Das WIN-Kolleg | 293
Diese Beiträge werden auf der Tagung in Berlin mit ihren Ergebnissen näher
vorgestellt werden. Ein weiterer Beitrag von Dr. Katrin Ullrich wird sich mit dem
fiskalischen Wettbewerb aus ökonomischer Sicht befassen. Daneben wird in der Ver-
öffentlichung noch ein finanzverfassungsrechtlicher Beitrag zum Spannungsverhält-
nis von mitgliedstaatlicher Steuerhoheit und Binnenmarkt von Prof. Dr. Jochum ent-
halten sein.
Konstruktion von Vergangenheit als Raum des Politischen:
Europa und das ‘historische Imaginäre’
Sprecherin: Kirsten Mahlke.
Kollegiaten:
Frank Bezner1, Kirsten Mahlke2.
Mitarbeiter: Michael Herrmann1, Matthias Schöning2, Stefan Seidendorf3.
1 Universität Tübingen
2 Universität Konstanz
3 Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES)
Kontakt: http://www.um-tuebingen.de/Vergangenheitskonstruktionen/index.html
Wenn es um die kulturellen Grundlagen Europas und der Europäischen Einigung
gehen soll, dann läßt sich diese Frage zwar als Suche nach historischen Grundlagen,
sei es in Form von Ursprüngen, sei es in Form von wirkenden oder exemplarischen
Strukturen in der Geschichte verstehen. Allerdings lassen sich auch — so die zentrale
Überlegung des Projekts Konstruktion von Vergangenheit als Raum des Politischen — die
Implikationen und Risiken dieser Frage selbst thematisieren. Zum einen erweist sich
dabei die Suche nach Identität ,qua Geschichte’ selbst als zentrales Moment der
Selbstdefinition europäischer Kulturen von der Antike bis zur Gegenwart, läßt sich
also, wenn nicht als substantialistische ‘Grundlage’, so doch als zeitübergreifende
Dynamik oder Bemühung nach Grundlegung etablierter, im Übergang befindlicher
oder bedrohter Ordnung verstehen. Zum anderen zeitigt das ungebrochene Postulat
substantialistisch gedachter Grundlagen Europas eine Reihe methodologischer
Spannungen und auch Aporien: so läßt sich etwa die Geltung und Relevanz histo-
rischer Phänome für das aktuelle Projekt „Europa“ insofern in Frage stellen, als jede
kulturelle Sinnsetzung das voluntaristische Fundierungsmoment, die Notwendigkeit
geltender Verträge, die reale Faktizität und Macht wirtschaftlicher Interessen, die
strukturbildende Kraft realer Öffentlichkeit(en) zu negieren droht; überdies haben
gerade die Literatur- und Kulturwissenschaften die konstruktive Dimension histori-
scher Erzählungen betont wie auch die Denkfigur der Identität als — zumindest
potentiell - ideologische Maskierung von Interessen und Naturalisierungen proble-
matisiert.
Diese Beiträge werden auf der Tagung in Berlin mit ihren Ergebnissen näher
vorgestellt werden. Ein weiterer Beitrag von Dr. Katrin Ullrich wird sich mit dem
fiskalischen Wettbewerb aus ökonomischer Sicht befassen. Daneben wird in der Ver-
öffentlichung noch ein finanzverfassungsrechtlicher Beitrag zum Spannungsverhält-
nis von mitgliedstaatlicher Steuerhoheit und Binnenmarkt von Prof. Dr. Jochum ent-
halten sein.
Konstruktion von Vergangenheit als Raum des Politischen:
Europa und das ‘historische Imaginäre’
Sprecherin: Kirsten Mahlke.
Kollegiaten:
Frank Bezner1, Kirsten Mahlke2.
Mitarbeiter: Michael Herrmann1, Matthias Schöning2, Stefan Seidendorf3.
1 Universität Tübingen
2 Universität Konstanz
3 Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES)
Kontakt: http://www.um-tuebingen.de/Vergangenheitskonstruktionen/index.html
Wenn es um die kulturellen Grundlagen Europas und der Europäischen Einigung
gehen soll, dann läßt sich diese Frage zwar als Suche nach historischen Grundlagen,
sei es in Form von Ursprüngen, sei es in Form von wirkenden oder exemplarischen
Strukturen in der Geschichte verstehen. Allerdings lassen sich auch — so die zentrale
Überlegung des Projekts Konstruktion von Vergangenheit als Raum des Politischen — die
Implikationen und Risiken dieser Frage selbst thematisieren. Zum einen erweist sich
dabei die Suche nach Identität ,qua Geschichte’ selbst als zentrales Moment der
Selbstdefinition europäischer Kulturen von der Antike bis zur Gegenwart, läßt sich
also, wenn nicht als substantialistische ‘Grundlage’, so doch als zeitübergreifende
Dynamik oder Bemühung nach Grundlegung etablierter, im Übergang befindlicher
oder bedrohter Ordnung verstehen. Zum anderen zeitigt das ungebrochene Postulat
substantialistisch gedachter Grundlagen Europas eine Reihe methodologischer
Spannungen und auch Aporien: so läßt sich etwa die Geltung und Relevanz histo-
rischer Phänome für das aktuelle Projekt „Europa“ insofern in Frage stellen, als jede
kulturelle Sinnsetzung das voluntaristische Fundierungsmoment, die Notwendigkeit
geltender Verträge, die reale Faktizität und Macht wirtschaftlicher Interessen, die
strukturbildende Kraft realer Öffentlichkeit(en) zu negieren droht; überdies haben
gerade die Literatur- und Kulturwissenschaften die konstruktive Dimension histori-
scher Erzählungen betont wie auch die Denkfigur der Identität als — zumindest
potentiell - ideologische Maskierung von Interessen und Naturalisierungen proble-
matisiert.