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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2007 — 2007

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III. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
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B. Das WIN-Kolleg
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2. Forschungsschwerpunkt "Kulturelle Grundlagen der Europäischen Einigung"
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https://doi.org/10.11588/diglit.66959#0277
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FÖRDERUNG DES WISSENSCHAFTLICHEN NACHWUCHSES

Sphären. Letztere sind hier durch die Prinzipien Markt und Wettbewerb verkörpert,
denen als legitimationsbedürftiges Moment das freiheitsbeschränkende Prinzip
Koordination gegenübertritt. Daneben wird bedacht, ob und inwiefern hier eine
Output-Legitimation (also ein erfolgreiches Austarieren allein nach wirtschaftlichen
Effizienzgesichtspunkten) hinreichend ist - oder ob vorderhand auch sozialethisch-
normative Maßstäbe berücksichtigt werden müssen, dergestalt, dass zusätzlich eine
input-Legitimation gefordert ist. Im Anschluss hieran wird erörtert, welche sozial-
ethisch-normativen Maßstäbe hier sinnvoll geltend zu machen sind.
Der von Prof. Dr. Jochum und Dr. Ullrich unter Mitarbeit von Domink
Bender erstellte wirtschaftlich-juristische Beitrag befasst sich mit dem Spannungs-
verhältnis zwischen dem „sozialen“ Europa als Ziel der Gemeinschaft und dem
Sozialstaat als verfassungsrechtlich garantiertem Modell einer nationalen Volkswirt-
schaft. Dabei geht es im Kern um die Frage, ob der Sozialstaat durch das Gemein-
schaftsrecht vollständig erfasst ist oder ob es Bereiche staatlicher Solidarität gibt, die
mit den anderen EU-Bürgern nicht geteilt werden müssen. Der Sozialstaat und die
damit verbundene Umverteilung waren bisher für den klar abgegrenzten National-
staat konzipiert. Auch im Nationalstaat bewirkt Umverteilung eine Verzerrung
wirtschaftlicher Leistungsanreize und motiviert die Vermeidung von Abgaben und
Steuern. Mit einer zunehmenden wirtschaftlichen Integration in Europa wird die
Vermeidung dieser Umverteilungslasten durch die zunehmende Mobilität der Pro-
duktionsfaktoren einfacher.
Die wirtschaftlich bewirkte Integration der Nationalstaaten führt somit zu
einer Veränderung auch des Sozialstaatsbegriffs, wie er in Art. 20 GG niedergelegt ist.
Der Sozialstaat des GG zielt gegen Not und Armut, soll ein menschenwürdiges Exi-
stenzminimum für jedermann schaffen und der Gleichheit durch den Abbau von
Wohlfahrtdifferenzen und die Kontrolle von Abhängigkeitsverhältnissen dienen. Die
mit dem Sozialstaat verbundenen, zu verfassungsrechtlichen Fundamentalgrundsät-
zen erhobenen Erwartungen an das Gemeinwesen Staat entsprechen damit jenem
Legitimationsprinzip, welches auch den Bestand der Europäischen Union legiti-
miert, nämlich die Erwartung, dass der Staat eine Politik für das Wohlergehen des
einzelnen fordert.
Der Sozialstaat trennt zwischen der Solidarität des Staates für seine Staatsbür-
ger, die uneingeschränkt für alle Staatsbürger in gleicherweise gewährt wird, und der
Hilfe in der Not, die dem Menschen kraft seines Menschseins und seiner Men-
schenwürde zusteht und die insofern auch Ausländern gewährt wird, die sich in
Deutschland aufhalten und daher eine durch die Territorialität vermittelte Verant-
wortung zum deutschen Staat besitzen.
Das europäische Gemeinschaftsrecht begründete zunächst für die Staatsbürger
der Mitgliedstaaten eine ökonomische Freizügigkeit. Der EG-Vertrag sicherte dies
durch Arbeitnehmerfreizügigkeit und Niederlassungsfreiheit ab, indem er dem ein-
zelnen das individuelle Recht gewährte, sich zum Zwecke einer nichtselbstständigen
oder selbstständigen Tätigkeit in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben und dort
unter den gleichen Bedingungen wie die Staatsangehörigen des Mitgliedstaates zu
wirtschaften. Die damit verbundenen sozialen Rechte waren nicht Ausdruck einer
 
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