende Bearbeitung
dieses umfangreichen Themas konnte naturgemäß nicht zum selben Zeitpunkt abge-
schlossen werden wie die Analyse des Gutachtens über König Ludwig II. und des
gegen ihn geführten Verfahrens. Es ist deshalb beabsichtigt, die Ergebnisse des Pro-
jekts in zwei Stufen, die erste unter Autorschaft von Prof. Heinz Häfner, die zweite
unter der Autorschaft von Prof. Paul Kirchhof zu publizieren.
 
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